26.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 188 / Tagesordnungspunkt 9

Olav GuttingCDU/CSU - Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute mit zwei Gesetzentwürfen, in denen es hauptsächlich darum geht, dass der Einkommensteuertarif angepasst wird und der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag angehoben werden. Ich rate Ihnen in der Ampel dringend, dass Sie Ihre Eigenlobhymnen darauf etwas gedämpfter absingen.

Denn erstens. Diese Anpassung – übrigens schon die zweite in diesem Jahr – ist schlichtweg Pflicht.

(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Richtig!)

Es ist verfassungsrechtlich geboten, dass Sie das Existenzminimum jeweils freistellen. Das ist zwingend. Dafür können Sie nicht ernsthaft einen Orden verlangen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Herbrand [FDP]: Das macht auch keiner! – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich brauche keinen Orden!)

Zweitens – deswegen wäre ich an Ihrer Stelle auch etwas sanfter –: Diese Minientlastung,

(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Minientlastung? Das ist falsch!)

die Sie hier anbieten, wird von der geplanten Verschiebung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Sozialversicherung mehr als aufgefressen. Leistungsträger in dieser Gesellschaft werden aufgrund dieser Verschiebung ab 2025 von bis zu 8 Prozent mehr ihres Gehaltes Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung bezahlen.

(Zurufe der Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU] und Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: So ist es!)

Das wissen die Menschen. Die merken das am Portemonnaie. Deswegen: Machen Sie den Leuten nicht ein X für ein U vor!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Entlastung beim Grundfreibetrag ist genau deswegen noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ich frage mich auch, ob man im Finanzministerium inzwischen das Rechnen verlernt hat. Warum müssen wir zweimal im Jahr Korrekturen am Grundfreibetrag durch Gesetzesänderungen vornehmen, und das weit in der zweiten Jahreshälfte? Das führt mit der Rückwirkung, die das ja impliziert, dazu, dass wir in den Betrieben bei der Lohnbuchhaltung noch mal enorme Kosten und enormen Aufwand haben. Das ist nicht das, was die Unternehmerinnen und Unternehmer und Arbeitgeber brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jan Wenzel Schmidt [AfD])

Mit diesen beiden Gesetzen soll ja nun die kalte Progression abgebaut werden. Endlich, kann ich da nur sagen. Wir aus der Unionsfraktion drängen seit Monaten darauf, dass diese Maßnahme kommt. Sie machen jetzt nach monatelangem Drängen den richtigen Schritt. Das begrüßen wir; denn die kalte Progression ist wie ein unsichtbarer Dieb, der den Menschen unbemerkt in die Portemonnaies greift. Deswegen haben wir ja auch in unserer Regierungszeit dieses Phänomen regelmäßig beseitigt.

(Michael Schrodi [SPD]: Wir auch! Alle zwei Jahre, Herr Gutting! Ganz normal!)

Geben Sie den Menschen zurück, was ihnen rechtmäßig zusteht!

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Herbrand [FDP]: Machen wir doch!)

Aber machen Sie es dann bitte auch vollständig. Denn bei den oberen Einkommensbeziehern soll ja die kalte Progression nach Ihren Plänen gerade nicht abgebaut werden. Das ist dann für diese Gruppe der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Wirklichkeit eine Steuererhöhung. Das müssen Sie dazusagen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Schrodi [SPD]: 277 000 Euro, Herr Gutting! Vielleicht trifft es ja Sie, aber die Mehrheit nicht!)

Mit Ihrem Steuerfortentwicklungsgesetz soll nun auch eine Untote, nämlich die Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungsmodelle, eingeführt werden – wieder mehr Bürokratie, wieder mehr Regulierung ohne nachweislichen Nutzen.

(Nadine Heselhaus [SPD]: Für 1 Prozent!)

Es gibt hier überhaupt kein Informationsdefizit. Wenn man sich damit befasst, wird einem das klar. Das ist also am Ende kein Steuerfortentwicklungsgesetz, sondern Sie schaffen damit ein Steuerbürokratieverwicklungsgesetz. Ich würde Ihnen dringend raten – ich hoffe, dass der Bundesrat da auch eine Korrektur vornimmt und eingreift –, diese Anzeigepflicht wieder rauszunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn es ist symptomatisch für diese Regierung, die ständig von Bürokratieabbau schwadroniert, dann aber genau das Gegenteil tut. Das ist hier das beste Beispiel. Das macht es uns so schwer, diesen Gesetzentwürfen zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Markus Herbrand für die FDP-Fraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615561
Wahlperiode 20
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta