Thorsten RudolphSPD - Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der hessische Ministerpräsident Rhein tönt, die Bundesregierung liefere die Commerzbank – Zitat – den Interessen einer ausländischen Bank aus. Er ist kaum von der AfD zu unterscheiden,
(Stephan Brandner [AfD]: Doch, doch, doch, doch! Wir sind da ehrlicher! Wir haben noch mehr Sachverstand!)
die nationalistisch dröhnt, dass der – Zitat – deutsche Bankenmarkt nicht zur Spielwiese finanzschwacher ausländischer Akteure werden dürfe.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was sagt denn Verdi dazu?)
Friedrich Merz sekundiert und wütet über ein „Desaster für den deutschen Bankenmarkt“.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: So ist es! Genau so ist es!)
Wissen Sie übrigens, wer der drittgrößte Aktionär der Commerzbank ist? Ich sage es Ihnen: Der drittgrößte Aktionär der Commerzbank nach der UniCredit und dem Bund ist BlackRock.
(Stephan Brandner [AfD]: Aha! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn damit sagen? – Gegenruf des Abg. Stephan Brandner [AfD]: Was will er damit wohl sagen, Herr Merz?)
BlackRock war übrigens auch schon in den Jahren 2016 bis 2020 maßgeblich an der Commerzbank beteiligt.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja und?)
Aufsichtsratsvorsitzender war damals: Friedrich Merz.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha!)
Nach eigener Aussage war Friedrich Merz ein – Zitat – aktiver Aufsichtsratsvorsitzender. Was das heißt? Die „Süddeutsche Zeitung“ verwies dazu 2018
(Nina Warken [CDU/CSU]: Hier geht es aber um das Heute!)
in einem Artikel auf sein wertvolles – Zitat – „Adressbuch, seine Kontakte in die Politik und in die Chefetagen deutscher Konzerne. Merz sollte als Türöffner fungieren für einen der mächtigsten Finanzkonzerne, die es jemals gab.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das ist alles, was Sie dazu zu sagen haben?)
Dort ist man heute zufrieden.“ Zitat Ende.
(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])
BlackRock hat dann übrigens 2019 die Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank abgelehnt. Man sei von dieser Idee eines nationalen Champions nicht überzeugt. Ich fände es für die aktuelle Debatte durchaus interessant, zu wissen, ob der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Merz für BlackRock mit der damaligen CDU-Bundeskanzlerin und dem damaligen CDU-Wirtschaftsminister über diese mögliche Fusion der Commerzbank gesprochen hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Das hört sich ja nach Filz an! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wie bitte?)
Und falls er solche Gespräche geführt hat, wäre es natürlich auch interessant, zu wissen, worum es damals ging. Fragen über Fragen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: In welchem Film sind Sie denn hier unterwegs? – Nina Warken [CDU/CSU]: Was soll denn das jetzt? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Ganz abgesehen von diesen Fragen finde ich auch etwas anderes bemerkenswert: Die CDU und Friedrich Merz haben offenkundig überhaupt kein Problem damit, dass mit BlackRock die größte und schwärzeste Finanzheuschrecke des Planeten Anteile an der Commerzbank hält,
(Zurufe von der CDU/CSU)
kritisieren bei einer italienischen Großbank aber, dass die Commerzbank „den Interessen einer ausländischen Bank ausgeliefert“ werde und sehen darin dann ein „Desaster für den deutschen Bankenmarkt“. Bigott, wenn Sie mich fragen, bigott!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Was ist jetzt? Seid ihr dafür, dass die UniCredit übernimmt, oder nicht?)
Und jetzt raten Sie übrigens mal, wer einer der größten Anteilseigner der UniCredit ist.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: SPD ist für Verkauf! Verdi ist dagegen! Das wollen wir doch mal festhalten!)
Genau: BlackRock, auch von der UniCredit.
Das ist dann schon interessant: BlackRock ist sowohl an der Commerzbank als auch an der UniCredit maßgeblich beteiligt.
(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Als Finanzinvestor!)
Welche Rolle spielt BlackRock bei diesem Deal? Auf welcher Seite steht BlackRock? Und haben Sie in Sachen Commerzbank in letzter Zeit mal mit BlackRock telefoniert, Herr Merz?
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Es ist unglaublich! Es ist unfassbar!)
Fragen über Fragen. Ihre Glaubwürdigkeit, Herr Merz, wenn es um die Commerzbank geht, ist jedenfalls irgendwo tief im Marianengraben. Vielleicht hat BlackRock ja ein U-Boot im Portfolio, dass Sie da mal danach suchen können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Betrachten wir die Sache doch mal, statt nationalistische Töne zu spucken, möglichst nüchtern.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Wie bewerten Sie denn die aktuelle Lage?)
Wir wissen, dass es für alle in Europa besser wäre, wenn wir eine europäische Bankenunion und eine Kapitalmarktunion hätten,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Nina Warken [CDU/CSU]: Das scheint die SPD ja überhaupt nicht zu interessieren!)
genauso eine integrierte europäische Beschaffung im Bereich Verteidigung und einen integrierten europäischen Strommarkt. Das Problem ist nur, dass es bei all diesen Fragen nicht nur um wirtschaftliche Interessen geht, sondern dass immer auch andere wesentliche staatliche Interessen betroffen sind, nicht zuletzt zentrale Sicherheitsinteressen oder eben die Finanzierung der eigenen Volkswirtschaft.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)
Deswegen sind die Verhandlungen in diesen Bereichen auch so zäh. Deswegen gibt es da auch so wenig Fortschritt.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es auch falsch und ein unfreundlicher Akt von der UniCredit, ohne Rücksicht auf diese wesentlichen staatlichen Interessen eine feindliche Übernahme zu versuchen.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sie sind das Opfer, oder was?)
Der Kanzler hat das dankenswerterweise sehr deutlich gemacht. Als SPD-Bundestagsfraktion stehen wir an der Seite der Beschäftigten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir teilen die Sorge von Verdi und dem Gesamtbetriebsrat, dass die sogenannte innere Logik des Deals, Effizienzen im Deutschlandgeschäft der UniCredit zu heben, letztlich nichts anderes bedeutet als den Abbau Tausender Arbeitsplätze bei der Commerzbank.
(Zuruf des Abg. Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])
Das wollen wir nicht. Dagegen wehren wir uns – gemeinsam mit der Commerzbank und gemeinsam mit den Beschäftigten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Das Wort hat jetzt der Kollege Kay Gottschalk, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615407 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes |