26.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 188 / Tagesordnungspunkt 12

Holger MannSPD - Sachverhaltsaufklärung der Fördermittel-Affäre

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Erstes zum Ausgangspunkt dieser erneuten Debatte um Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit: dem offenen Brief von inzwischen mehr als 1 000 Wissenschaftlern nach der Räumung an der FU Berlin vom 8. Mai. Wir als SPD-Abgeordnete konnten uns bereits der Bewertung des Briefes als antisemitisch oder den Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit durch die Ministerin nicht anschließen. Wir haben dieser deshalb als Abgeordnete widersprochen. Denn der kurze Brief war ein Aufruf für den offenen Diskurs, für grundgesetzlich verbriefte Freiheiten und notwendigen Dialog.

Völlig misslang aus meiner Sicht die Einordnung der Ministerin, spätestens als die „Bild“ zwei Tage später im Fahndungsstil Bilder und Namen der Unterzeichnenden als „UniversiTÄTER“ betitelte und das auch noch mit Zitaten der Ministerin unterlegte. Deswegen will ich deutlich sagen: Es war und ist die oberste Pflicht von Bundesministerinnen und -ministern, für die Verfassung einzutreten und damit nicht zuletzt für die Meinungsfreiheit, die Demonstrationsfreiheit und hier besonders die Wissenschaftsfreiheit.

(Beifall bei der SPD)

Mehr davon hätten wir uns gewünscht, gern so differenziert, wie es dem HRK-Präsidenten Rosenthal gelang.

Zweitens, in Richtung der Union. Bei der Bewertung der sogenannten Fördermittelaffäre ist auch nach der Großen Anfrage festzustellen: Es ist zu keiner förderrechtlichen Überprüfung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gekommen. Der erwogene Auftrag wurde umgehend wieder einkassiert. Dem inzwischen bekannten E-Mail-Verlauf – es ist richtigerweise gerade gesagt worden – aus dem BMBF können wir entnehmen, dass Beamte in den Referaten Einwände gegen den Prüfauftrag vorgebracht und damit das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Wissenschafts- und Meinungsfreiheit verteidigt haben. Dafür möchte ich hier stellvertretend ausdrücklich danken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Drittens. Auch wenn nun der konkrete Prüfauftrag nicht erfolgte, wurde das Vertrauen vieler Wissenschaftler/-innen in die politische Unabhängigkeit der Fördermittelvergabe dennoch beschädigt. Dafür, muss man sagen, ist auch die Kommunikation der Hausspitze verantwortlich. Der richtige Weg, dieses Vertrauen wiederherzustellen, wäre eine umgehende, lückenlose Aufklärung gewesen und wenigstens irgendein persönliches Bekenntnis, einen Fehler gemacht zu haben. Stattdessen aber erreichten uns in den letzten Wochen immer wieder Schnipsel aus der Ministeriumskommunikation, die neue Fragen aufwerfen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das ist ja eine Oppositionsrede!)

Meine Damen und Herren, ich sage deshalb: Die Fehlerkultur im BMBF muss besser werden; denn für die betroffenen Wissenschaftler/-innen muss es wie Hohn wirken, wer zum Nachfolger von Staatssekretärin Döring berufen wurde: Roland Philippi ist nämlich genau der FDP-Mann, der im BMBF-Chat die Wissenschaftler „verwirrte Gestalten“ nannte, der Mann, der hoffte – so ist es im Chat zu lesen –, die Debatte würde eine Art informelle, freiwillige und selbst auferlegte Förderklausel etablieren, die dazu führe, so einen Aufruf wegen der Sorge um die Förderung nicht zu unterzeichnen. Meine Damen und Herren, so ein Klima der Angst und Selbstzensur können wir beileibe nicht wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund will ich Ihnen, Herr Staatssekretär, auch zurufen: Nicht die SPD, sondern die Spitze des Bildungsministeriums schlitterte temporär. Ich will aber auch sagen: Es ist nicht zu spät, dazu ein selbstkritisches Signal zu senden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wer braucht Opposition, wenn man solche Koalitionspartner hat?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615701
Wahlperiode 20
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Sachverhaltsaufklärung der Fördermittel-Affäre
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