Sebastian SchäferDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In diesem Hohen Haus wurde schon lange nicht mehr so engagiert über Banken diskutiert.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Eigentlich ist das ja ein gutes Zeichen. Die wesentliche Funktion des Bankensystems in einer Marktwirtschaft ist es, der Realwirtschaft zu dienen. Gerade in den letzten Jahren ist es unseren Finanzinstituten – von den Sparkassen und den Genossenschaftsbanken bis hin zu den Privatbanken und auch den öffentlichen Instituten – ganz gut gelungen, wieder tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das ist nicht selbstverständlich. Gerade im Zusammenhang mit der Commerzbank komme ich nicht umhin, daran zu erinnern, warum wir als Bund an diesem Institut überhaupt beteiligt sind. Kleiner Spoiler: Friedrich Merz hat damit nichts zu tun.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wo ist er eigentlich?)
Die Commerzbank ist nach dem Versuch, einen neuen nationalen Banken-Champion zu etablieren – die Älteren unter Ihnen werden sich noch an die Dresdner Bank erinnern, an das Investmentbanking der Dresdner Kleinwort, an die Subprime-Krise –, im Zuge der Finanzkrise 2008 in Schieflage geraten. Wir hatten auch Landesbanken, die sich schlicht und einfach verzockt haben – nicht zuletzt eine aus München.
Um die Commerzbank zu sichern und damit noch schwerere realwirtschaftliche Verwerfungen zu verhindern, wurden damals vom Bund Kapitalhilfen von insgesamt 18,2 Milliarden Euro gewährt. Davon wurden bisher circa 13 Milliarden Euro zurückgezahlt. Wir stehen also immer noch ordentlich in den Miesen. Das schlägt nicht direkt auf den Bundeshaushalt durch. Diesbezüglich haben wir ja sowieso schon genug Herausforderungen. Aber das wird über den Finanzmarktstabilisierungsfonds verwaltet. Aber wir haben diese Milliardenverluste, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die am Ende geradestehen müssen.
Die Bankenrettung war also kein gutes Geschäft für den Bund. Was wurde damals zeitgleich in einer anderen Marktwirtschaft, in der US-amerikanischen, gemacht? Das Finanzministerium der USA erhielt die Befugnis, Bankaktien im Umfang von bis zu 250 Milliarden Dollar zu erwerben, um den Finanzinstituten dringend benötigtes Kapital bereitzustellen. Dabei wurden Aktien der Bank of America und der Citigroup gekauft und später mit hohen Gewinnen verkauft. Die dortige Regierung hat knapp 250 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt und am Ende einen Gewinn von 30,5 Milliarden Dollar erzielt. Es geht also auch anders. Wir müssen jetzt Verluste realisieren, die uns andere eingebrockt haben, und das gilt leider nicht nur für diese Beteiligung an der Commerzbank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir, meine Fraktion, stehen einer Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion positiv gegenüber. Das heißt: Wenn das gelingt, dann werden, wie in diesem Fall, Beteiligungen und Fusionen über Landesgrenzen hinweg wahrscheinlicher. Ein Anschleichen, wie wir es jetzt bei der Commerzbank gesehen haben – Auswüchse dieser Art des Finanzsystems –, ist nicht auszuschließen. Darauf muss man entsprechend vorbereitet sein. Wenn man jetzt das Positionspapier der Unionsbundestagsfraktion vom 2. Juli dieses Jahres liest, wenn man Herrn Meister zuhört, dann wird deutlich: Auch Sie setzen sich für die Vollendung der Kapitalmarktunion ein.
(Zuruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])
Friedrich Merz hat den Bürgerinnen und Bürgern gestern in einer teuren Anzeigenseite eine neue Ehrlichkeit versprochen. Davon allerdings kann ich heute Nachmittag wenig feststellen. Wenn ich der Kollegin Wittmann zuhöre, dann höre ich da auf einmal ganz andere Töne: nationalökonomisch oder, vielleicht besser formuliert, „bajuwarökonomisch“.
(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Mit dem Verkauf der Commerzbank-Anteile erzielt der Staat nun einen Gesamterlös von 702 Millionen Euro. Die italienische UniCredit hat das mit Abstand höchste Angebot abgegeben und damit den Zuschlag erhalten. Der Anteil des Bundes sinkt jetzt von 16 Prozent auf 12 Prozent. Noch bleibt der deutsche Staat weiterhin größter Einzelaktionär. Wenn die Erlaubnis der europäischen Aufsicht kommt – und das ist sehr wahrscheinlich, dass sie kommt –, wird die UniCredit mit über 20 Prozent der größte Anteilseigner sein.
Wir haben jetzt die Verantwortung, die Finanzierungsmöglichkeiten für unseren Mittelstand zu erhalten. Unser Bankensystem hat dafür sehr gute Voraussetzungen. Das ist unsere Aufgabe, und daran arbeiten wir.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Für die Gruppe Die Linke hat Janine Wissler das Wort.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615413 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes |