Alexander BartzSPD - Deindustrialisierung Deutschlands
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „ Neue Sitzungswoche, neues Glück“, denkt sich die AfD und schmeißt, wie auf Bestellung, mit immer wieder gleichen Untergangsszenarien um sich. Deindustrialisierung hier, Bevormundung da – man kann es wirklich nicht mehr hören!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zu Beginn deshalb ein ganz kurzer Faktencheck. Unsere Wirtschaft braucht günstige Energie. Deshalb treibt unsere Regierung den Ausbau von erneuerbaren Energien so massiv voran und geht eben nicht zurück zur Atomkraft; denn Atomkraft ist und bleibt teuer subventioniert, und das wäre das Gegenteil von nachhaltiger Planungssicherheit, liebe AfD.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Bernd Schattner [AfD]: Das sehen alle anderen in Europa anders!)
Mit dem neuen Bürokratieentlastungsgesetz bauen wir Bürokratie ab, sodass wir alle – die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmerinnen und Unternehmer – danach sehr viel Zeit und Geld sparen werden. Ich glaube, das ist jedem, der sich das wirklich anschaut, klar. Dekarbonisierung des Gebäudesektors, Wachstumschancengesetz, Wachstumsinitiative, man könnte so weiter machen.
Sie aber werfen der Ampel vor, die deutsche Wirtschaftsordnung aus den Augen zu verlieren. Richtig ist doch: Wir ermöglichen unserer Wirtschaft durch eine nachhaltige Transformation, auch langfristig Erfolg zu haben; denn unsere Lebensrealität wandelt sich mit hoher Geschwindigkeit.
Das beste Beispiel erleben wir gerade in meinem Heimatbundesland Niedersachsen mit VW. Die dortige Krise hat sicherlich mehrere Ursachen. Aber ein ganz zentraler Punkt ist doch, dass man hier die Strategien für Elektromobilität nicht konsequent genutzt und weiterentwickelt hat. Bis heute gibt es immer noch kein preiswertes E-Modell von VW, das sich die Otto-Normalverbraucher-Familie wirklich leisten kann. Auch deshalb brechen Marktanteile weg, sowohl vor Ort wie auch auf dem chinesischen Markt, wo E-Mobilität eigentlich boomt. Die Leute fahren E-Autos, kaufen aber lieber die günstigeren chinesischen Modelle. Man hat bei VW eben nicht ausreichend auf den Markt der Zukunft gesetzt.
Wie schnell wir das Ruder dort herumreißen können, das kann man aktuell sicherlich noch nicht sagen. Aber was man definitiv sagen kann: Wenn hier die AfD an der Regierung wäre und mit ihrer rückwärtsgewandten Politik bei VW das Sagen hätte und an Verbrennertechnologien festhalten würde, dann könnte man bei VW innerhalb von kürzester Zeit das Licht ausmachen und sicherlich wieder die Pferde vor den Karren spannen. Das braucht wirklich niemand, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Welcher deutsche Industriezweig würde denn mit der AfD wirklich besser dran sein?
(Enrico Komning [AfD]: Alle!)
Vielleicht die Kubotan-Produktion. Das kann Ihre Kollegin aus Brandenburg sicherlich gerade sehr gut erläutern. Aber abgesehen davon: Fehlanzeige! Und das sage nicht nur ich, sondern das sagt auch die Wirtschaft. „ Ost-Unternehmen fürchten die AfD“, hat noch vor Kurzem „Der Spiegel“ getitelt.
(Zurufe der Abg. Bernd Schattner [AfD] und Beatrix von Storch [AfD])
Rund 900 Unternehmen haben in Umfragen ihre Sorgen und Nöte geäußert. Und diese Sorgen sind berechtigt – was man sieht, wenn man sich Ihr Programm anschaut.
Sie beklagen den Fachkräftemangel in unserer Wirtschaft, bekämpfen aber jegliche Förderung von Einwanderung.
(Leif-Erik Holm [AfD]: Die illegale Masseneinwanderung!)
Sie reden davon, deutsche Arbeitsplätze bewahren zu wollen, und ignorieren dabei, dass diese Arbeitsplätze erst einmal besetzt werden müssen.
(Leif-Erik Holm [AfD]: Das stimmt doch gar nicht! – Enrico Komning [AfD]: 2 Millionen zwischen 18 und 30 sind arbeitsfähig! 2 Millionen!)
Und auch Ihre europäische Haltung ist ein großes wirtschaftliches Risiko. Wir sind eine Exportnation. Wir brauchen funktionierende Binnenmärkte, offene Grenzen, und wir brauchen auch ausländische Arbeitskräfte, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Wir brauchen auch Parteien, die Freihandelsabkommen wollen!)
Ein Austritt aus der EU würde uns 690 Milliarden Euro an Wirtschaftswachstum und 2,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Job kosten. Aber genau solche völlig unreflektierten Forderungen sind Ihre Wachstumsideen für die deutsche Wirtschaft.
Schon zur Europawahl haben namhafte Konzerne wie thyssenkrupp, wie Henkel, wie die Deutsche Bank ausdrücklich gesagt: Wir wollen mit der AfD nichts zu tun haben.
(Zuruf des Abg. Bernd Schattner [AfD])
Meine Damen, meine Herren, Sie merken, ich erzähle nichts Neues. Ich bleibe aber dabei: Die AfD ist pures Gift für unsere Wirtschaft und unsere Unternehmen, und unsere Unternehmen wissen das.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Abg. Beatrix von Storch [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Ich würde dringend empfehlen, dass sich die sogenannte Alternative häufiger mal auf wissenschaftliche Fakten einlässt. Ich will nicht damit anfangen, zu erklären, warum ein möglichst klimaneutrales Wirtschaften so sinnvoll ist. Das hat nämlich nichts mit grüner Ideologie zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand, meine Damen und Herren.
Die Transformation unserer wirtschaftlichen Strukturen ist unbequem, und sie tut auch manchmal weh. Aber sie ist notwendig. Und deshalb bin ich froh, dass sich unsere Regierung eben nicht zu schade ist, die Ärmel hochzukrempeln, Ihr Gejammer auszuhalten, und das tut, was notwendig ist. So funktioniert verantwortungsvolle Politik, meine Damen und Herren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615592 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Deindustrialisierung Deutschlands |