25.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 187 / Tagesordnungspunkt 5

Bernhard DaldrupSPD - Jahressteuergesetz 2024, Wohngemeinnützigkeit

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Rede von Sebastian Brehm habe ich den Eindruck, dass er die Steuerfreiheit des selbstgebrauten Biers erst mal ausgenutzt hat, bevor er seine Rede gehalten hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber wie auch immer: Ist ja nicht so schlimm.

Aus gegebenem Anlass bin ich kürzlich darauf hingewiesen worden, dass es im Mittelalter eine Bartsteuer gegeben hat, Fritz Güntzler.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das hättest du mir mal sagen sollen!)

Ja, das hat es gegeben. Die alten Bärte sollten als Zeichen der Aufklärung weg. Heute ist das umgekehrt – wenn ich dir so zuhöre, bin ich mir sicher.

(Jörn König [AfD]: Bei den Taliban ist das Pflicht!)

Also, es gab immer schon Gründe für Steuerfindung; das hat eine lange Geschichte. Auch wenn Steuerzahlungen – das muss man sagen – unbeliebt sein mögen, wissen wir, dass sie zur Finanzierung unseres Gemeinwesens unverzichtbar sind. Mit dem Jahressteuergesetz kommen viele Steuerarten und -gesetze auf den Prüfstand. Und es geht keineswegs immer um Steuererhöhungen, wie Sebastian Brehm gerade den Eindruck erwecken wollte.

Ich will zwei Beispiele geben. Erstens: die Einführung der neuen Wohngemeinnützigkeit. Darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt.

(Johannes Schraps [SPD]: Sehr gut!)

Sie soll über die gewaltigen Investitionen, die wir im sozialen Wohnungsbau, der Förderung des allgemeinen und des genossenschaftlichen Wohnungsbaus, zum jetzigen Zeitpunkt schon machen, unsere Wohnungspolitik als einen weiteren Baustein ergänzen, um das Wohnen dauerhaft bezahlbar zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Einige wissen noch, dass der gemeinnützige Wohnungsbau wesentlich für die Wohnraumversorgung nach dem Krieg war und bis in die 80er-Jahre den größten Anteil am Wohnungsbau hatte. Wir profitieren zum Teil heute noch davon. Infolge des Neue-Heimat-Skandals, den es tatsächlich gegeben hat, wurde von der Kohl-Regierung 1990 die Wohngemeinnützigkeit abgeschafft. Damit begann aber auch die Krise des bezahlbaren Wohnens.

Mit dem Jahressteuergesetz schaffen wir jetzt einen wesentlichen Rahmen, um eine neue Wohngemeinnützigkeit einzuführen.

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Das macht ihr niemals!)

Wir werden durch Veränderungen in der Abgabenordnung die Möglichkeit schaffen, dass gemeinnützige Stiftungen, Vereine und sozial orientierte Unternehmen verstärkt in bezahlbaren Wohnraum investieren können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden die Möglichkeiten schaffen, dass wohnungswirtschaftliche Unternehmen in die neue Wohngemeinnützigkeit einsteigen können, ihre Rücklagen nicht gefährdet werden und sie weitere Steuererleichterungen erhalten, damit Wohnungen mit bezahlbaren Mieten für Menschen mit geringem Einkommen entstehen. Das ist unser Vorschlag und unsere Idee.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Missbrauchsanfällig!)

Mit der neuen Wohngemeinnützigkeit unterstützen wir übrigens auch unsere Kommunen. Wir entlasten sie perspektivisch von Wohngeldzahlungen und anderen Sozialkosten.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Vom Bürgergeld auch!)

Die Wohngemeinnützigkeit ist übrigens kein Konkurrenzprodukt zum sozialen Wohnungsbau. Die Wohngemeinnützigkeit ergänzt die bestehenden Instrumente und schafft zusätzliche Anreize für Investitionen in bezahlbaren Wohnraum. Die Rechte und Zuständigkeiten der Länder bleiben vollständig gewahrt.

Und jetzt weiß ich schon, dass die Linken gleich sagen werden: Ist zu wenig, zu spät und nicht genug. – Ich sage: Ja, aber wir haben den Fuß in der Tür, und wir werden sie weiter aufstoßen; denn mit dem Jahressteuergesetz schaffen wir zunächst nur den steuerrechtlichen Rahmen, noch nicht den finanziellen insgesamt.

Die Koalition hat sich im Koalitionsvertrag zu solchen Investitionszuschüssen verpflichtet. Diese Verpflichtung nehmen wir ernst, und wir wollen mithilfe von finanziellen Spielräumen durch nicht beanspruchte Mittel – es gibt ja aufgeschobene Investitionen in anderen Bereichen – eine wirkungsvolle Investitionsförderung auf den Weg bringen. Wir werden es zumindest diskutieren. Das ist unsere sozialdemokratische Haltung in dieser Frage.

Ob das gelingt, das werden wir sehen. Die Haushaltsberatungen werden zeigen, ob wir dafür Spielräume haben.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Nein!)

Ich halte es aber für berechtigt. Und hier in Berlin würde ich sicherlich kraftvolle Unterstützung auch vom Regierenden Bürgermeister dafür bekommen, um nur einen von vielen Landes- und Kommunalpolitikern zu nennen, die es in der Opposition vielleicht auch gibt; mal gucken. Mal sehen, wie es bei euch so ist.

(Zuruf des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU])

Ich bin auch kommunalpolitischer Sprecher meiner Fraktion und habe deshalb auch immer einen Blick auf die kommunalen Auswirkungen der Steuerpolitik. Ich will zwei Punkte ganz kurz ansprechen. Das Thema „§ 2b Umsatzsteuergesetz“ ist eben schon angesprochen worden. Fritz Güntzler hat gesagt, in sieben Jahren hat er es nicht geschafft. In drei Jahren haben wir es auch noch nicht geschafft; deswegen verlängern wir es noch etwas.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Bei den sieben warst du aber auch dabei!)

– Ja, ich war auch dabei. Ich stimme jetzt sogar wieder zu. Kannst du ja auch machen; dann bleibst du dir treu.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wir kriegen es ja demnächst hin!)

Fritz, bleib dir treu! Bleib dir einfach treu!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Also, wie auch immer. Das Thema Musikschulen ist angesprochen worden. Wir wissen um den Wert von Kultur und Bildung für alle. Steuerpolitik muss solche gesellschaftlichen Aufgaben verstärken und nicht belasten. Deswegen machen wir das so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das gilt übrigens auch für den Vereinssport. Wir wollen keine unnötigen Hürden aufbauen. Wir Sozialdemokraten setzen uns dafür ein, dass kommunale Sporteinrichtungen nicht zusätzlich belastet werden und ihre wichtige Arbeit fortführen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe zeigen wollen, dass Steuerpolitik mehr ist als nur eine Einnahmequelle. Sie ist Ausdruck unserer Solidarität, unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts in der Gesellschaft. Und mit dem Jahressteuergesetz setzen wir ein Zeichen für diese Form für soziale Gerechtigkeit und die Stärkung unserer Demokratie. Das ist einer der ernstzunehmenden Hintergründe eines solchen Gesetzes, den wir auch immer mitdiskutieren sollten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Markus Herbrand [FDP] – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Der Bart hat nicht geholfen! Besser wär’s, alte Bärte abzuschneiden! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Jetzt bin ich doch für eine Bartsteuer! Politik ohne Bart!)

Das Wort hat die Kollegin Caren Lay für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615454
Wahlperiode 20
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Jahressteuergesetz 2024, Wohngemeinnützigkeit
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