25.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 187 / Zusatzpunkt 1

Michael MeisterCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Für mich stellt sich die Frage: War die Bundesregierung über die Übernahmeabsicht der UniCredit im Vorhinein informiert? Wenn man diese Frage mit Ja beantwortet – sie konnte heute früh im Finanzausschuss nicht beantwortet werden –, dann stellt sich die Frage: Warum toleriert die Bundesregierung dann die Übernahme der Commerzbank durch die UniCredit?

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! – Markus Herbrand [FDP]: Sie ist nur nicht so beantwortet worden, wie Sie es gern gehabt hätten!)

Wenn man die Frage mit Nein beantwortet, dann muss man sagen: Wer den Markt beobachtet, kann nicht so naiv wie diese Bundesregierung bei Kapitalmarktaktivitäten agieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es stellt sich eine weitere Frage: Wenn irgendein Vorstandsvorsitzender eines großen Unternehmens in Europa den Einstieg in ein Unternehmen in einem Nachbarland oder dessen Übernahme beabsichtigt, dann ist es doch üblich, dass man die dortige Regierung informiert. Wenn hier keine Information vorlag, spricht das dafür, dass keiner in Europa die Bundesregierung wirklich für voll nimmt, sie ernst nimmt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)

Herr Kollege Herbrand, ich will ausdrücklich sagen: Es war richtig, dass wir die Commerzbank in der Finanzkrise gestützt haben, um den deutschen Sparer zu schützen und unseren Finanzmarkt am Leben zu halten. Es war auch richtig, die Kurspflege zu betreiben. Es ist auch absolut richtig, nicht auf Dauer das Staatsengagement bei der Commerzbank aufrechtzuerhalten. Dass man sich davon löst, ist ordnungspolitisch richtig.

(Otto Fricke [FDP]: Aha! Und wie?)

Und wir brauchen in Europa – auch da haben Sie recht – eine Bankenunion. Auch da sind wir voll d’accord. Aber wie diese Bundesregierung die Umsetzung operativ angegangen ist, das kann man nur als absolut dilettantisch bezeichnen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kay Gottschalk [AfD]: Die können es nicht!)

Ich will auch einmal deutlich sagen: Wir haben es in der Bundesregierung offensichtlich – auf den Gedanken kommt man, wenn man die Finanzausschusssitzung heute früh und die Fragestunde vorhin beobachtet hat – mit Buchhaltern zu tun, die festhalten, was passiert, die aber selbst überhaupt keinen Gestaltungsanspruch haben. Sie nehmen hin, was passiert, und sagen: Es muss so sein. – Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie an der Stelle einen Gestaltungsanspruch hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es stellt sich die Frage: Wann? Warum hat man gerade jetzt verkauft? Auf diese Frage habe ich bisher keine plausible Antwort bekommen. Wusste man nicht, dass zur selben Zeit der Vorstandsvorsitzende die Absicht hat, anzukündigen, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Information nicht vorlag.

Zudem stellt sich die Frage: Wo ist eigentlich die Strategie der Bundesregierung? Es wird sehr oft von Transformationsfinanzierung gesprochen. Die Transformationsfinanzierung werden wir doch nicht aus öffentlichen Haushalten leisten, sondern die werden wir mit privatem Geld gestalten müssen. Die Commerzbank finanziert zu über 30 Prozent den deutschen Mittelstand und begleitet ihn bei allen Auslandsaktivitäten. Jetzt wird dieses Segment herausgenommen. Was mit der Commerzbank nach der Übernahme geschieht, ist vollkommen offen.

Und eine letzte Frage: Wie soll in Zukunft der deutsche Mittelstand finanziert werden? Darauf habe ich vorhin in der Fragestunde keine Antwort vom Finanzminister bekommen. Das ist auch noch vollkommen offen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum hat man den Verkauf dieser 4,49 Prozent so gestaltet? Wenn man breit streuen wollte: Warum hat man kein Kauflimit gesetzt? Aus meiner Sicht ist das nicht zu begreifen. Und Herr Kollege Rudolph: Es geht doch hier nicht um die Frage, ob sich irgendjemand mit ein paar Aktien an der Commerzbank beteiligt. Das haben Sie in Ihrer Rede in den Mittelpunkt gestellt: Da beteiligt sich jemand an der Commerzbank. – Wenn jemand ein paar Aktien kaufen würde, wäre das doch vollkommen irrelevant. Hier geht es um das strategische Ziel einer kompletten Übernahme der Bank. Das ist etwas anderes als eine Beteiligung irgendeines Aktionärs. Das müssen Sie sich doch einmal vergegenwärtigen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kay Gottschalk [AfD]: Eine feindliche Übernahme war das, Herr Kollege Meister!)

Vor dem Hintergrund wirkt es ziemlich merkwürdig,

(Zuruf des Abg. Dr. Thorsten Rudolph [SPD])

wenn Sie erklären, Sie wollen sich kraftvoll für die Belange der Mitarbeiter einsetzen. Ja, wo ist denn das Engagement des Bundeskanzlers, wo ist das Engagement des Finanzministers für diese Mitarbeiter?

(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Richtig!)

Sie gehen mit unterschiedlichen Äußerungen an die Öffentlichkeit. Der Bundeskanzler – Sie haben es zitiert – ist sauer. Der Finanzminister verweist darauf, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat der Bank zuständig seien. Er habe damit eigentlich nichts zu tun.

(Zuruf des Abg. Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])

Ich erwarte, dass die Bundesregierung mit einer Strategie geschlossen auftritt. Der Finanzminister und der Kanzler sollen keine unterschiedlichen Dinge erzählen, sondern gemeinsam anpacken und die Verantwortung wahrnehmen, um den Finanzplatz Deutschland und die Mittelstandsfinanzierung für die Zukunft ordentlich zu gestalten. Das ist der Auftrag, und ich erwarte, dass Sie Verantwortung übernehmen und handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Meister. – Nächster Redner ist der Kollege Michael Schrodi, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

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