13.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 09

Matthias MierschSPD - Wirtschaft und Klimaschutz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Spahn, was denken die Leute, die jetzt gerade Sorgen um ihren Arbeitsplatz haben, die aber vielleicht auch Sorgen haben, wie es mit dem Klimawandel weitergeht, über unsere Debatte und auch über Ihren Beitrag?

(Marc Bernhard [AfD]: Die Ampel muss weg! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ampel abwählen!)

Ich habe Ihnen keine Ratschläge zu geben, aber nachdem ich Ihre Rede und auch die des Kollegen Merz vorgestern gehört habe, fürchte ich sehr, dass nicht Sie davon profitieren, sondern die, die hier ganz rechts und ganz links sitzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Machen Sie sich mal Gedanken, wie Sie profitieren! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Es gab Ampelredner, die dasselbe thematisiert haben!)

Die einfachen Antworten – und das wissen Sie ganz genau – gibt es in diesen Zeiten nicht. Sie sagen beispielsweise, wir sollten einfach Steuern senken. Sie waren es, die zu Recht

(Jens Spahn [CDU/CSU]: „Zu Recht“! Das erste Mal, dass Sie mir recht geben!)

vor das Verfassungsgericht gezogen sind und dort eine Entscheidung bekommen haben, die die Handlungsfähigkeit dieser Regierung augenblicklich massiv eingeschränkt hat. Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist selber gebuddelt, das Loch!)

Jetzt geht es darum, zu überlegen, wie der Staat tatsächlich in die Lage versetzt werden kann, zu investieren. Denn private Investitionen wird es nur geben, wenn der Staat die Rahmenbedingungen dafür schafft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Gute Erkenntnis!)

Einem VW-Mitarbeiter ist augenblicklich überhaupt nicht geholfen, wenn wir weiter auf Verbrennertechnologie setzen;

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn wir sehen, dass die Absatzmärkte auf anderen Kontinenten eingebrochen sind, weil die Elektromobilität dort nachgefragt ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Problem immer noch nicht verstanden!)

Wir sagen, dass wir Klimaschutz betreiben wollen. Herr Spahn, da müssen Sie mal irgendwann eine Antwort finden. Sie reden jetzt hier von Flatter- und erneuerbaren Energien und davon, dass Kraftwerkskapazitäten abgeschaltet werden. Sie wissen ganz genau, dass es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wie ist Ihre Kraftwerksstrategie? Wann werden die Gaskraftwerke gebaut? Wann kommen die Gaskraftwerke?)

Diese schreibt jeder Regierung, die zukünftig in irgendeiner Form hier sein wird, egal ob mit Ihnen oder wem auch immer, vor, dass wir Einsparungen der CO2-Emissionen vornehmen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Gaskraftwerke!)

Wir haben deswegen gemeinsam in der Großen Koalition vor wenigen Jahren den Kohleausstieg einvernehmlich auf den Weg gebracht. Bitte halten Sie sich an solche Beschlüsse, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gemeinsam den Atomausstieg durchgesetzt, weil Sie damals wussten, dass es eine Hochrisikotechnologie ist. Was bitte ist augenblicklich Ihre Alternative? Wo sind Ihre Vorschläge, diese Form des Klimaschutzes und des gesellschaftlichen Zusammenhalts tatsächlich hinzubekommen? Ich höre von Ihnen nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo haben wir denn jetzt die Gaskraftwerke? – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Überall in der Welt entstehen neue Kernkraftwerke! Sackgasse!)

Wenn Sie dann sagen, der Staat müsse sich eigentlich aus allem raushalten, dann sage ich: Wir haben gute Beispiele von Ländern, wo das hervorragend klappt. Die USA beispielsweise

(Jens Spahn [CDU/CSU]: … haben Wachstum!)

halten sich überhaupt nicht raus, sondern sie investieren Billionen von Dollar, um genau diese Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, um Transformation zu ermöglichen, aber gleichzeitig gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren. Das ist ein Vorbild.

Der Bundeswirtschaftsminister hat zu Recht darauf hingewiesen: Der Draghi-Report zeigt die Wege auch der Europäischen Union auf. Wir müssen investieren. Dass wir das nicht ausreichend tun, das ist augenblicklich unser Problem.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sage ich an dieser Stelle eindeutig: Auch da muss die Union eine Linie finden.

Lieber Herr Miersch, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wiener aus der Unionsfraktion?

Selbstverständlich.

Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade noch mal das Thema Kernkraftwerke angesprochen. Ich gebe zu, das ist ein schwieriges Thema. Das ist auch eine Technologie, die Unsicherheiten hat. Aber wir können ja mal ins Ausland gucken,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Genau!)

nach Polen, nach Schweden, nach Großbritannien, in die USA, nach Japan, gestern die Niederlande. All diese Länder haben jüngst entschieden, entweder bestehende Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen oder neu einzusteigen. Jetzt frage ich Sie: Was wissen Sie besser als der Rest der Welt?

