Sebastian BrehmCDU/CSU - Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungskoalition hat heute Gesetzentwürfe vorgelegt, die die verfassungsrechtlich gebotenen Anpassungen am Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag vornehmen; das ist in Ordnung und verfassungsrechtlich, wie gesagt, auch vorgegeben. Aber darüber hinaus gibt es Einzelmaßnahmen, die Vorsätze aus Ihrem Koalitionsvertrag und Maßnahmen aus Ihrer sogenannten Wachstumsinitiative durchsetzen wollen. Einige kleine Punkte sind brauchbar, aber ein großer Wurf ist es bei Weitem nicht.
(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Sie feiern sich heute – für die Wirtschaft ist es ein Tropfen auf den heißen Stein.
Es ist, lieber Herr Lindner, wirklich abenteuerlich. Es kommt mehr Bürokratie mit diesem Gesetz, nämlich durch die Wiedereinführung der Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungsmodelle. Wir hatten das im Vermittlungsausschuss einvernehmlich herausverhandelt, und jetzt kommt es über die Hintertür wieder rein. Dafür kriegen Sie von uns keine Zustimmung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Ein Foul ist das!)
Sie sagen immer, Sie entlasten Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich möchte mich mal auf einen Punkt beschränken, und zwar auf die Abschaffung der Steuerklassenwahl III/V, die nun durch die Steuerklassen IV/IV ersetzt werden. Sie benachteiligen mit diesem Gesetz ganz gezielt Familien mit Kindern.
(Michael Schrodi [SPD]: Nein! – Gegenruf von der CDU/CSU: Doch!)
Denn zur Berechnung des Elterngeldes wird das Nettoeinkommen desjenigen, der die Kinder betreut, herangezogen. Deswegen entscheiden sich Ehepaare ganz bewusst für die Steuerklassenkombination III/V, damit eben mehr Nettoeinkommen und mehr Elterngeld berechnet werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das gilt eben nur für Familien mit einem Einkommen bis zu 175 000 Euro; bei einem Einkommen darüber gibt es ja kein Elterngeld. Insofern richten sich diese Änderungen an die Familien mit kleinen und mittleren Einkommen.
Genau diese Familien beschneiden Sie jetzt und nehmen ihnen das Geld weg. Ich nenne Ihnen, weil Sie es nicht glauben, ein Rechenbeispiel. Eine Erzieherin mit einem Bruttogehalt von 3 000 Euro bekommt in der Steuerklasse III ein Nettogehalt von 2 312 Euro; das Elterngeld beträgt 1 502 Euro. In der Steuerklasse IV ist das Nettogehalt 2 055 Euro – das sind 257 Euro weniger –, und das Elterngeld beträgt 1 336 Euro. Das sind 166 Euro weniger Elterngeld pro Monat. Das sind im Jahr 1 992 Euro. Sie nehmen den Familien damit mindestens ein Monatsgehalt ab. Das ist doch keine Entlastung der Familien mit Kindern, das ist eine Belastung der Familien mit Kindern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das ist Ampelpolitik! Ampel macht ärmer! So sind sie!)
Sie nehmen den Kindern und den Eltern mit diesem Gesetz ein Nettomonatsgehalt ab. Damit bewirken Sie genau das Gegenteil von dem, was Sie behaupten. Sie beschneiden die Familien mit kleinen und mittleren Einkommen in diesem Land und sorgen dafür, dass weniger Netto vom Brutto übrig bleibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das werden wir nicht mitmachen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie werden es nicht schaffen, Ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen mit steuerpolitischen Maßnahmen durchzusetzen. Es ist die Wahlfreiheit der Ehegatten, die Steuerklassen zu wählen. Ob III, IV oder V, das können doch die Eltern selber entscheiden.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: So ist es! Immer diese Erziehung durch die Grünen!)
Lassen Sie die Wahlfreiheit bei den Ehegatten, und nehmen Sie diese Wahlfreiheit nicht weg! Sie nehmen den Menschen mit Kindern ein Nettomonatsgehalt ab.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)
Das ist die Wahrheit über dieses Gesetz. Deswegen muss dringend nachgebessert werden. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie die Familien, die unseren Respekt, unsere Anerkennung, aber auch unsere Unterstützung gerade in Zeiten steigender Kosten brauchen, weiter belasten. Wir werden da nicht zustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörn König [AfD] – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Endlich mal Fakten! – Sascha Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie rechnen da einfach falsch!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615581 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Fortentwicklung des Steuerrechts, Existenzminimum |