Jens TeutrineFDP - Sachleistungen statt Geldleistungen für Asylbewerber
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Mörseburg von der CDU/CSU hat über vieles gesprochen. Er hat über die Lage der Grünen gesprochen, über die Lage der FDP, darüber, mit welchen Koalitionen es mal gehen könnte, welche es nicht geben sollte. Er hat aber über eines nicht gesprochen:
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Über uns!)
über die Probleme im Land und, wie man sie löst. Er hat nicht über die Migrationspolitik gesprochen, weil er sich in Wahrheit schämt, weil er das Erbe von Frau Merkel immer noch im Herzen weiterträgt.
(Beifall bei der FDP – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sie regieren, Herr Teutrine! Sie regieren!)
Sie haben vieles kritisiert, was man scheinbar alles hätte früher machen müssen. Die Frage ist: Wieso haben Sie es eigentlich in Ihrer Regierungszeit nie gemacht?
(Zurufe von der CDU/CSU)
Die Bezahlkarte wurde von dieser Koalition eingeführt.
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Seit drei Jahren regieren Sie, Herr Teutrine! Sie haben das Bürgergeld eingeführt!)
Von dieser Koalition wurde ein späterer Übergang ins Bürgergeld eingeführt.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie tragen ein Sonderaufnahmeprogramm Afghanistan mit!)
Von uns werden zum nächsten Jahresbeginn die Regelsätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gesenkt. Wieso haben Sie das in Ihrer Regierungszeit nie gemacht?
(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU/CSU)
Wenn Sie jetzt beklagen, dass das zu spät komme, wenige Monate später: Wieso haben Sie es in Ihren Regierungsjahren nie umgesetzt? Das ist die eigentliche Frage, die Sie sich stellen müssen.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Anforderungen Staatsangehörigkeit abgesenkt! Spurwechsel!)
Selbstverständlich lohnt es sich, hier auch über die Migrationspolitik zu diskutieren. Unsere Partei – das sage ich auch ganz offen –, wir Freien Demokraten, sind nicht damit zufrieden, dass man tagtäglich in Deutschland beobachten kann, dass geltendes Recht nicht durchgesetzt wird. Nehmen wir den Fall in Solingen. Dieser Täter, der schwerste Verbrechen an anderen Menschen begangen hat, hätte gar nicht mehr hier sein dürfen, weil ein anderes Land für ihn zuständig war und das auch anerkannt hat. Aber die zuständige Behörde in Nordrhein-Westfalen, schwarz-grün regiert von Hendrik Wüst, hat nur einmal bei der Sammelunterkunft nachgeschaut und gefragt: Ist der Asylbewerber da, könnte er abgeschoben werden? – Er war nicht da, und dann hat man den Fall liegen gelassen. Aber das zerstört ja Vertrauen, wenn geltendes Recht schon nicht umgesetzt wird!
(Zurufe von der CDU/CSU)
Deswegen haben wir uns als Koalition den Fall in Solingen auch ganz genau angeguckt und uns gefragt: „Wie können wir Abschiebungen verbessern?“, aber auch die Frage gestellt: „Was machen wir sozialrechtlich?“ Der Antrag der AfD schlägt vor, dass ein Dublin-Flüchtling, der wie in diesem Fall gar nicht mehr in Deutschland hätte sein dürfen – das betrifft 10 000 Fälle in Deutschland –, weiterhin Sachleistungen bekommen soll. Wir schlagen vor, dass er gar keine Leistungen mehr kriegen soll.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Genau das steht im Gesetzentwurf der Bundesregierung: dass Personen, die kein Aufenthaltsrecht haben, überhaupt keine Leistungen mehr kriegen. Und das ist eine konsequentere Politik, als einfach Sachleistungen an alle auszugeben.
(Beifall bei der FDP)
Ein zweiter Punkt, in Bezug auf den die Sachleistungen nicht sinnvoll sind – und das wissen Sie auch –: Sie wollen eine Überforderung der Kommunen verhindern. Wir haben dieses Thema ja schon mal auf Initiative eines CDU/CSU-Antrags in einer Anhörung besprochen. So viel zu dem Thema, Sie können die Inhalte zum Thema Sachleistungen nicht tragen: Das Gleiche stand in Ihrem Antrag. Sie erinnern sich vielleicht. Jetzt lehnen Sie diesen Antrag ab.
(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Sie fanden nur die Überschrift doof!)
