26.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 188 / Tagesordnungspunkt 12

Oliver KaczmarekSPD - Sachverhaltsaufklärung der Fördermittel-Affäre

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich den Sachverhalt ansieht, über den wir heute zum x-ten Mal und seit Monaten sprechen, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinlich tatsächlich eine Kette von Fehlern ist, die am Ende dazu geführt haben, dass dieser politische Schaden entstanden ist. Ich will nur drei davon benennen:

Erstens. Die rechtliche Überprüfung von kritikwürdigen Meinungsäußerungen von Hochschullehrenden darf nicht zum Regelinstrument eines Bundesministeriums werden;

(Nicole Gohlke [Die Linke]: Es darf gar kein Instrument sein!)

denn es ist dafür nicht zuständig. Offensichtlich war das der Ausgangspunkt für weitere Spekulationen, für Fantasien und Maßnahmen, die danach angeregt worden sind.

Zweitens. Das Anfordern von Listen, ob Fördermittel des BMBF an die Unterzeichner gegangen sind, widerspricht nicht nur der Wissenschaftsfreiheit, sondern auch dem Geist und den Grundsätzen freier Gesellschaften und darf sich schon allein deshalb nicht wiederholen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Natürlich hätten wir uns als SPD frühere und umfassendere Transparenz gewünscht – das ist ja auch nicht geheim geblieben –; denn das Nichtkommentieren von Berichterstattungen hat eben auch dazu geführt, dass nichts dementiert worden ist. Im Ergebnis ist es so, dass fehlende Krisenkommunikation am Ende Sachverhalte manchmal größer machen kann.

Im Ergebnis gibt es deshalb einen erheblichen politischen Schaden für die Wissenschaftspolitik, natürlich für die Ministerin, und es liegt auch in ihrer Verantwortung. Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, was das jetzt eigentlich in der nächsten Zeit, im nächsten Jahr für uns bedeutet. Denn seit Wochen und Monaten beschäftigen wir uns mit dem Thema. Es gibt eigentlich nichts Neues; das werden wir auch heute wahrscheinlich feststellen. Die Opposition verliert auch so langsam die Lust; ein Untersuchungsausschuss wird nicht gefordert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sollen wir?)

Dabei gerät uns aus dem Blick, was jetzt eigentlich zu tun ist, nämlich aus unserer Sicht, dass wir uns jetzt Gedanken darüber machen, wie wir das Vertrauen in die Wissenschaftsfreiheit und in die Institutionen, die für Wissenschaftsfreiheit einstehen, wahren und da, wo es notwendig ist, wiederherstellen können. Das heißt, die Frage ist: Was lernen wir eigentlich aus der ganzen Sache? Ich will aus der Sicht der SPD vier Punkte benennen:

Erstens. Vertrauen in die Wissenschaftsfreiheit ist die wichtigste Währung für die Wissenschaftspolitik. Deshalb ist es wichtig, dass solche Vorgänge sich in den Institutionen nicht wiederholen, dass nicht einmal der Anschein erweckt wird, dass sie sich wiederholen könnten. Ich will an der Stelle ausdrücklich sagen: Ja, die Beamtinnen und Beamten im Haus haben davor gewarnt. Deswegen ist es kein strukturelles Problem im Haus, sondern die engste Führung des Hauses muss das Vertrauen in die Wissenschaftsfreiheit wiederherstellen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Wissenschaftsfreiheit ist das Kennzeichen freier Gesellschaften. Das gilt für unsere Gesellschaft besonders. Deswegen wollen und müssen wir sie verteidigen, gegen Querdenker, gegen Populisten, gegen Rechtsextremisten, die hier immer wieder beantragen, Wissenschaftsbereiche, die ihnen missliebig sind – Klimaforschung und Genderforschung werden da von den Rechtsextremen vorgetragen –, abzuschalten. Deswegen sind wir als Demokratinnen und Demokraten gefordert, dafür zu sorgen, dass Wissenschaft als offener, kritischer und konstruktiver Impulsgeber für politische und gesellschaftliche Debatten erhalten bleibt. Das ist unsere Aufgabe bei der Wahrung der Wissenschaftsfreiheit nach innen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Auch im globalen Kontext ist Wissenschaftsfreiheit unter Druck. Mit Wissenschaft wollen wir Begegnungen und Kooperationen ermöglichen. Deshalb brauchen wir – und das wird uns auch in den Haushaltsdebatten beschäftigen – in der Zeitenwende nicht weniger, sondern mehr Außenwissenschaftspolitik und auch Förderung für die Mittlerorganisationen.

Viertens. Wir wollen, dass das Vertrauen zwischen Wissenschaft und Politik durch Dialog gestärkt wird. Dabei geht es darum, dass wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Debatte über die Ausrichtung von Wissenschaftspolitik beteiligen, aber auch darum, dass wir mit ihnen im Dialog über die Bewältigung globaler sozialer und ökologischer Probleme sind.

In der Schlussfolgerung heißt das für uns: Wir brauchen an der Stelle auch ein neues Kapitel der Kooperation von Politik und Wissenschaft. Lassen Sie uns in den nächsten Monaten versuchen, dazu den Dialog aufzunehmen. Denn das ist, worum es geht: zum einen Transparenz in der Sache herstellen und zum anderen die richtigen politischen Schlussfolgerungen aus dem ziehen, was hier eigentlich geschehen ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist für die AfD-Fraktion der Kollege Dr. Götz Frömming.

(Beifall bei der AfD)

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Electoral Period 20
Session 188
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