Hermann-Josef TebrokeCDU/CSU - Finanzielle Belange der Menschen mit Behinderung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder Mensch ist einzigartig, etwas Besonderes, manchmal auch infolge körperlicher, Sinnes- oder geistiger Beeinträchtigungen. Hieraus resultiert oftmals eine besondere Hilfsbedürftigkeit, aber auch eine Verantwortung der Menschen im Umfeld. Was für viele Menschen kein Problem darstellt, kann für Menschen mit Beeinträchtigung oder Behinderung zu einer echten Hürde werden – im täglichen Leben, zu Hause, im Beruf, beim Sport, im Umgang mit Behörden oder bei der Durchsetzung von Rechten. Besonders ärgerlich, vielleicht unverzeihlich ist es, wenn oftmals leicht zu beseitigende Barrieren unnötigerweise fortbestehen, weil es im Umfeld an Kreativität, an Einfühlungsvermögen oder aber auch einfach nur an Aufmerksamkeit fehlt. Insofern sind wir all den Betroffenen, aber auch aufmerksamen Beobachtern für diesbezügliche Hinweise dankbar, weil sie auch dazu geführt haben, dass wir als Union diesen Antrag gestellt haben.
Eine zweite Vorbemerkung. Meine Damen und Herren, der Titel unseres Antrags lautet „Belange der Menschen mit Behinderung finanziell stärken“. Das kann hochtrabend, ja, vielleicht sogar missverständlich klingen. Dabei geht es nur um drei eher unbedeutende Punkte. Verstehen Sie diese bitte als eine Anregung, als einen ersten Aufschlag, als eine Einladung, diese Liste mit uns zu diskutieren und gern zu ergänzen, jetzt im Rahmen dieses Verfahrens oder auch bei anderen Gelegenheiten. Andererseits sind auch kleine Schritte, mit denen wir vorwärtskommen und den Betroffenen eine bessere Teilhabe ermöglichen, wertvoll.
Eine dritte Vorbemerkung betrifft die Pflicht des Staates. Die Bundesrepublik Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und sich dadurch verpflichtet, auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen darauf hinzuwirken, allen Menschen mit Behinderung in allen Rechts- und Lebensbereichen die Möglichkeit zur selbstbestimmten Teilhabe zu geben und ihre Lebensbedingungen stetig zu verbessern. Sie hat dafür Sorge zu tragen, dass auch die Belange der Angehörigen, die eine große Verantwortung wahrnehmen – herzlichen Dank dafür! –, Berücksichtigung finden.
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, haben wir drei Vorschläge aus dem Bereich des Steuerrechts aufbereitet, die wir hier zur Beratung und gerne auch zur Zustimmung vorlegen:
(Carlos Kasper [SPD]: Das ist ganz schön dünn!)
Der erste Vorschlag betrifft das Persönliche Budget und die Umsatzsteuerregelung. Mit dem 2001 eingeführten Persönlichen Budget haben Menschen mit Behinderungen die Option, anstelle von Sach- und Dienstleistungen zur Teilhabe auch ein finanziell zweckgebundenes Persönliches Budget zu wählen. Aber sie stellen fest, dass bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oftmals Umsatzsteuer fällig wird und dadurch ein finanzieller Nachteil bei der Anwendung dieses Persönlichen Budgets entsteht; mein Kollege Oellers wird gleich noch darauf eingehen. Wir fordern eine Anpassung im Umsatzsteuerrecht, eine kleine Anpassung, die an dieser Stelle Rechtssicherheit schafft und diesen Umsatzsteuernachteil abschafft.
Ein zweites Thema betrifft den Kindergeldbezug. Sie wissen: Eltern von Kindern mit Behinderungen können unter bestimmten Voraussetzungen auch über das 18. bzw. 25. Lebensjahr hinaus Kindergeld beziehen. Derzeit muss die Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeld regelmäßig nachgewiesen werden; die Familienkasse prüft die Anspruchsberechtigung. Die Bearbeitung der Anträge kann aber unter Umständen einen längeren Zeitraum beanspruchen, und das kann in der Folge dazu führen, dass die Auszahlung des Kindergeldes unterbrochen wird, wenn der Nachweis der andauernden Behinderung noch nicht abschließend geprüft ist. Eine Rückforderung von gegebenenfalls zu Unrecht ausgezahltem Kindergeld ist aus unserer Sicht angemessener als der jetzt übliche Einbehalt des Kindergeldes, der Familien mitunter vor finanzielle Härten stellt. Zudem besteht die Behinderung, gerade bei schweren körperlichen, Sinnes- oder geistigen Beeinträchtigungen, in der Regel fort und entfällt nur in seltenen Fällen, weshalb eine Änderung der Regelung nach unserer Auffassung nicht nur praktikabel, sondern auch geboten ist. Wir fordern hier eine entsprechende Anpassung.
Das dritte und letzte Beispiel betrifft die Kfz-Steuer. Sie wissen, dass nach § 3a Absatz 1 und 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes bei Schwerbehinderung eine Befreiung von der Kfz-Steuer bzw. eine Ermäßigung möglich ist, wenn das Kfz ausschließlich zum Transport der schwerbehinderten Person verwendet wird. In Absatz 3 heißt es aber ausdrücklich, dass diese Steuervergünstigung entfällt, wenn das Fahrzeug „zu Fahrten benutzt wird, die nicht im Zusammenhang mit der Fortbewegung oder der Haushaltsführung der behinderten Personen stehen“. Das kommt so locker daher, aber das kann bedeuten, dass zum Beispiel Menschen, die ihre Kinder mit Handicap zur Schule bringen, das Fahrzeug nicht weiter führen dürfen, wenn sie zur Arbeit fahren. Darüber gibt es jedenfalls eine große Verunsicherung, wie wir festgestellt haben. Wir glauben, dass wir das durch eine entsprechende Umformulierung in Absatz 3 heilen können.
Auf eine schriftliche Anfrage hin hat die Bundesregierung verlauten lassen, dass etwa 27 000 Minderjährige diese Vergünstigung in Anspruch nehmen – wie wir wissen, in einigen Fällen mit großer Verunsicherung –, und wir vermuten, dass weitere möglicherweise Berechtigte den entsprechenden Antrag nicht stellen, weil sie das Gesetz an dieser Stelle wörtlich ausgelegt haben. Hier ließe sich durch eine entsprechende Umformulierung Rechtssicherheit erreichen und damit eine Schleifung dieser Barriere, die wir für nicht notwendig und deswegen für dringend zu beseitigen halten.
Sie, meine Damen und Herren, sind eingeladen, mit uns in die Beratung einzusteigen und diese Punkte gerne zu verbessern und zu ergänzen. Wir freuen uns über jeden Beitrag, der das Leben der Menschen mit Beeinträchtigungen verbessert.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Carina Konrad [FDP])
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Angelika Glöckner.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615424 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Finanzielle Belange der Menschen mit Behinderung |