Martin GersterSPD - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2025
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach vielen Stunden Debatte in dieser Woche stellt sich die Frage: Welche Erkenntnisse haben wir eigentlich aus unseren Diskussionen gewonnen? Ich meine, einige.
Erstens. Es ist tatsächlich unglaublich schwierig, einerseits die Schuldenbremse einzuhalten und andererseits die vielen großen und neuen Herausforderungen zu bewältigen, mit denen wir konfrontiert sind: Folgen des Ukrainekrieges, der notwendige Umbau unserer Wirtschaft und Industrie hin zu klimaneutralen Technologien, die Modernisierung der Bundeswehr, die Gesundheitsversorgung, die innere Sicherheit, die Digitalisierung und vieles, vieles mehr. Und, ja, etliches, was notwendig und auch wünschenswert ist, ist tatsächlich im Regierungsentwurf enthalten. Ich denke da an die Sicherheitsmilliarde für unsere Sicherheitsbehörden. Ich denke aber auch an die Rekordinvestitionen beispielsweise in unser Schienennetz. Trotzdem gibt es in den nächsten Wochen viel zu tun; denn wir von der SPD-Fraktion vermissen noch einiges im Regierungsentwurf.
(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])
Ich bin aber zuversichtlich, dass wir den Haushaltsentwurf zusammen mit unseren Koalitionspartnern noch entscheidend verbessern können.
(Beifall bei der SPD)
Eine weitere Erkenntnis: Die Opposition kritisiert in jedem Ressort nahezu alles, Kritik bei den kleinsten Kürzungen, Kritik auch dort, wo der Ansatz eins zu eins fortgeschrieben wird, ja sogar dort, wo große Aufwüchse kommen, beispielsweise bei unseren Sicherheitsbehörden. „ Völlig inakzeptabel, viel zu wenig“, sagt die Union. Überall soll es mehr sein: für Bildung, für die Schiene, für Landwirtschaft, für Gesundheitsversorgung.
(Zuruf des Abg. Dr. Yannick Bury [CDU/CSU])
Aber dann zu sagen, dass die Ampel zu wenig spare, dass sie priorisieren müsse, und das ohne einen eigenen konkreten Vorschlag, das, finden wir, geht so gar nicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das erinnert mich, ehrlich gesagt, an die Bereinigungssitzung im letzten Jahr, als die Union keinen einzigen Änderungsantrag eingebracht hatte. Es gab viel Kritik, wenig Substanz.
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Da braucht es zuerst einmal eine Rechtsgrundlage! Die Voraussetzung ist eine vernünftige Rechtsgrundlage!)
Ich bin gespannt, wie die Beratungen in den nächsten Wochen im Haushaltsausschuss laufen, lieber Florian Oßner.
Weil die CDU/CSU hier eine ehrliche Haushaltspolitik vermissen lässt, sollten wir, finde ich, auch einmal dorthin schauen, wo die Union mitregiert, zum Beispiel nach Baden-Württemberg. Einen Riesenaufschrei gab es, als die Breitbandförderung des Bundes Mitte Oktober vor zwei Jahren für einige Wochen pausieren musste,
(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Es waren einige Monate, Herr Gerster!)
bis der Fördertopf auf Bundesebene wieder aufgefüllt war. CDU-Digitalminister Strobl hielt das für „unzumutbar“. Dabei konnte die Förderung ja schon nach wenigen Wochen weitergehen. Und was hören wir jetzt aus Stuttgart? Derselbe Digitalminister Strobl verkündete schon im Juli einen Förderstopp für die ergänzende Landesförderung beim Breitbandausbau.
(Felix Döring [SPD]: Hört! Hört!)
Das ist bitter für die Kommunen, die bereits eine Förderzusage des Bundes haben und statt 10 Prozent plötzlich 50 Prozent Eigenanteil leisten sollen, nur weil der zuständige CDU-Landesminister nicht ausreichend Mittel im Landeshaushalt hat. Tja!
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Tja!)
Jetzt soll nach monatelanger Hängepartie doch noch eine Lösung gefunden werden. Ich bin gespannt.
(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Sie sollten in den Landtag gehen, Herr Gerster!)
Meine Erkenntnis ist aber, dass die Union hier mit Steinen wirft und gar nicht bemerkt, dass sie selbst im Glashaus sitzt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Yannick Bury [CDU/CSU])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein anderes Beispiel ist der Ganztagsausbau. Er ist wichtig für unsere Kinder, wichtig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wichtig für die Bekämpfung des Arbeitskräftemangels. Der Bund stellt den Ländern viel, viel Geld zur Finanzhilfe bereit, damit der Ausbau der Ganztagsbetreuung gestemmt werden kann. Das ist eigentlich eine Landesaufgabe. Allein das neue Investitionsprogramm des Bundes umfasst knapp 3 Milliarden Euro. Davon gehen knapp 400 Millionen Euro nach Baden-Württemberg. Wir erwarten eigentlich, dass auch entsprechende Landesmittel dazukommen, um den hohen Investitionsbedarf in den Kommunen zu decken. Stattdessen hat man in Stuttgart entschieden, den Kommunen die Fördermittel des Bundes im Losverfahren zuzuweisen. So viel zum Thema Glücksspielpolitik, Florian Oßner. Fördergelder des Bundes aus der Tombola des Landes – das nenne ich mal entscheidungsschwach. Es ist jedenfalls das Gegenteil von zielgenauer Förderung.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])
Erst der nachvollziehbare Protest aus den Kommunen hat jetzt wohl langsam zu einem Umdenken geführt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, diese Beispiele zeigen – das ist eine weitere Erkenntnis dieser Woche –: Die Union formuliert Forderungen, die sie selbst vor Ort überhaupt nicht umsetzt. Auf Schwäbisch: Ich finde, Sie sollten erst mal vor der eigenen Haustür kehren.
(Beifall bei der SPD)
Fazit: Das wird noch ein ganz schönes Stück Arbeit – harte Arbeit –, bis der Haushalt 2025 endgültig steht. Ich kann für die SPD-Fraktion und sicher auch für die Koalitionspartner sagen: Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Wir sind auch bereit, Entscheidungen zu treffen. Schön wäre es, wenn Sie das auch täten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat Dr. Gesine Lötzsch für Die Linke.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615225 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | Schlussrunde Haushaltsgesetz 2025 |