26.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 188 / Zusatzpunkt 3

Esra LimbacherSPD - Deindustrialisierung Deutschlands

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Nachwahlbefragung bei der Landtagswahl in Brandenburg hat, wie ich finde, Erstaunliches gezeigt.

(Jörn König [AfD]: 75 Prozent der SPD-Wähler haben taktisch gewählt!)

Denn da wurde gefragt: Welches Thema spielt für Ihre Wahlentscheidung eigentlich die größte Rolle? Und dabei kam etwas heraus – und da sollten Sie mal zuhören –, was selbst die AfD offensichtlich heute nervös gemacht hat: Nicht etwa Migration oder Zuwanderung waren die Topthemen, nein, an erster und zweiter Stelle standen „soziale Sicherheit“ und „eine gute wirtschaftliche Entwicklung“.

(Enrico Komning [AfD]: Deshalb gibt es heute den Antrag!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Grund, warum die AfD heute nervös von Wirtschaftspolitik schwadroniert,

(Jörn König [AfD]: Wir sind nicht nervös! Wir sind bei 30 Prozent plus!)

ist doch, dass Sie komplett blank sind bei diesem Thema. Sie haben überhaupt nichts anzubieten. Und das haben Sie in Ihrem Wortbeitrag heute wieder einmal unter Beweis gestellt. Vielen Dank für den Hinweis.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bernd Schattner [AfD]: Sagt der Sozialist!)

Sie haben den Menschen gar nichts anzubieten, wenn es darum geht: Wie sichern wir in wirtschaftlich offensichtlich stürmischen Zeiten die Arbeitsplätze in der Industrie und im Mittelstand in unserem Land? Da haben Sie gar nichts auf der hohen Kante.

Ich will mal ein Zitat zur Wirtschaftspolitik der AfD beisteuern: Die Wirtschaftspolitik der AfD ist gegen die Interessen der mittelständischen Familienunternehmen gerichtet und gefährdet damit Millionen von Arbeitnehmern und Auszubildenden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörn König [AfD]: Gestelltes Statement! – Enrico Komning [AfD]: So ein Blödsinn! – Dr. Harald Weyel [AfD]: Sonderangebot von Edeka!)

Das sage nicht ich, sondern der nicht gerade als sozialdemokratisch einzustufende Verband Die Familienunternehmer.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Hört! Hört!)

Dieser Verband stuft Ihre Politik als wirtschaftsfeindlich ein, und ich finde, er hat recht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die AfD ist wirtschaftsfeindlich, weil sie Kitaplätze und Ganztagsschulen reduzieren will. Das ist aber genau das Gegenteil von dem, was die Wirtschaft und was junge Familien in Deutschland fordern.

(Bernd Schattner [AfD]: Schon mal im Leben gearbeitet? Offensichtlich nicht!)

Mit Ihrer Politik nehmen Sie diesen Familien die Wahl, eine Karriere zu verfolgen und ein zweites Einkommen zu erhalten.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Ein Zweiteinkommen neben dem Bürgergeld!)

Und Sie verschärfen damit den Fachkräftemangel, sodass die Wirtschaft Aufträge ablehnen muss.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut auf den Punkt gebracht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen – ich sage es deutlich, damit es auch die AfD versteht –: Das führt zum Schrumpfen der Wirtschaft und nicht zu Wachstum.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jörn König [AfD]: Zum Schrumpfen führt Ihre Politik!)

Die AfD ist wirtschaftsfeindlich; denn eigentlich wollen Sie die EU verlassen. Dass Deutschland dann aber auch den europäischen Binnenmarkt verlassen müsste,

(Jörn König [AfD]: Das ist doch völliger Quatsch!)

ist Ihnen entweder nicht bewusst, oder – noch schlimmer – es ist Ihnen vollkommen egal. Mit dem Brexit haben wir seit einigen Jahren ein Beispiel für Ihre Politik, und das zeigt: Ohne den europäischen Binnenmarkt würden wir einen riesigen Teil unseres Wohlstandes verlieren.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Die Briten hungern! Großbritannien steht schon unter Wasser!)

Sie sind wirtschaftsfeindlich, weil Sie unsere exportorientierte Wirtschaft von dem mit Abstand wichtigsten Handelsraum abkoppeln wollen. Das ist wirtschaftsfeindlich. Das unterstützen wir nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jörn König [AfD]: Wir wollen die EWG der 90er-Jahre zurück!)

Und nicht zuletzt ist die AfD wirtschaftsfeindlich, weil sie versucht, jedes auch nur denkbare Thema auf irreguläre Migration zu verengen,

(Jörn König [AfD]: In dem Antrag steht gar nichts zur Migration!)

zum Beispiel den Fachkräftemangel, der eine echte Bedrohung für unsere Volkswirtschaft ist. In Ihrem letzten Wahlprogramm behaupten Sie doch tatsächlich, der Fachkräftemangel – ich zitiere – sei eine bloße Behauptung einiger Wirtschaftsverbände und Lobbyisten. Ich frage mich ehrlich, wann Sie das letzte Mal in irgendeinem Unternehmen gewesen sind. Wenn Sie vor Ort gewesen wären, hätten Sie erfahren, dass das eines der drängendsten Probleme für die Wirtschaft in unserem Land ist.

(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Enrico Komning [AfD]: Wir betreiben Unternehmen! – Dr. Harald Weyel [AfD]: Und mit unbegrenzter Migration würde das gelöst werden?)

Offensichtlich haben Sie überhaupt keine Ahnung, wovon Sie reden. Denn sonst wüssten Sie es besser und müssten nicht so etwas behaupten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es geht weiter. Ich will noch ein paar Beispiele bringen. Sie tragen Ihre fehlende Wirtschaftskompetenz und Unwissenheit immer wieder ganz offen zur Schau. In Ihrem Wahlprogramm benennen Sie ausgerechnet Japan als Positivbeispiel, wie man Fachkräfte ausschließlich im eigenen Land rekrutieren kann. Ausgerechnet Japan hat aber mit einer viel zu alten Bevölkerung, mit wenig Nachwuchs und mit eben viel zu wenig Fachkräften zu kämpfen.

(Jörn König [AfD]: Ja! Aber die haben keine Messerstecher!)

Und das ist auch der Grund, warum Japan den Platz als drittgrößte Volkswirtschaft vor nicht allzu langer Zeit verloren hat. Und jetzt können Sie mal raten, an wen. Richtig, an die Bundesrepublik Deutschland. Die ist nämlich jetzt die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das liegt doch an der Währung! Das ist jetzt aber der allerletzte Strohhalm!)

Also, ganz so schlimm scheint es noch nicht zu sein, wie Sie heute behauptet haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Diesen Weg wollen wir weitergehen.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Erhöhung des Flaschenpfands!)

Wir wollen, dass Betriebe mit ausreichend Arbeitskräften in Deutschland wirtschaften können und Menschen dank ihrer Arbeit eine gute Rente erhalten, von der sie auch leben können.

Zum Abschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich als Sozialdemokrat ganz bewusst sagen: Wir waren es gewesen, die in der Vergangenheit immer dafür gekämpft haben – und das gilt auch aktuell –, dass die Industrie in Deutschland eine Zukunft hat.

Vielen Dank.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Das wird auch so bleiben, auch gegen jeden Widerstand. Dafür kämpfen wir.

Vielen Dank und Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. – Stefan Rouenhoff hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gib alles!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615587
Wahlperiode 20
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Deindustrialisierung Deutschlands
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