25.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 187 / Tagesordnungspunkt 3

Jens BeeckFDP - Finanzielle Belange der Menschen mit Behinderung

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Hochverehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Zunächst einmal herzlichen Dank für den Antrag. Herr Tebroke, ich will ausdrücklich sagen: Ihren gesamten Prolog teile ich vollumfänglich. Wir haben in diesem Haus, insbesondere unter den teilhabepolitischen Sprechern, die gute Tradition, dass wir an vielen Stellen miteinander reden; das betrifft den Kollegen Sören Pellmann, den Kollegen Oellers. Und wir sind immer daran interessiert, die Situation gemeinsam zu verbessern.

Sie haben erreicht, dass wir heute einmal mehr in diesem Haus über dieses Thema reden. Die Überschrift Ihres Antrags ist vielleicht ein bisschen üppig für die tatsächlichen Probleme, mit denen die Betroffenen in ihrer Lebenswirklichkeit konfrontiert sind, zeigt aber ein bisschen, wo Sie hinwollen. Insofern ist es gut, dass Sie sich einbringen. Bedauerlich ist – auch das gehört zur Wahrheit –, dass immer dann, wenn die Union an der Umsetzung beteiligt ist, Dinge grob schiefgehen. Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, dass in Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg oder Sachsen – bei identischen Bundesgesetzen – die Situation eher nicht so gut ist wie in anderen Bundesländern, sondern will mich auf die Dinge kaprizieren, für die Sie im Bund die Verantwortung hatten.

Ich fange mal an mit der letzten Wahlperiode. Sie erinnern sich alle: 2019 gab es ein Urteil des Bundesfinanzhofs zu einem Verein und wiederum zur Umsatzsteuerbefreiung, das sämtliche Inklusionsfirmen betraf, Inklusionsfirmen, die für den Schritt auf den ersten Arbeitsmarkt eine ganz zentrale und immens wichtige Rolle spielen. Wir als Freie Demokraten haben daraufhin beantragt, diese Firmen formell zu privilegieren. Ich könnte Ihnen vorlesen – ich habe es hier –, was Sie als regierungstragende Partei damals im Finanzausschuss dazu ausgeführt haben. Sie sagten, das ginge alles nicht wegen europarechtlicher Vorgaben, und im nationalen Recht könne man wenig machen. Also saß man einfach die Veröffentlichung des Urteils aus und hoffte, dass es gut geht. Es ist an vielen Stellen nicht gut gegangen; das wissen wir. Deswegen bin ich froh, dass Katja Hessel jetzt hier ist; denn wir haben das in dieser Wahlperiode geregelt. Wir haben – gemeinsam mit allen Betroffenen, unter anderem dem Beirat der Inklusionsfirmen, aber auch hier im Haus – eine rechtliche Regelung geschaffen, die das Umsatzsteuerprivileg für Inklusionsunternehmen in Deutschland sicherstellt.

Es gibt ein zweites Beispiel; das betrifft die Gebärdensprachdolmetscher. Dieses Problem haben Sie 2021 sogar selbst verursacht. Es geht um die Frage: Wie wird eigentlich meine Umsatzsteuer berechnet, wenn nicht 25 Prozent oder mehr meiner Fälle von öffentlichen Trägern bezahlt werden? Zuerst stand drin: Rechtssicherheit für das laufende Jahr. – Sie haben das gestrichen: Es reicht aus, im Vorjahr diese 25 Prozent erreicht zu haben. – Das führte zu der absurden Situation, dass die Betroffenen erst im Januar, Februar des Folgejahres wissen, ob sie die Rechnungen im letzten Jahr mit Umsatzsteuer hätten ausstellen müssen oder nicht. Auch das haben wir jetzt zufriedenstellend geregelt. Das zeigt: Diese Regierung hat schon viel erreicht. Wir arbeiten an ganz schwierigen Komplexen und kommen zu echten Lösungen, die die Lebenswirklichkeit der Menschen verbessern.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Angelika Glöckner [SPD])

Herzlichen Dank dafür an das BMF und an Katja Hessel.

Jetzt kommen Sie mit weiteren Vorschlägen. Den Kollegen Middelberg werde ich hier nicht zitieren; das ist ja immer auch eine Frage von Finanzen, aber die stehen hier tatsächlich nicht im Vordergrund. Die Einladung, über diese Dinge zu sprechen, Herr Tebroke, nehmen wir ausdrücklich an. Sie adressieren Probleme, über die man sprechen kann; aber Sie verweigern sich in Ihrem Antrag der konkreten Ausgestaltung dessen, was Sie eigentlich wollen. Das fängt bei der Kfz-Privilegierung an; denn Sie sagen nicht, woran das geknüpft wird. An den Kfz-Halter, der im selben Haushalt lebt? Dann sind alle diejenigen raus, die extern helfen. Derzeit ist es an der Sache orientiert. Sie müssten also schon konkreter werden. Das ist, wenn wir dann gemeinsam im Gespräch sind, ja auch noch möglich. Dazu sind wir bereit. Nur, so bringt es eben nichts.

Und an anderen Stellen, bei der Frage des Persönlichen Budgets, das wir alle stärken wollen – das steht auch im Koalitionsvertrag –, haben Sie die gleichen umsatzsteuerrechtlichen Probleme in Europa wie hier. Und das führt dazu, dass Ihr Antrag in der derzeitigen Fassung nur die Wahl lässt, zu der Umsatzsteuerprivilegierung zu kommen, dafür aber die Wahlfreiheit der Menschen im Persönlichen Budget einzuschränken, wen sie in Anspruch nehmen. Und das ist, liebe Corinna, das genaue Gegenteil von dem, was sie wollen. Sie wollen ja häufig raus aus den Strukturen der Eingliederungshilfe, wollen Dinge selbstständig betreiben. Wollen Sie sie wirklich zwingen, dahin zurückzugehen, damit das Umsatzsteuerprivileg, das Sie hier ansprechen, möglich wird? Ich bin nicht ganz sicher – Kollege Oellers redet ja gleich noch –, ob Sie das ernst meinen.

Und beim Kindergeld stellt sich die Frage: Muss die Leistung über das 25. Lebensjahr hinaus eigentlich noch „Kindergeld“ heißen? Ist ein anderer Mechanismus nicht vielleicht besser? Es ist aber so, dass die Betreffenden, wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst nicht bestreiten können, diese Leistung unbegrenzt erhalten. Schon jetzt ist es so, dass sie –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– Frau Präsidentin, letzter Satz – eine fünfjährige einfache Nachweispflicht haben. Also, auch hier ist weder das Bundesgesetz noch die Durchführungsanweisung das Problem.

Herr Beeck.

Aber wir reden gerne darüber, ob man noch mehr verbessern kann. Also: Gesprächseinladung angenommen, aber etwas konkreter darf es sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wilfried Oellers für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615428
Wahlperiode 20
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Finanzielle Belange der Menschen mit Behinderung
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