26.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 188 / Tagesordnungspunkt 13

Zoe MayerDIE GRÜNEN - Tierschutz und Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit mehr als 20 Jahren steht der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz. Aber der Unterschied zwischen Realität und Anspruch, so wie es aktuell in Deutschland gelebte Praxis ist, könnte kaum größer sein.

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Wir haben das beste Tierschutzgesetz der Welt!)

Weniger Qual von Tieren, das wünschen sich nicht nur die Tiere selbst, sondern das wünschen sich vor allem auch die Menschen in Deutschland.

(Frank Rinck [AfD]: Die Menschen in Deutschland wünschen sich bezahlbare Lebensmittel!)

90 Prozent der Menschen in Deutschland wollen mehr Tierschutz. Das zeigen uns die aktuellen Zahlen und das EU-Barometer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch der Bundesrat gibt uns vollen Rückhalt. Es gingen einige konstruktive Vorschläge ein, wie wir mehr Tierschutz in unserem Tierschutzgesetz durchbringen können. Weniger konstruktiv sind die Vorschläge der CDU/CSU an dieser Stelle. Ich möchte gerne mal auf einige Kritikpunkte eingehen, die Sie in dieser Debatte genannt haben.

Man muss sagen, nicht nur in der Wirtschaftspolitik, auch in der Landwirtschaftspolitik entspricht das dem Bild, das Sie als Partei aktuell abgeben: Zurück ins letzte Jahrhundert und einfach ignorieren, wo der Anspruch in der Bevölkerung tatsächlich liegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bernd Schattner [AfD]: Sprechen Sie gerade von den Grünen?)

Sie sagen: Das Tierschutzgesetz ist das Ende der Tierhaltung. – Ich sage Ihnen eines: Die größte Gefahr, die wir für die Tierhaltung in Deutschland haben, ist ein Rückgang der Akzeptanz, weil die Menschen nicht wollen, dass Tiere weiter so gehalten werden, wie es dem Status quo entspricht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lars Rohwer [CDU/CSU]: Sie wollen das nicht!)

Tiere können ganzjährig angekettet gehalten werden. Tiere werden immer noch kupiert, an das System angeglichen. Tiere werden betäubungslos kastriert. Und Sie sagen: Das ist okay. – Nein! Der Einzelhandel hat sich entschieden, bis 2030 Anbindehaltung auszulisten.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bravo!)

Ich sage Ihnen: Das haben die nicht entschieden, weil die Grünen sagen: „Wir wollen das verbieten“, sondern weil die Menschen nicht mehr entsprechend nachfragen. Wir müssen den Anspruch der Bevölkerung endlich in geltendes Recht überführen. Das ist längst überfällig. Sie haben das nicht geschafft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegin, wir haben uns darauf verständigt, dass wir möglichst nur Fragen oder Bemerkungen zulassen, wenn es der Aufklärung dient. Aber gestatten Sie überhaupt eine Frage oder Bemerkung?

Wir können auch eine Frage zulassen.

(Marianne Schieder [SPD]: Wann sollen wir nach Hause kommen? Um 6 Uhr morgens?)

– Ich verlängere die Debatte nicht. Dafür sorgt der Herr Fragesteller.

Vielen Dank, Frau Mayer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade gesagt: Tiere werden betäubungslos kastriert. – Ist Ihnen bekannt, dass das seit vier Jahren in Deutschland verboten ist, dass aber gleichzeitig nach Ihrem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz bei betäubungslos kastrierten Tieren aus Dänemark und den Niederlanden mit dem höchsten staatlichen Tierwohlorden ausgezeichnet wird, wenn sie hier gemästet werden?

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Herr Färber, Sie wissen ganz genau, dass das aktuell nicht dem gesetzlichen Standard entspricht.

Aber Sie geben mir die perfekte Überleitung zu dem Kommentar, den gerade erst die Kollegin Damerow eingebracht hat, nämlich dass wir gleiche Standards überall in Europa haben wollen. Sie müssen doch zugeben, dass es ein bisschen peinlich ist, die EU-Kommissionspräsidentin zu stellen und zu sagen: Wir wollen höhere Tierschutzstandards in ganz Europa. – Die Menschen in Europa fordern schon jahrelang und mit vielen Petitionen höhere Tierschutzstandards. Sie haben nichts umgesetzt. Ganz viel angekündigt wurde von der letzten Kommission, aber umgesetzt – null.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind gespannt, ob Sie das schaffen. Dann können wir nämlich sagen: Level Playing Field für alle. Dass wir in Deutschland jetzt sagen: „Nein, mal schön langsam; wir trotten hinter allem absolut hinterher, was auf europäischer Ebene passiert“, das wollen wir nicht.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Sie antworten an der Frage vorbei! – Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Haben Sie die Frage nicht verstanden?)

Wie gesagt, die Menschen in Deutschland wollen das auch nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und deswegen: Die Ewiggestrigen von der Union können an dieser Stelle wirklich einstecken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich in der Rede fortfahren, und zwar zum Thema „Bürokratie und Belastung“. Sie sagen: ein Bürokratiemonster, neue Belastungen für die Behörden. – Das Gegenteil ist doch der Fall. An vielen Stellen führen wir Vereinfachungen ein. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen: „Videoüberwachung bei Schlachtungen“ und „Tierkörperbeseitigungsanlagen“. Wenn wir hier Daten sammeln, ist es für die Veterinärbehörden viel einfacher, solchen Betrieben gezielt auf den Grund zu gehen, in denen wirklich massive Verstöße stattfinden. Das sorgt dafür, dass wir die schwarzen Schafe aus der Branche rausbekommen und das Ansehen der Landwirtschaft in Deutschland insgesamt wieder steigern. Das müsste auch Ihrem Interesse entsprechen. Ansonsten machen Sie sich hier nicht besonders glaubwürdig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Färber, Sie haben gesagt: Es gibt nicht genug Tierärztinnen und Tierärzte, die all das kontrollieren. – Lesen Sie doch mal die Stellungnahme der deutschen Tierärzteschaft – auch da sind viele CDU- und CSU-Mitglieder vertreten –; diese Stellungnahme besagt etwas völlig anderes,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

nämlich dass es absolut dem Standard entspricht, dass qualifiziertes Personal Betäubungen durchführt. Dem werden wir uns nicht widersetzen, sondern wir werden dem gängigen wissenschaftlichen Standard an dieser Stelle entsprechen.

Deswegen bleibt mir nur, am Ende zu sagen:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Liebe Union, raus aus dem letzten Jahrhundert, den Wählerwillen umsetzen, und das umsetzen, was die Menschen in Deutschland wollen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Bernd Schattner [AfD]: Die Grüne Jugend ist zurückgetreten! Wann gehen Sie weg?)

Das Wort hat die Kollegin Ina Latendorf für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615713
Wahlperiode 20
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Tierschutz und Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetz
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