Georg KippelsCDU/CSU - Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Lauterbach! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal meine Verwunderung, aber auch Bewunderung darüber zum Ausdruck bringen, sehr geehrter Herr Minister, wie es Ihnen doch mit einer manchmal atemberaubenden Sicherheit gelingt, eine gute Idee im Rahmen eines Gesetzentwurfs so zu verarbeiten, dass nur noch Widerstand und Streit in der Fachwelt übrig bleiben. Ich denke, ab und zu wäre ein vorheriger Austausch hilfreich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kathrin Vogler [Die Linke])
Ich will diesen Vorwurf aber gerne ganz konkret beschreiben:
Erstens. Sie haben eben beschrieben, was dieses neue Institut leisten soll. Die Fachlichkeit, was das zukünftige Arbeitsfeld des Instituts sein soll, ist nicht zu beanstanden. Warum aber dann der Name „BIPAM“? Das ist jetzt keine Frage der Begriffsästhetik, sondern eine Frage des Inhalts. Mit „Prävention und Aufklärung in der Medizin“ senden wir inhaltlich ganz einfach eine falsche Botschaft. Die „Öffentliche Gesundheit“ ist ein stehender Begriff; „Public Health“ ist der moderne Arbeitsbereich. Er umfasst vor allen Dingen auch die Sozialkomponente, und die gehört in diese neue Tätigkeit hinein.
(Beifall der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU] und Kathrin Vogler [Die Linke])
Das heißt, das Etikett ist schon mal nicht besonders glücklich gewählt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Ein wesentlich grundlegenderer Vorwurf ist: Sie reißen aus dem RKI die wichtige Abteilung 2 – Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring – heraus. Hier kommt eine künstliche Trennung zwischen den nichtübertragbaren und den übertragbaren Krankheiten zustande. Auch da ist die gesamte Fachwelt der Meinung, dass hieraus kein Nutzen entsteht. Im Gegenteil: Es könnte die Tätigkeit hemmen, es könnte Doppelbearbeitung entstehen, und vor allen Dingen wird verkannt, dass viele Krankheiten – übertragbar und nicht übertragbar – durchaus in einem inneren Zusammenhang stehen. So sind zum Beispiel Diabetiker – an nichtübertragbarer Krankheit erkrankt – viel stärker Infektionserkrankungen ausgesetzt. Diese Verbindung muss beschrieben werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der dritte Faktor der Kritik ist die fehlende Unabhängigkeit. Die starke Zuordnung des BIPAM – ich nenne es jetzt weiterhin so – zum Bundesgesundheitsministerium lässt die wissenschaftliche Unabhängigkeit vermissen. Wir müssen dadurch auch einen entsprechenden Renommeeverlust in der internationalen Diskussion befürchten und hinnehmen. Insofern ist auch dieser Weg, dieser Faktor nicht zielführend.
Viertens: die fehlende Länderbeteiligung. Sie haben eben selbst ausgeführt, dass bestimmte Faktoren der öffentlichen Gesundheit unzureichend mit den Kommunen bzw. auch mit den Ländern in Verbindung stehen. Viele Gesundheitsfragen sind aber unverändert in der Verantwortung der Länder, und deshalb wäre eine entsprechende Einbindung der Länder bzw. auch der kommunalen Einrichtungen im Rahmen der Arbeit zielführend und sinnvoll. Vor allen Dingen wären die Beteiligten dann viel engagierter, an dieser anspruchsvollen Aufgabe mitzuwirken.
Der letzte Punkt: die finanzielle Ausstattung. Im Gesetzentwurf haben wir noch nichts dazu gehört. Heute Morgen im Ausschuss sind Sie dazu befragt worden. Sie haben dazu vorgetragen, dass dieser Titel noch nicht budgetreif war. Na ja, der Gedanke ist ja schon etwas länger in der Welt, und die Absicht, den Gesetzentwurf einzubringen, ist jetzt auch nicht aus heiterem Himmel hier ins Parlament heruntergefallen. Insofern fehlt es für die Inkraftsetzung zum 1. Januar 2025 doch ganz erheblich an finanziellen Mitteln, sowohl für die Einrichtung als auch für die dauerhafte Aufnahme der Arbeit.
Zusammenfassend. Es ist eine gute Idee, aber in der Fachwelt sorgt sie für große Enttäuschung und konkrete Sorgen, dass sie jedenfalls mit diesem Format nicht in die Umsetzung kommt und wir dem Anspruch, den wir uns selbst gestellt haben, nicht gerecht werden.
Deshalb meine Schlussbemerkung: Wenn dieses Gesetz die Lösung des Problems ist, dann hätte ich gerne das Problem wieder zurück.
Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Johannes Wagner.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615436 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit |