26.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 188 / Tagesordnungspunkt 9

Michael SchrodiSPD - Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Middelberg, diese Rede war ja nicht mal annähernd Mittelmaß. Es war eine Aneinanderreihung von Floskeln und Phrasen, ohne einmal konkreter auf die Gesetzentwürfe einzugehen oder selbst Dinge zu benennen, die Sie anders machen würden. Vor allen Dingen zeigte sich auch eine Teilamnesie bei den Dingen, die Sie selber in der letzten Legislaturperiode viel massiver wollten. Sie wollten beispielsweise eine massive Erhöhung der CO2-Preise. Da waren wir diejenigen, die gesagt haben: Wir wollen und müssen es sozialverträglich machen. – Das war eine schwache Vorstellung. Aber gut, dass Sie das so machen. Dann sehen die Bürgerinnen und Bürger, was Sie tatsächlich zu bieten haben, Herr Middelberg, nämlich relativ wenig.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Gehen wir doch mal auf die zentralen Anliegen ein, die wir hier umsetzen: erstens die Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern, von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, zweitens eine Wachstumsinitiative, die ordentlich Wumms hat, wenn Sie sich die Zahlen anschauen,

(Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])

und drittens – das ist nicht unwichtig – die Stärkung der Zivilgesellschaft.

Zum Ersten: die Entlastungen. Wir haben, Herr Middelberg, durch die steuerlichen Pakete, die wir in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben, bereits für eine Entlastung von insgesamt 50 Milliarden Euro gesorgt.

(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

Das umfasst die letzten Steuergesetze, den sogenannten Ausgleich der kalten Progression, den Grundfreibetrag, das Kindergeld und den Kinderfreibetrag sowie das Wachstumschancengesetz, das Sie als Union im Vermittlungsausschuss kleiner gemacht haben. Aber es waren insgesamt Entlastungen in Höhe von 50 Milliarden Euro. Und jetzt sind es in der Summe 21 Milliarden Euro an Mindereinnahmen des Bundes, sprich: an Geldern, an Finanzmitteln, die wir den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stellen, unter anderem durch Erhöhungen des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags und durch weitere Entlastungen bei der Einkommensteuer.

Dann muss man sich aber genau anschauen – der Finanzminister hat es gesagt und Studien genannt; auch ich habe mir Studien genau angeschaut –: Wie sind denn die Menschen durch die Krisen der letzten Jahre gekommen? Wer war von den Teuerungsraten härter betroffen, wer weniger? Besonders belastet waren diejenigen mit mittleren Einkommen, oftmals Familien, die – so die Studien – auch noch nicht voll von den Kaufkraftverlusten durch die hohen Teuerungsraten entlastet sind.

Wir haben an vielen Stellen die Kaufkraftverluste ausgeglichen. Sie sind ausgeglichen worden durch starke Lohnerhöhungen – da haben sich die Gewerkschaften ordentlich durchgesetzt –, auch durch Maßnahmen, die wir gemeinsam bei der Einkommensteuer und an anderen Stellen auf den Weg gebracht haben. Eine Überkompensation bzw. eine starke Kaufkraft haben wir aber bei höheren Einkommen. Wen wollen wir also jetzt entlasten? Wir müssen uns anschauen: Wo priorisieren wir? Und da sagen wir: Wir wollen diejenigen entlasten, die die Leistungsträger in diesem Land sind, also die Pflegekraft, die Alleinerziehende, den Handwerker. Das tun wir auch mit den Maßnahmen, die wir jetzt auf den Weg bringen.

Aber ich sage auch ganz deutlich: Auch Familien mit Kindern – ich habe sie gerade genannt – sind noch nicht vollständig von Kaufkraftverlusten entlastet; das ist noch nicht kompensiert. Deswegen ist es für uns wichtig, darauf zu schauen: Wie gehen wir beispielsweise mit der Frage des Kindergelds um? Da haben wir noch Gesprächsbedarf, auch innerhalb der Koalition.

Wir wollen, dass es am Ende nicht nur gerecht zugeht, sondern – und da sind wir sehr beim Bundesfinanzminister – dass es auch volkswirtschaftliche Wirkung hat. Denn die Stärkung der Kaufkraft der Menschen gerade in der Mitte dieser Gesellschaft bedeutet auch ein Ankurbeln der Binnennachfrage und damit eine Stärkung unserer Wirtschaft, unseres Wachstums. Auch deswegen bringen wir diese Pakete mit auf den Weg.

(Beifall bei der SPD)

Zum Zweiten: die Wachstumsinitiative. Wenn man sich umhört, was wesentliche Problemfelder der Wirtschaft sind, dann erfährt man: Es ist der Bereich der Investitionen, es ist der Fachkräftemangel, es ist der Bereich der Digitalisierung, es ist die Bürokratie. Ein Bürokratieentlastungsgesetz haben wir vor wenigen Stunden schon auf den Weg gebracht.

Zum Thema Investitionen. Wir wollen jetzt schnellere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten beschließen, damit Unternehmen Anreize haben, jetzt in die Zukunft zu investieren. Wir werden auch die steuerliche Forschungs- und Entwicklungsförderung noch einmal verbessern, damit hier gezielt Investitionsanreize gesetzt werden.

Und ja, auch das Thema Fachkräftemangel ist ein wesentliches, essenzielles für die Frage des Wirtschaftswachstums.

(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

Da kann man natürlich über die Frage ausländischer Fachkräfte reden. Das tun wir auch; wir haben auch einiges getan. Aber wie können wir auch das Potenzial heben, das wir hier in Deutschland, in unserer deutschen Bevölkerung haben, nämlich das Erwerbspotenzial von Frauen?

(Beifall der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Da ist es ein wichtiger Schritt, die Überführung der Steuerklassen III und V in die Steuerklasse IV hinzubekommen, damit die steuerliche Belastung innerhalb von Partnerschaften so gerecht verteilt wird, dass Frauen einen Anreiz haben, arbeiten zu gehen. Das wollen wir jetzt auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Falsch! Sie nehmen Geld weg!)

Zuletzt: Die Stärkung der Zivilgesellschaft wird wichtig. Eine Demokratie braucht eine starke Zivilgesellschaft. Deswegen wollen wir Rechtssicherheit für zivilgesellschaftliche Organisationen in der Abgabenordnung schaffen – ein Anliegen, das wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Auch das wollen wir tun. Wir sehen: Eine Demokratie lebt von einer starken Zivilgesellschaft. Sie wird von rechts oft angegriffen. Dass sie rechtssicher arbeiten kann, das wollen wir jetzt mit diesem Gesetz hinbekommen.

Insofern ist da vieles, was gut, was richtig ist und worauf ich mich in den weiteren Beratungen freue.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Frenetischer Applaus!)

Klaus Stöber für die AfD-Fraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615556
Wahlperiode 20
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum
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