25.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 187 / Zusatzpunkt 1

Otto FrickeFDP - Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes

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Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war der Beweis dafür, dass der Sozialismus noch nie eine vernünftige Bank zur Welt gebracht hat.

(Zuruf von der Linken: Aber ihr! – Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das ist das, was Sie einfach nicht verstehen. Denn in Ihrem System wird es nie Banken geben, die Unternehmen des Mittelstandes helfen, sodass Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich kann mich jedenfalls an keine sozialistische Bank erinnern, die jemals irgendetwas geschafft hat, was Commerzbank, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und andere Banken hier in Deutschland geschafft haben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der Linken)

Meine Damen und Herren, eigentlich ist das Ganze – um ein Shakespeare-Stück zu zitieren – „Viel Lärm um nichts“.

(Markus Herbrand [FDP]: Ja, das glaube ich auch!)

Wenn wir ehrlich sind: Wir wollen doch eigentlich alle, dass das hier eine Privatisierung wird. Oder will die CDU das auf einmal nicht mehr? Ich bin mir da inzwischen nicht mehr ganz sicher. Eigentlich, dachte ich, wollen wir alle, dass diese Anteile des Staates privatisiert werden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich glaube auch – das meine ich jetzt genau so, ohne Krokodilstränen in Bezug auf Friedrich Merz –, dass es der CDU/CSU-Fraktion und auch einem Abgeordneten guttut, im Investmentbereich gelernt zu haben und sich dort auszukennen. Aber dann muss man doch erst recht als Fraktion sagen, dass man Privatisierung auch will, und nicht, wenn sie dann erfolgt ist, sagen: Ich hätte sie aber gerne mit ein bisschen Sahne und am besten noch mit einer Kirsche drauf, damit sie auch möglichst gut aussieht.

(Kay Gottschalk [AfD]: Keine feindliche Übernahme, Herr Kollege Fricke!)

Zweitens. Wir sind uns darüber einig, dass die Frage der Privatisierung, jedenfalls in diesem Europa, das Sie hoffentlich auch noch unterstützen, diskriminierungsfrei erfolgen können muss. Manchmal frage ich mich auch, welches nationale Verständnis Sie haben. Natürlich war das Vorgehen der UniCredit „senza stile ed eleganza“; gar keine Frage.

(Zuruf der Abg. Mechthilde Wittmann [CDU/CSU])

Aber ich frage Sie jetzt: Würden Sie denn umgekehrt, wenn die Lufthansa sagt: „Wir wollen uns die Alitalia holen“, sagen: „Oh, oh, oh, da muss die deutsche Regierung, wenn sie von der Lufthansa, vielleicht über BlackRock beteiligt, informiert wird, das Ganze erst mal mit der italienischen Regierung absprechen“? Oder sind Sie für eine Marktwirtschaft, in der das grundsätzlich möglich ist?

(Zuruf der Abg. Mechthilde Wittmann [CDU/CSU])

Dann komme ich zum nächsten Punkt. Sie erzählen hier immer: Wenn die Bundesregierung einen Teil nicht verkauft hätte, dann wäre das nicht passiert. – Für die, die uns jetzt zuhören: 21 Prozent hat die UniCredit bisher. Hätte die Bundesregierung nicht verkauft, wäre sie ohne Weiteres in der Lage gewesen, sich 17 Prozent zu holen – ohne irgendein Problem. Sie hätte trotzdem sagen können: Ach, übrigens, ich will bis 29,9 Prozent ran. – Das wäre überhaupt kein Problem.

Das ist nicht der Grund. Die Bank hat vielmehr jetzt auch mit Ihrer Hilfe sehr elegant die damit verbundene Kommunikation genutzt, um sich an dieser Stelle taktisch und strategisch in eine Rolle zu bringen.

(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

Letztlich, auch wenn Sie es vielleicht nicht wollen, bedienen Sie hier sogar noch die Kommunikationsstrategie der UniCredit.

Meine Damen und Herren, was mich am meisten bei dieser Diskussion über die Commerzbank ärgert, wenn wir uns mal die Größen angucken: dass die Marktkapitalisierung der Commerzbank bei 18,4 Milliarden Euro, die der UniCredit bei 53 Milliarden Euro liegt. Dann gehen wir mal rauf zur HSBC, der größten europäischen Bank: 150 Milliarden Euro. J. P. Morgan: 540 Milliarden Euro. Warum sind die deutschen Banken eigentlich so klein? Sie können auch sagen: Ja gut, die Deutsche Bank ist doppelt so groß. – Sie sind deswegen so klein, weil wir über 16 Jahre lang Mehltau hatten, wenn es um die Frage unseres Bankensystems ging.

(Zuruf der Abg. Mechthilde Wittmann [CDU/CSU])

Wir sind anders als alle anderen Länder.

Und wenn Sie das nicht glauben, dann gebe ich Ihnen noch das Beispiel UniCredit,

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])

die die bayerischen Banken so schön gekauft hat. Woher kommt die UniCredit? Was ist eines der wesentlichen Fundamente der UniCredit? Es geht darum, dass sich Italien zwischen der Gemeinnützigkeit von Sparkassen und der wirtschaftlichen Betätigung von Sparkassen entschieden hat. Da haben die Sparkassen letztlich – man schätze mal grob deren Marktwert – sogar einen höheren Marktwert als Commerzbank und Deutsche Bank zusammen. Man hat in Italien diese Kraft und diese Macht genutzt, sodass eine UniCredit heute die Commerzbank kaufen kann.

Sie sollten sich mal fragen, ob wir in dem Bankensystem nicht endlich was verändern müssen. Vielleicht sollte Sie dann doch noch mal Friedrich Merz fragen, was an dieser Stelle die Lösung ist. Jedenfalls ist die Lösung nicht, hier „Mimimi!“ und „Oh, böse, böse!“ zu sagen. Wenn Sie wirklich starke Banken haben wollen, müssen Sie sich vielmehr überlegen,

(Markus Herbrand [FDP]: Ganz genau!)

warum wir in diesem großen Land mit dieser Industrie, mit dieser Marktwirtschaft, mit diesem Mittelstand trotzdem keine großen Banken haben.

(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

Das ist doch das eigentliche Problem, das heute in dieser Diskussion zutage getreten ist.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich will auch noch etwas anderes sagen, und zwar kritisch in Richtung Mittelstand. Wir reden bei diesem Verkauf von Commerzbank-Aktien, den der Bund vorgenommen hat, über einen Wert von ungefähr 700 Millionen Euro. Wenn die Commerzbank ein so wichtiger Finanzierer des Mittelstandes ist und wir durchaus sehr viel reiche Mittelstandsinvestoren haben, warum gelingt es dem deutschen Mittelstand immer noch nicht, eine Investitionsentität zu haben, die es ermöglicht, das zu kaufen, was er für seine Finanzierung braucht? Vielmehr lässt man es jemand anderes auf dem Markt machen. Warum ist es in den letzten 16 Jahren – ich sage jetzt mal bewusst: vielleicht etwas weniger – nicht gelungen, dass der Mittelstand an dieser Stelle sagt: „Mensch, das wäre doch eigentlich ganz klug“? – Auch da liegt ein Problem.

Ich fasse zusammen – ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin –: Eigentlich gilt für diese von der CDU/CSU beantragte Aktuelle Stunde wieder mal – hier verweise ich auf Shakespeares „Othello“ –: Behauptung ist nie Beweis, sondern nur „Viel Lärm um nichts“.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Klaus Wiener für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615415
Wahlperiode 20
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes
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