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Gute Frage!)

Sehr verehrter Herr Kollege, ich bin, ehrlicherweise gesagt, schockiert über Ihre Zwischenfrage.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie zeigt die gesamte Zerrissenheit der CDU/CSU. Das ist im Übrigen auch das Problem der letzten Jahre gewesen. Sie standen nie für eine Energiewende. Sie standen nie für die Erneuerbaren. Hören Sie doch bitte auf, hier zu erklären, Atomtechnik sei günstig und billig.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gucken Sie bitte die Projekte an, die gerade im Bau sind: Das sind Milliardengräber.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Gegensatz zu Herrn Merz, der ja sagt, das Thema Atomkraft sei in Deutschland beendet, suggeriert Herr Spahn und suggerieren im Übrigen auch Sie durch Ihre Zwischenfrage, wir könnten neu bauen.

(Zuruf von der AfD: Zur Frage!)

Wissen Sie, wie lange die Bauzeit eines Atomkraftwerkes ist und welche Kosten damit verbunden sind?

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Beantworten Sie doch mal die Frage!)

Das wäre der Niedergang dieses Landes. Insofern: Suggerieren Sie doch hier nicht wieder einfache Antworten!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Renata Alt [FDP] – Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Beantworten Sie doch mal die Frage! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Na, Ihre Antwort wäre mal gut! – Zuruf des Abg. Steffen Janich [AfD])

Sie können das alles an den Fakten ablesen.

Gucken Sie mal in andere Länder. China beispielsweise baut schon seit längerer Zeit neue Atomkraftwerke.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, na klar! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Und Flughäfen! Ganz schnell!)

Aber gucken Sie parallel dazu, was China für den Ausbau der erneuerbaren Energien tut, und dann vergleichen Sie mal, was richtig ist!

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das werden Kohlekraftwerke! – Zurufe von der CDU/CSU)

Da bin ich mir sehr sicher: Dieser Weg, den wir eingeschlagen haben, ist der richtige,

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Nein! Das ist ein einseitiger!)

weil er der nachhaltige ist und im Übrigen auch der kostengünstigste.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Steffen Janich [AfD]: Das ist eine Farce!)

Es war noch nie so, dass Kohle, Gas und Atomstrom billig gewesen sind. Die Nutzung dieser Energieformen ist eine politische Entscheidung gewesen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann kommen jetzt die Gaskraftwerke? Ich weiß es immer noch nicht! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Die höchsten Energiepreise weltweit!)

– Sie wissen, dass es eine Kraftwerksstrategie gibt. Reden Sie doch nicht auch da einfach irgendwas Falsches!

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: 7,5 Milliarden gestrichen! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wann kommen die denn?)

– Lieber Herr Spahn, die Aufgabe, die ich Ihnen jetzt zum Schluss mit auf den Weg geben will, ist – –

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer regiert hier eigentlich? – Christian Haase [CDU/CSU]: Wer regiert eigentlich?)

– Nein, es geht nicht nur ums Regieren.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dann lassen Sie’s! – Zurufe von der CDU/CSU: Doch!)

Auch Sie als Opposition haben eine große Verantwortung. Ich sage Ihnen: Sie als CDU/CSU müssen klären, ob wir in den nächsten Jahren als Staat in der Lage sein sollen, tatsächlich investieren zu können.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das hängt davon, ob wir noch eine Wirtschaft haben oder nicht!)

Wir werden mit der Schuldenregel, die wir augenblicklich in der Verfassung haben, nicht weiterkommen; wir werden sie reformieren müssen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Kraft [AfD]: So ein Unfug! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wie Ihre Politik!)

Ihre Ministerpräsidenten fordern das, und ich bin mir sehr sicher, dass Sie am Ende diese Frage beantworten werden.

Sie machen hier im Moment als Opposition eine Show; Sie machen teilweise populistische Aussagen. Sie gefährden damit den inneren Zusammenhalt der demokratischen Parteien.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Och! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja klar! Regieren Sie mal ordentlich! Ihre Regierung gefährdet den Zusammenhalt! Peinlich! Das ist ja nur noch peinlich! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie sind einfach unfähig! Unfähig! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Nur wer die Regierung unterstützt, ist demokratisch! – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Mann, Mann, Mann!)

Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Kehren Sie zur Sacharbeit zurück! Machen Sie konstruktive Vorschläge! Dann setzen wir uns im Rahmen der Haushaltsplanberatungen gerne damit auseinander.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ey, Freud’sches Regieren, echt!)

Ich erteile das Wort für die FDP-Fraktion Olaf in der Beek.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Mal sehen, ob jetzt auch eine Oppositionsrede kommt!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615191
Wahlperiode 20
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Klimaschutz
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