13.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 186 / Tagesordnungspunkt 1

Christian Lindner - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2025

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist seit Dienstag in dieser Haushaltswoche passiert? Wir haben über das die Menschen bewegende Thema der Migration debattiert und haben hier auch eine scharfe politische Debatte erlebt. In dieser Woche hat es aber auch erfreuliche Entwicklungen gegeben. Nachdem die Union – möglicherweise auch aufgrund taktischer Fehleinschätzungen – die Gespräche abgebrochen hatte,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist falsch! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie haben uns getäuscht! Die Ampel hat uns getäuscht, Herr Minister! Nichts anderes war es!)

hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion jetzt erklärt, dass er weiterhin für Gespräche zur Verfügung steht.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Aber ohne Täuschung!)

Das ist eine sehr gute Entwicklung. Denn damit rückt ein Schulterschluss der demokratischen Kräfte in Deutschland

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das hängt ja vom Sachverhalt ab!)

zur Lösung der Migrationsproblematik näher; das ist eine gute Entwicklung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was haben wir noch seit Dienstag erlebt? Am Mittwoch in der Generaldebatte hat der Oppositionsführer Friedrich Merz davon gesprochen, Deutschland habe eine „strukturelle Wachstumsschwäche“. Dem ist zuzustimmen; das ist auch die Analyse der Bundesregierung. Eine strukturelle Wachstumsschwäche zu diagnostizieren, ist zugleich aber auch ein Teil Mitverantwortung und Schuldeingeständnis.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn strukturelle Wachstumsschwächen entstehen nicht über Nacht, sondern über Jahre und Jahrzehnte.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Na ja! – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Erwartung, dass Sie unsere Wachstumsinitiative bei Ihren Freunden im Bundesrat mit unterstützen. Ich weiß: Sie haben vielleicht noch weiter gehende und andere Vorstellungen; das haben alle Fraktionen hier im Haus. Aber das, was in diesem Herbst möglich ist, um unser Land wieder auf den wirtschaftlichen Erfolgskurs zu bringen, das muss auch kommen.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sprengen Sie die Ampel, Herr Minister!)

Sorgen Sie im Bundesrat dafür, dass das auch möglich wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Die FDP verlässt die Ampel!)

Was haben wir seit Dienstag ansonsten oft gehört von der Opposition? Oft: „Zu viel“, „zu wenig“, „nein“.

(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Stimmt ja!)

Lieber Kollege Mattfeldt, Sie haben eben hier in der Debatte über den Einzelplan des Wirtschaftsministeriums gesagt: Ja, also man müsse ja Prioritäten setzen.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Stimmt!)

Wir haben von Ihnen in dieser Haushaltswoche ganz viel gehört, was Sie nicht wollen; aber Ihre eigenen Prioritäten haben Sie uns noch nicht mitgeteilt. Deshalb ist die herzliche Einladung, die Öffentlichkeit doch zu informieren, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ganz viel „nein“, wenngleich ich zwei der Neins immerhin begrüßen kann: Das erste Nein ist das der CDU/CSU zu der Vergemeinschaftung von Schulden auf der europäischen Ebene. Hier hat der Oppositionsführer ja Klarheit geschaffen; das ist zu begrüßen.

(Beifall bei der FDP)

Und ein Nein zu Reformen der Schuldenbremse. Es gab ja vielfältige Einladungen hier aus dem Haus, in Gespräche einzutreten. Die CDU/CSU hat gesagt, sie wolle die Schuldenbremse nicht reformieren und an ihr festhalten. Das ist nun eine politische Realität. Entweder man achtet die Schuldenbremse aus Rechtstreue oder aus Überzeugung. Jedenfalls sie zu ignorieren, ist keine Alternative. Das haben wir jetzt in dieser Haushaltswoche gelernt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Übrigens, Frau Kollegin Scheer hat ja auch noch mal für eine Reform der Schuldenbremse in der Zukunft, möglicherweise in der nächsten Wahlperiode, geworben. Ich will in dem Zusammenhang nur noch einmal sagen: Die Bundesregierung wird jetzt in den nächsten Tagen ihren finanzpolitisch strukturellen Plan für die nächsten Jahre nach Brüssel melden müssen, und damit ist der Nettoprimärausgabepfad unseres Landes in den nächsten Jahren festgelegt. Aus ihm ergibt sich nicht ein erheblicher zusätzlicher Verschuldungsspielraum für neue Sondervermögen oder grundlegende Veränderungen der Schuldenbremse.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: So ist es! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer sagt’s Habeck?)

Es ist schlicht eine Realität auch der europäischen Regeln: Wir müssen lernen, mit dem Geld auszukommen, das uns zur Verfügung steht. Das können wir uns nicht von woanders herzaubern.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Helle Begeisterung bei der SPD!)

Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen – das kann ich nicht unbeantwortet lassen –, hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion den Finanzminister aufgefordert – öffentlich aufgefordert –, weitere Einsparvorschläge zu machen. Ich dürfe mich nicht in die Büsche schlagen, ich müsse weitere Einsparvorschläge machen. Das bringt mich in ein Dilemma. Denn die Einsparvorschläge, auf die wir uns haben verständigen können, die sind ja schon im Haushaltsentwurf. Der Bundeskanzler hat uns alle aufgefordert, wir sollen uns besser benehmen und weniger öffentlich streiten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)

Jetzt bin ich in dem Dilemma: Entweder folge ich der Aufforderung des Bundeskanzlers, weniger öffentlich zu streiten,

(Beifall der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

oder der Aufforderung des SPD-Fraktionsvorsitzenden, öffentlich zusätzliche Einsparvorschläge zu machen. Wie ich mich zwischen den beiden entscheide, das muss ich in den nächsten Tagen noch genau überlegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dennis Rohde [SPD])

– Ich kriege es hin, eine Lösung dafür zu finden.

Wie geht es weiter, liebe Kolleginnen und Kollegen? Der Blick nach vorn: Wir werden jetzt ja intensiv miteinander sprechen. Über die Art des Umgangs von Kanzler und Fraktionsvorsitzendem, aber auch in der Sache werden wir diskutieren. Ende September kommt die Gemeinschaftsdiagnose zur weiteren konjunkturellen Entwicklung, und am 22. Oktober werde ich die 167. Steuerschätzung veröffentlichen, die Bund und Länder dann erarbeiten werden. Im Lichte dessen werden wir dann unsere Haushaltsberatungen ab Ende Oktober auch mit einer noch veränderten Faktenbasis fortsetzen. Darauf freue ich mich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bevor wir zum nächsten Redner kommen, liegt ein Antrag zur Geschäftsordnung von der AfD-Fraktion vor. Herr Brandner, Sie haben das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615211
Wahlperiode 20
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2025
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