Fritz GüntzlerCDU/CSU - Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zu Beginn der Debatte hat der Bundesfinanzminister darauf abgehoben, wie es in Deutschland aussieht, wie die Lage in Deutschland ist. Wir haben heute durch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erfahren dürfen, dass das Wachstum weiter nach unten geschraubt wird. Wir werden in 2024 bei minus 0,1 Prozent landen, also gar kein Wachstum mehr haben, sondern eine Rezession, und im Jahr 2025 noch 0,8 Prozent haben; vorher waren 1,3 Prozent prognostiziert. Weitere Schlagzeilen – das brauche ich Ihnen nicht zu sagen – sind: Stellenabbau bei VW, Standortverlagerungen usw.
Es geht um Dinge, die wir hier seit langer Zeit vorgetragen haben, zu denen uns die Ampel aber immer nur gesagt hat, wir würden den Standort schlechtreden. Ich fordere Sie letztendlich eigentlich nur dazu auf, mal in der Realität anzukommen und Ihre Maßnahmen darauf abzustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Denn Steuerpolitik, über die wir hier heute sprechen, ist ja auch Standortpolitik. Im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung ist auch nachzulesen, dass die zentrale Stellschraube für die Stärkung der Wachstumspotenziale die Steuerpolitik ist. Und Minister Habeck, den ich nicht in allem, was er so sagt, unterstütze, hat laut „tagesschau.de“ gesagt:
„Auch ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die [international] nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist.“
Das ist die Analyse, und darauf müssen wir die Politik aufbauen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Machen wir! – Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Genau!)
Da muss ich Ihnen ganz offen zu dem, was Sie hier vorlegen, sagen: Ich war dann leider doch – ich hatte größere Erwartungen, nachdem Kollegin Wegge gestern schon angekündigt hat, ich sollte doch noch einmal in das Steuerfortentwicklungsgesetz gucken; da kommen die großen Maßnahmen – bei dem nächtlichen Studium wieder enttäuscht, dass es auch hier nur letztendlich ein Klein-Klein gibt.
(Zuruf der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Denn die Reform, die wir in unserem Land brauchen, nämlich eine Unternehmensteuerreform, ist das beileibe nicht. Aber die müssen Sie langsam angehen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber Sie werden ja gar nicht mehr die Zeit dazu haben. Zum Glück haben ja auch wir als Union einen entsprechenden Antrag hier im Hause vorgelegt, sodass wir nach der Regierungsübernahme, die ja vielleicht schneller kommt als erwartet, dann auch die Reform einleiten können, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Die Fakten sind ja auch so: Wenn Sie auf die Steuerbelastungen schauen, dann stellen Sie fest, dass wir in Deutschland mittlerweile bei einbehaltenen Gewinnen eine Unternehmensteuerbelastung von weit über 30 Prozent haben. In der EU sind es 21 Prozent, in den OECD-Staaten 23,6 Prozent.
(Michael Schrodi [SPD]: Nominal oder effektiv?)
Dass das ein Wettbewerbsnachteil ist, sollte sich jedem erschließen.
(Michael Schrodi [SPD]: Nominal oder effektiv?)
Von daher müssen wir runter mit den Tarifen. Wir brauchen ein klares Signal nach außen. Die Steuertarife gerade für Unternehmen müssen gesenkt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nun zu den Dingen, die Sie hier ansprechen: Sammelposten. Ich weiß immer noch nicht – kann man machen –, wo der Wachstumsimpuls gesetzt werden soll, wenn wir Sammelposten einführen. Degressive Abschreibung ist ein gutes Instrument – das will ich nicht kleinreden –, das gilt auch für die Forschungszulage. Das sind ja die drei Maßnahmen aus der Wachstumsinitiative der Bundesregierung. Was mich gewundert hat, ist, dass die Steuerfreistellung der Überstunden dort nicht drinsteht. Die steht nämlich auch in der Wachstumsinitiative, aber nicht im Gesetz.
(Zuruf des Bundesministers Christian Lindner)
– Ach, kommt noch, Herr Minister. Gut, dann haben Sie alles umgesetzt in diesem Gesetz.
(Michael Schrodi [SPD]: Es gibt ja Formulierungshilfen!)
Aber dennoch sage ich Ihnen: Das reicht nicht.
Sie haben zu Recht, Herr Minister, eine Kommission eingesetzt für die Vereinfachung der Unternehmensteuer, die im Juli, wie ich finde, auch gute Ergebnisse vorgelegt hat. Ich würde Ihnen jetzt empfehlen, den Antrag der CDU/CSU-Fraktion neben die Ergebnisse dieser Kommission zu legen. Sie werden dann sehen, wenn Sie Mengenlehre in der Schule hatten,
(Markus Herbrand [FDP]: Der war nicht schlecht!)
dass es dort eine große Schnittmenge zwischen diesen beiden Konzepten gibt. Von daher sind wir eigentlich auf einem guten Weg, und ich danke dem Ministerium dafür, dass die das auch noch einmal bestätigt haben, was wir aufgeschrieben haben, sodass der Zustimmung jedenfalls der FDP doch nichts mehr im Wege stehen dürfte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Was mich aber enttäuscht, ist, dass die Punkte, die dort aufgeführt sind und nach einer Antwort der Bundesregierung konsequent umgesetzt werden sollen, nicht umgesetzt werden: Verbesserungen des Optionsmodells der rechtsformneutralen Besteuerung? Fehlanzeige. Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes? Fehlanzeige. Modernisierung der Gewerbesteuer? Fehlanzeige. Ausweitung des Verlustvortrages? Fehlanzeige.
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir im März beschlossen!)
Und so weiter, und so weiter. Sie setzen eigentlich nichts um. Aber besonders ist, dass diese Kommission sagt, wir müssen weniger bei den Anzeigen und Mitteilungspflichten machen. Und was macht dieses Ministerium? Es schreibt diese innerstaatlichen Anzeigepflichten wieder ins Gesetz,
(Michael Schrodi [SPD]: Wie war das denn im Bundesrat?)
die wirklich nur ein Bürokratiemonster sondergleichen sind.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Von daher nehmen Sie leider in Ihrem Hause nicht ernst, was Sie von Experten erarbeiten lassen. Das finden wir sehr schade. Das werden wir ändern. Aber vielleicht kommen ja noch ganz viele Formulierungshilfen, –
Lieber Herr Güntzler!
– die all diese Dinge aufgreifen. Wir würden uns darüber freuen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Schrodi [SPD]: Rede doch mit Deinen Ländern!)
Und für die SPD-Fraktion hat Nadine Heselhaus das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615571 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum |