Marco WanderwitzCDU/CSU - Filmförderungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag der Ampel vom 24. November 2021:
(Martin Rabanus [SPD]: Das ist immer gut! Da stehen lauter gute Sachen drin!)
„Mit der Filmförderungsnovelle wollen wir die Filmförderinstrumente des Bundes und die Rahmenbedingungen des Filmmarktes neu ordnen, vereinfachen und transparenter machen, in enger Abstimmung mit der Filmbranche und den Ländern. Wir prüfen die Einführung von Investitionsverpflichtungen und steuerlichen Anreizmodellen und schaffen gesetzliche Rahmenbedingungen, um die steuerliche Behandlung von Filmkoproduktionen rechtssicher zu gestalten. Kinos und Festivals fördern wir verlässlich und bewahren unser nationales Filmerbe.“
(Thomas Hacker [FDP]: Ein sehr guter Koalitionsvertrag, Herr Kollege!)
Liebe Frau Staatsministerin, das ist eine Passage, die auch in einem Koalitionsvertrag stehen könnte, den die CDU/CSU unterschrieben hat. Da sind wir uns sehr einig.
(Beifall der Abg. Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Thomas Hacker [FDP] – Martin Rabanus [SPD]: Super! Wunderbar! – Michael Sacher [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bravo! Gute Rede!)
Bevor ich auf den Koalitionsvertrag und dessen Umsetzung zurückkomme, erzähle ich ein kleines bisschen was zur jüngeren Historie der Filmförderung. Wir haben hier ja immer Zuschauerinnen und Zuschauer, und der eine oder die andere schaltet bei unseren Debatten auch mal ein. Ich erlebe als Fachpolitiker immer wieder, dass nicht jede und jeder gleich weiß, was Filmförderung eigentlich ist.
Seit 1967 gibt es das Filmförderungsgesetz; seit 1968 gibt es die Filmförderungsanstalt. Das Ganze ist damals entstanden, als die deutsche Filmwirtschaft in einer schweren Krise war. Es gab regelmäßig Novellen; es gab Dinge, die eine besondere Erwähnung verdienen, wie beispielsweise die Etablierung der Filmförderfonds unter Staatsminister Bernd Neumann 2007 oder die Einrichtung des German Motion Picture Fund 2015 – seinerzeit angelegt im Wirtschaftsministerium –, der serielle Formate fördert.
Wir haben über die Jahre dynamische Entwicklungen erlebt, beispielsweise die Digitalisierung des Films und der Kinos und als Letztes das Aufkommen der Streamer, bei denen vor einigen Jahren noch keiner gedacht hätte, dass das die nächste Wendung sein würde.
Alle paar Jahre besteht mal wieder die Notwendigkeit für große Novellen in diesem Bereich, weil die anderen um uns herum – in unserem Fall beispielsweise unsere Nachbarländer Österreich und Tschechien – nicht untätig sind und weil der Filmmarkt sehr international ist. Es geht um die Rahmenbedingungen.
Dann kam die große Coronapandemie, die insbesondere die Filmwirtschaft und die Kinos arg gebeutelt hat. Deswegen ist die notwendige Novelle ein Stück weit hinausgeschoben worden. Wir haben die Geltungsdauer des Filmförderungsgesetzes in der vergangenen Legislaturperiode verlängert. Sie ist nun in dieser Wahlperiode ein weiteres Mal verlängert worden, bis Ende 2024. Die Branche leidet; es ist ganz schön Druck im Kessel.
Nun beraten wir heute in erster Lesung über die große Novelle zum Filmförderungsgesetz. Sie ist eine der vier Säulen der Bundesförderung, die wir in diesem Bereich haben. Hier geht es nicht um Steuergeld, sondern um die sogenannte Filmabgabe. Wir geben den gesetzlichen Rahmen, der festlegt, wie die Branche Geld kriegt und wie es hinterher für Produktion, Absatz und Abspiel sinnvoll ausgegeben wird. Daneben gibt es die Regionalförderungen der Länder.
Frau Staatsministerin, die Novelle enthält sehr viel Gutes, und insofern will ich ausdrücklich Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, dass der im Parlament vorliegende Entwurf der FFG-Novelle eine gute Grundlage für unsere parlamentarische Arbeit ist.
Jetzt kommt ein kleines bisschen Kritik. Der Koalitionsvertrag ist vom 24. November 2021; jetzt sind wir im September 2024. Jetzt müssen wir mehrere Gänge hochschalten, damit wir das in dieser Wahlperiode noch zu Ende bringen. Für meine Fraktion kann ich sagen: Wir sind gutwillig. Wir müssen im parlamentarischen Verfahren an einigen Punkten noch ein bisschen schleifen.
Ich will den einen oder anderen ansprechen. Die Abgabe der Kinos, der größten Einzahlergruppe, soll – ein wichtiger Punkt – nach dem Vorschlag, der uns vorliegt, steigen. Wir müssen noch darüber sprechen, ob die Steigerungsraten vielleicht ein bisschen zu hoch sind, wie wir sie berechnen und ob es die großen, ob es die kleinen, ob es die Kinos im ländlichen oder im städtischen Raum sind, die be- oder entlastet werden. Da ist auf meinem Zettel noch das eine oder andere Fragezeichen.
Wir müssen über das Thema Sperrfristen reden. Filme, die gefördert sind, werden nicht irgendwie irgendwo abgespielt, sondern sie werden ausgewertet, und zwar zuallererst im Kino. Dann kommen nachgelagerte Auswertungsstufen. Die Branchenteilnehmer, insbesondere die Kinos, haben sich unter großen Schmerzen im Rahmen einer sogenannten Branchenvereinbarung darauf geeinigt, wieder einen Schritt der Weiterentwicklung in dieser Sperrfristendebatte zu gehen, die uns so lange begleitet, wie das FFG alt ist. Jetzt gibt es den Vorschlag, dass wir, relativ kurz nachdem diese Branchenvereinbarung in Kraft getreten ist, hier gesetzlich nachsteuern, zulasten der Kinos. Auch da ist noch ein Fragezeichen; das überzeugt mich so noch nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir müssen über die Ersetzungsbefugnis der Sender, sowohl der öffentlich-rechtlichen als auch der privaten, für einen Teil der Abgabe durch sogenannte Medialeistungen sprechen. Das ist Werbung für Filme; das ist Werbung fürs Kino. Da das eine ordentliche Hebelwirkung entfaltet, wenn die Sender diese Medialeistungen nutzen, bin ich noch nicht ganz überzeugt davon, dass es eine gute Idee ist, diese ganz abzuschaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir müssen, Frau Staatsministerin – auch darüber haben Sie gesprochen –, über die Stärkung des Verleihs reden. Die Medialeistungen sind dabei ein wichtiger Punkt; aber wir müssen auch insgesamt noch mehr zur Stärkung des Verleihs beitragen. Wir müssen darüber reden, ob in der neuen automatischen Referenzförderung Filme förderfähig sind, die sich vor allen Dingen auf Festivals ihre Punkte zusammensammeln, ohne dass es eine Zuschauerschwelle für Kinoauswertung gibt. Auch da besteht aus meiner Sicht ein großes Fragezeichen; denn ich weiß nicht, ob Filme, die kein Kinopublikum erreichen, wirklich förderfähig sein können. Wir werden sehen.
Wir müssen über den Erhalt des deutschen Filmerbes sprechen, auch im Bereich der FFA. Ich begrüße ausdrücklich den Diversitätsbeirat mit allen seinen Ausprägungen. Eine Gruppe ist sicherlich schon an uns alle herangetreten und hat uns überzeugt, auch die autochthonen Minderheiten und regionalsprachlichen Gruppen einzubeziehen.
(Beifall des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Die parlamentarische Arbeit beginnt jetzt. Am 7. Oktober steht eine große Anhörung an. Wir haben eine ganze Menge vor.
Die zweite Säule ist die kulturelle Filmförderung; die Staatsministerin hat sie angesprochen. Sie ist steuerfinanziert und soll bei der FFA angesiedelt werden; das ist gut. Wir müssen nur noch über die weitere Ausgestaltung sprechen.
Die dritte Säule ist die investive Förderung der Kinos – abseits der Kinoförderung im FFG – mit Steuergeld. Dafür gab es die letzten Jahre das bewährte Zukunftsprogramm Kino. Warum brauchen die Kinos das? Weil es nicht nur die großen Multiplexe in Städten wie Berlin gibt, sondern weil es kleine Kinos, Arthouse-Kinos, kommunale und mittelständische Kinos im ländlichen Raum gibt. Sie schaffen es als Unternehmen nicht in allen Fällen, von sich aus die Investitionen zu stemmen, die man braucht. Wir haben ihnen seinerzeit zum Beispiel mit der Digitalisierungsförderung unter die Arme gegriffen, und es spricht vieles dafür, dass wir das weiterhin mit Steuermitteln für die Investitionsförderung tun sollten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
So steht es ja auch im Koalitionsvertrag vom 24. November 2021. Aber im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2025 steht da leider eine Null. Das sollten wir gemeinsam im parlamentarischen Verfahren mit einer Zahl vor der Null versehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Die vierte Säule ist derzeit die steuerliche Förderung des Wirtschaftsgutes Film durch den DFFF und den German Motion Picture Fund. Es liegt der mutige neue Vorschlag auf dem Tisch, ein international konkurrenzfähiges Steueranreizmodell zu schaffen. Einziger Haken: Das können wir als Bund sinnvoll nicht allein tun; dazu brauchen wir auch die Länder. Die Länder sind gutwillig, wollen natürlich ihre bewährten Regionalförderungen gleichwohl behalten. Deswegen gibt es intensive Gespräche zwischen Bundesregierung und Bundesländern. An die Beteiligten möchte ich appellieren: Bitte bringt die Reform der Förderung bald zu einem guten Ende! Denn wir können das parlamentarische Verfahren zum Filmförderungsgesetz nur sinnvoll abschließen, wenn zumindest für das Steueranreizmodell und die damit zusammenhängende Investitionsverpflichtung und Rechteteilung, die wir ausdrücklich begrüßen, ein Gesetzentwurf in Form eines Kabinettsbeschlusses auf dem Tisch liegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die parlamentarische Arbeit. Filmförderung ist einer der schönsten Bereiche in der Kulturpolitik.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Wanderwitz. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Michelle Müntefering, SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615669 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Filmförderungsgesetz |