25.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 187 / Zusatzpunkt 1

Klaus WienerCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland hat eine starke Realwirtschaft – auch wenn man bisweilen das Gefühl hat, dass die Ampel derzeit wirklich nichts unversucht lässt, das zu ändern. Aber jede starke Realwirtschaft braucht auch eine starke Finanzwirtschaft. Das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Vor allem Kredite sind der Schmierstoff für die Wirtschaft. Aber wie steht es um die Finanzwirtschaft in Deutschland? Leider schöpfen wir unser Potenzial bei Weitem nicht aus. Hierzu nur ein paar Zahlen: Von den weltweit 30 größten Banken kommen 9 aus China, 5 aus den USA, und auch Frankreich hat 5 Großbanken. Bei gleichen regulatorischen Bedingungen wie in Frankreich haben wir in Deutschland gerade noch eine Großbank, und die liegt gemessen an der Marktkapitalisierung auf Platz 26.

Als im Zuge der Errichtung der Währungsunion Frankfurt Sitz der EZB wurde, verband sich damit die Hoffnung, dass der Finanzplatz Deutschland an Bedeutung gewinnt; das war auch nach dem Brexit so. Leider haben sich diese Hoffnungen nicht erfüllt. In einem aktuellen Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit der globalen Finanzzentren liegt Paris – wohlgemerkt die erste Stadt hier aus Europa – auf Rang 14, Amsterdam auf Platz 16 und Frankfurt auf Platz 17.

In dieser für die Branche schon unbefriedigenden Situation verkauft die Bundesregierung große Teile ihrer Beteiligung an der Commerzbank, immerhin der zweitgrößten Geschäftsbank in Deutschland und damit systemisch relevant. Aber wie zieht die Regierung diesen Verkauf auf, sodass sie sich nachher – und hier zitiere ich – „überrumpelt“ fühlt? Ganz ehrlich: Ich finde, das ist schon ein starkes Stück. Denn es war doch schon lange klar, dass die UniCredit als strategischer Investor Interesse an der Commerzbank hat. Und, Herr Rudolph – Herr Meister hat es Ihnen schon versucht zu erklären –: Das ist der Unterschied zwischen einem Finanzinvestor und einem strategischen Investor. Und wenn ich schon mal bei Ihnen bin, will ich an der Stelle auch noch darauf hinweisen, dass Sie von 2017 bis 2021 Aufsichtsrat der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH waren. Und jetzt sitzen Sie im Haushaltsausschuss. Drehen wir Ihnen daraus einen Strick?

(Frank Schäffler [FDP]: Das ist aber nicht plausibel!)

Vielleicht überlegen Sie sich mal, was Sie gerade in Ihrer Rede zu Beginn gesagt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus meiner Sicht wirft der Beteiligungsverkauf in dreierlei Hinsicht Fragen auf.

Erstens, was den Verkauf selbst angeht: Man kann sich hier des Eindrucks nicht erwehren, dass schlecht gearbeitet wurde. Ich fasse zusammen. Warum gab es beim Verkauf keine Stückelung?

(Michael Schrodi [SPD]: Warum waren Sie heute nicht im Finanzausschuss?)

Warum wurde das beschleunigte Bieterverfahren gewählt, statt schrittweise und diskret am Markt zu verkaufen? Was hat für die Auswahl der beratenden Banken gesprochen,

(Kay Gottschalk [AfD]: Das Haushaltsloch!)

von denen man weiß, dass sich eine davon noch in der Nacht des Verkaufs zurückgezogen hat? Gab es eine echte Exit-Strategie oder eine Due Diligence, um den Verkauf vorzubereiten? Was wusste der Kanzler? Welche Rolle hat Herr Kukies gespielt, aber auch der interministerielle Lenkungsausschuss unter der Leitung von Staatssekretär Toncar?

(Otto Fricke [FDP]: Was wusste Friedrich Merz? – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Ganz bestimmt nichts. – Was haben Sie mit dem Verkauf unter Einstandskurs gemacht? Sie haben dem Steuerzahler hier einen echten Bärendienst erwiesen, weil Sie einen Verlust realisiert haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweitens stellt sich grundsätzlich die Frage, was der Verkauf für den Finanzplatz Deutschland bedeutet. Welche Folgen hat das für die Mittelstandsfinanzierung, für die Außenhandelsfinanzierung? Auch das klang schon an. Und wie sieht in diesem Zusammenhang überhaupt der strategische Plan des Finanzministeriums für den Finanzplatz Deutschland aus? Von einer echten Strategie ist hier wenig zu erkennen. Wir als Union – das sage ich hier ganz deutlich – haben nichts gegen eine Konsolidierung im europäischen Bankenmarkt.

(Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Das ist im Rahmen der Kapitalmarktunion sogar zu begrüßen. Wir haben aber als Standort ein Problem, wenn deutsche Banken immer nur zu den übernommenen gehören.

Schließlich – das will ich an dieser Stelle auch sagen –: Was bedeutet der Verkauf für die Finanzstabilität? „ Too big to fail“, auch das klang hier schon an.

Auf all diese Fragen konnten die Bundesregierung und auch der Finanzminister – wir haben das gerade auch in der Befragung erlebt – keine befriedigenden Antworten geben. Unter dem Strich – das sage ich zum Ende der Debatte ganz deutlich – kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Verkauf entweder schlecht vorbereitet war und stümperhaft durchgeführt wurde oder dass Sie bewusst etwas ganz anderes im Sinn hatten. So oder so sind wir ausdrücklich der Auffassung, dass der Vorgang parlamentarisch aufgeklärt werden muss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Schrodi [SPD]: Das ist eine Verschwörungstheoriesuppe!)

Für die Gruppe BSW hat das Wort Klaus Ernst.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615418
Wahlperiode 20
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Verkauf der Commerzbank-Anteile des Bundes
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