Michael SchrodiSPD - Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der deutsche Staat ist in der Finanzmarktkrise 2008/2009 bei der Commerzbank mit rund 18 Milliarden Euro eingestiegen. Das war kein Selbstzweck, sondern diente der Sicherung der Finanzstabilität – die zweitgrößte Bank Deutschlands war in Schieflage geraten –, der Stabilität des Finanzstandorts Deutschland, aber auch dem Erhalt von zahlreichen Arbeitsplätzen bei der Commerzbank. Der Einstieg damals war richtig. Die Commerzbank wurde stabilisiert, sie schreibt nun schwarze Zahlen. Insgesamt ist das eine Erfolgsgeschichte, die die Commerzbank geschrieben hat, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Lehren aus der Finanzmarktkrise waren, dass wir Banken stärker regulieren, dass wir Eigenkapitalanforderungen hochschrauben, damit es nicht mehr passiert, dass Banken, die in Schieflage geraten, mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Und: Wir diskutieren seit Jahren über eine notwendige, vertiefte Kapitalmarkt- und Bankenunion, weil wir diese zur Finanzierung der notwendigen Zukunftsinvestitionen in Europa brauchen.
(Kay Gottschalk [AfD]: Aber nicht zur Staatsfinanzierung!)
Wir brauchen dazu – auch das haben wir hier diskutiert, und es ist nicht auszuschließen – auch Bankenfusionen. Ich glaube auch nicht, dass ich aus den Reihen der Union jemals etwas anderes dazu gehört habe. Es kommt aber zum einen darauf an, sich anzuschauen, ob solche Bankenfusionen den Bankenmarkt insgesamt stärken. Zum anderen muss man sich fragen: Auf welche Art und Weise kommen solche Anteilskäufe zustande?
Dann, Herr Meister und Frau Wittmann: Hier zu behaupten, die Bundesregierung habe von solchen Plänen gewusst, und zu insinuieren, das sei mit Wissen der Bundesregierung geschehen, ist eine Räuberpistole, genauso wie die Behauptung, der Verkauf habe eine feindliche Übernahme verursacht. Es ist doch so: Die offiziell ausgeschriebenen Anteile in Höhe von 4,5 Prozent hätten, wie Sie wissen, auch zu Ihrer Zeit schon längst verkauft werden sollen. So war es geplant; Sie haben es aber nicht auf die Reihe bekommen.
(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Das ist doch die Kernfrage, ob die Regierung das gewusst hat! Habt ihr das nicht kapiert? – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])
Übrigens, Herr Meister, was Sie doch auch wissen: Das Ganze ist gebunden an europäisches Beihilferecht und auch an das Haushaltsrecht. Wir müssen diskriminierungsfrei verkaufen. Es geht beispielsweise auch darum, dass wir im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler an die Höchstbietenden verkaufen. Sie hätten doch aber am lautesten geschrien, wenn wir an andere verkauft hätten, die nicht so viel geboten hätten. An dieses Recht sind wir gebunden, und so kam dieser Verkauf auch zustande.
Aber im Hintergrund – dazu hätte ich von Ihnen Kritik erwartet – hat sich die UniCredit gleichzeitig unter Umgehung von Meldeschwellen weitere Anteile gesichert: Aktienkäufe plus Derivate in Höhe von 9,2 Prozent. Und jetzt hat sie sich auf dem freien Markt insgesamt 16,5 Prozent weitere Anteile gesichert, sodass sie jetzt 21 Prozent an Anteilen hat; 4,5 Prozent davon sind vom Bund.
(Zurufe der Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU] und Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])
Dieses Heimliche, dieses Hintenrum, das ist nicht kooperativ, das ist nicht mehr auf Augenhöhe. Der Versuch, eine Fusion hinzubekommen, das ist ein höchst aggressiver Angriff der UniCredit auf die Commerzbank.
(Kay Gottschalk [AfD]: Für den Standort Deutschland! Sprechen Sie es doch aus!)
Das ist nicht akzeptabel. Ich bin froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz genau diese Art und Weise kritisiert hat, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Sie haben die Frage gestellt: Gibt es eine Strategie? Sie waren heute im Ausschuss. Dort haben Sie ganz klar gehört, welche Strategie diese Bundesregierung verfolgt und welche klare Haltung sie zur Commerzbank hat – das ist auch im interministeriellen Lenkungsausschuss formuliert worden –:
(Kay Gottschalk [AfD]: Herr Schrodi, wir haben gar nichts gehört!)
Erstens. Es gibt keine weiteren Anteilsverkäufe.
Zweitens. Die Commerzbank soll ein alleinstehendes, ein unabhängiges Kreditinstitut bleiben.
(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Die Mitarbeiter der Bank müssen vor Ihrer Strategie Angst haben! Das ist eine Katastrophe! – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das klappt ja wunderbar!)
Die Commerzbank ist gut aufgestellt. Sie ist zukunftsfähig, und deswegen wollen wir sie eigenständig erhalten, auch weil sie ein wichtiger Kreditgeber für die Wirtschaft ist; das wurde ganz klar von dieser Bundesregierung formuliert. Nehmen Sie das zur Kenntnis, meine sehr geehrten Damen und Herren!
(Beifall bei der SPD – Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Wer schützt die Mitarbeiter vor dieser Bundesregierung? – Zuruf der Abg. Mechthilde Wittmann [CDU/CSU])
Außerdem ist ganz klar formuliert worden: Wir stehen auch an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Commerzbank.
(Kay Gottschalk [AfD]: So wie bei Philipp Holzmann!)
Denn vor dem Hintergrund, was damals bei der Übernahme der HypoVereinsbank durch UniCredit passiert ist – nämlich dass zwei Drittel der Beschäftigten entlassen wurden –, sind auch die Beschäftigten bei der Commerzbank beunruhigt. Wir als SPD-Fraktion, aber auch die Bundesregierung sagen ganz klar:
(Kay Gottschalk [AfD]: Frau Meloni unterstützt die UniCredit! Wo bleibt Ihre Unterstützung?)
Wir stehen ein für die Arbeitnehmerrechte, auch bei der Commerzbank. Den vor uns liegenden Prozess werden wir in den nächsten Wochen und Monaten begleiten. Wir sind froh, dass die Bundesregierung diese klaren Signale in Richtung Commerzbank gesendet hat.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Das werden wir auch als Bundestagsfraktion positiv begleiten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Einen schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Unsere Aktuelle Stunde wird fortgesetzt. Für Bündnis 90/Die Grünen ist der nächste Redner Dr. Sebastian Schäfer.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615412 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes |