Lina SeitzlSPD - Sachverhaltsaufklärung der Fördermittel-Affäre
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit etwas Grundsätzlichem beginnen – Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz –: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese grundgesetzlich verbriefte Wissenschaftsfreiheit ist doch einer der Hauptgründe, warum deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu den beliebtesten Arbeitsorten von ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gehören: weil hier nur wissenschaftlich fundierte Qualitätskriterien und nicht politische Einflussnahme gelten. Die Wissenschaft lebt von ihrer Freiheit. Und Deutschland als Forschungs- und Innovationsstandort lebt von dieser Wissenschaftsfreiheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Nur Theorie!)
Genau deshalb sind die Enthüllungen von FragDenStaat zu den Vorgängen im Bundesministerium für Bildung und Forschung aus diesem Sommer auch so erschütternd. Die Kollegin Ria Schröder hat es richtigerweise gesagt: Hier wurden nicht Gelder unrechtmäßig irgendwohin verschoben. – Deswegen ist es auch falsch, von einer Fördermittelaffäre per se zu sprechen. Aber was passiert ist – und das ist der Schaden, der hier entstanden ist –, ist, dass zumindest der Eindruck entstand, dass das BMBF es nicht ganz so ernst nimmt mit der grundsätzlichen Vereinbarung zwischen Politik und Wissenschaft, dass Entscheidungen über die Förderung von Forschungsprojekten unabhängig von persönlichen Meinungsäußerungen sein müssen. Hier ist ein Vertrauensschaden entstanden, und das ist das große Problem.
Dieser Vertrauensschaden ist eben nicht nur in der Öffentlichkeit oder bei uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern entstanden, er ist vor allen Dingen auch bei den vielen in- und ausländischen Forschenden entstanden, die – das wissen Sie – sich in einem sehr internationalen Umfeld bewegen und bei ihrer Standortwahl eben sehr genau darauf achten, wie die Forschungsbedingungen in einem Land sind. Das ist die große Tragödie in diesem Fall.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der Linken und der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir diskutieren ja schon mehrere Wochen und Monate über die Situation. Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, endlich nach vorne zu blicken und zu schauen, wie wir damit umgehen können. Es kann nicht sein, dass wir Monate über diese Vorgänge hier diskutieren. Was braucht es jetzt, und zwar dringend und schnell? Ich glaube, es sind vier Punkte:
Man könnte erstens damit anfangen, einmal ganz klar zu sagen: Ja, wir haben einen Fehler gemacht. Es war ein Fehler, eine solche Liste zu erstellen. Das ist nicht die Aufgabe des BMBF. Diesen Fehler haben wir gemacht. Das geben wir zu.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dann könnte man, zweitens, sicherstellen, dass ein solcher Fehler im Ministerium nicht wieder passiert. Das beinhaltet natürlich personelle Konsequenzen, aber eben nicht nur. Es geht da auch um Entscheidungsstrukturen: Wie werden Entscheidungen getroffen? Wer ist zuständig? Wie kann es eigentlich sein, dass dringende Warnungen aus den Fachabteilungen des BMBF zu diesem Vorgang ignoriert worden sind?
Drittens gehört zur Aufklärung dann auch absolute Transparenz. Ich sage Ihnen mal eines: Dass sich die Mitglieder des zuständigen Fachausschusses die Antworten des Ministeriums an FragDenStaat mühsam online zusammensuchen müssen oder neue Informationen immer wieder häppchenweise in den Medien auftauchen, trägt nicht zum Gefühl bei, dass hier transparent aufgeklärt wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der letzte Punkt, und das ist wahrscheinlich der wichtigste, ist der Dialog, und zwar nicht mit uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern, sondern der Dialog mit den betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit der gesamten Wissenschaftscommunity. Der Schaden ist da. Sie sollten alles dafür tun, Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Dialog ist dafür elementar.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/CSU])
Das Wort hat die Kollegin Nicole Gohlke für die Gruppe Die Linke.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615687 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Sachverhaltsaufklärung der Fördermittel-Affäre |