Aber das stand in Ihrem Antrag.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Nein!)
– Doch! – Und wir hatten eine Anhörung dazu. In Ihrem Antrag zum Asylbewerberleistungsgesetz, Herr Kollege Whittaker – Sie müssen nicht mit dem Kopf schütteln –,
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Ich schüttle den Kopf über Ihre faktenfreie Rede, Herr Teutrine!)
stand, dass Sie einen Vorrang für Sachleistungen wollen. Doch die Vertreter von Landkreistag und Städtetag haben gesagt: Das wollen wir gar nicht. Wir wollen viel lieber die Bezahlkarte, weil sie viel unbürokratischer ist, als jedem Einzelnen jeden Monat Sachleistungen auszugeben. – Die Vertreter von Städtetag und Landkreistag haben explizit gesagt, dass Sachleistungen sie bürokratisch überfordert würden und die Ausländerbehörden sich dann um Sachen kümmern müssten, wofür sie eigentlich gar keine Zeit haben.
Deswegen wollen wir die Bezahlkarte einführen.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Wie lange wollen Sie das schon? Lächerlich!)
Das Gesetz haben wir im Deutschen Bundestag beschlossen. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, liebe Kollegen von der CDU, die zuständig ist, hat ja in Wahrheit die Ausschreibung verschissen. Die Wahrheit ist ja, dass die Ausschreibung so verschissen wurde – auch unter Federführung einiger CDU-Länder –,
(Zurufe von der CDU/CSU)
dass es mehrere Klagen gab und sich die Einführung somit weiter verzögert hat. Wahrscheinlich kann die Bezahlkarte erst im nächsten Jahr eingeführt werden. Da kann man sich natürlich auch über bürokratische Hürden von Ausschreibungen unterhalten.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Wie sieht es denn in Bayern aus mit der Bezahlkarte? Seit drei Monaten haben wir die schon in Bayern!)
Aber die Wahrheit ist: Wir haben im Asylbewerberleistungsgesetz die Einführung der Bezahlkarte beschlossen,
(Jörn König [AfD]: Das ist der nächste Pull-Faktor!)
und Sie blockieren in den Ländern.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Heiße FDP-Luft ist das! Sonst nichts!)
Ihr Ministerpräsident Hendrik Wüst hat zum Beispiel gesagt, jede Kommune solle selbst entscheiden, ob die Bezahlkarte eingeführt werden soll.
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Regiert ihr eigentlich noch? – Maximilian Mörseburg [CDU/CSU]: Die FDP macht sich selber überflüssig!)
Hendrik Wüst hat gesagt, er wolle die Kosten der Bezahlkarte nicht tragen. Er hat gesagt: Wir machen das in Nordrhein-Westfalen für jede Kommune unterschiedlich. In Bielefeld gibt es eine Bezahlkarte, in Paderborn nicht. Und dann entscheiden die Geflüchteten selbst. – Es ist doch nicht sinnvoll, das so zu machen.
Wir machen es seriöser. Wir gehen gezielt vor. Wir wollen nicht, wie die Kollegin Klose richtiggestellt hat, alle Asylbewerber unter Generalverdacht stellen. Aber diejenigen, die strafbar werden, diejenigen, die ausreisepflichtig sind, diejenigen, die angeben, sie könnten sich in einem Land nicht aufhalten, weil sie verfolgt werden, dort aber Urlaub machen, sollen keine Sozialleistungen mehr in Deutschland bekommen. Und das werden wir als FDP mit dem Sicherheitspaket auch durchsetzen, weil das Vertrauen in die Migrationspolitik schafft.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der CDU/CSU und der AfD – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Herr Teutrine, das war nix! Die FDP ist dann weg! – Maximilian Mörseburg [CDU/CSU]: Die lachen über Sie! Dass Sie das nicht kapieren! Die Grünen lachen, weil Sie rausfliegen!)
Ihren Antrag, liebe AfD, lehnen wir ab; denn er ist keine Lösung des Problems. Wir freuen uns über mehr Sacharbeit und werden diese Debatte fortführen, auch im Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich bitte Sie, Kollege Teutrine, auch in weiteren Debatten, ob im Ausschuss oder hier im Plenum, sich doch einer parlamentarischen Ausdrucksweise zu befleißigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Mareike Lotte Wulf für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615464 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Sachleistungen statt Geldleistungen für Asylbewerber |