Katrin BuddeSPD - Rehabilitierung für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist: Es gibt endlich den Gesetzentwurf. Die schlechte: Er ist absolut unzureichend. Das ist leider keine Besonderheit, weil das jedes Mal so ist – das war in der letzten Legislatur übrigens genauso –, egal wer das Ministerium leitet, und egal welche Koalition es gibt. Es scheint am Thema zu liegen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Oder an der Regierung!)
Wir müssen uns also auf das Struck’sche Gesetz berufen, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es eingebracht worden ist. Bleiben wir mal beim Guten.
Enthalten ist die Einmalzahlung an die Opfer für Zwangsaussiedlung, aber gleich mit dem Wermutstropfen, dass es viel zu wenig ist.
Enthalten ist die Dynamisierung der besonderen Zuwendungen für Haftopfer, also Opferrente und Ausgleichsleistungen an sich. Das ist gut; aber auch hier ist die Formulierung nur halbherzig. Die Bundesratsbeschlüsse sagen uns, was wir zu tun haben. Dort heißt es:
„Die Opferrente … dient der Anerkennung und Würdigung des erlittenen Unrechts … Die Anerkennung beziehungsweise die Gewährung von Leistungen davon abhängig zu machen, über welches Einkommen die Betroffenen im Zeitpunkt der Antragstellung verfügen, ist zwar fiskalisch begründbar, trägt aber dem Leid und Unrecht, welches den Betroffenen widerfahren ist, kaum Rechnung. Deshalb sollte die Anerkennung nicht mehr an die Bedürftigkeit gekoppelt sein.“
Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Genau so ist es.
Enthalten ist der Verzicht auf die bisher vorgesehene Absenkung der monatlichen Ausgleichsleistung bei Renteneintritt und auf die Berücksichtigung der Partnereinkommen. Das ist gut. – Das war der kürzere Teil dessen, was in das Gesetz gehört.
Wir haben in der letzten Legislatur das Amt der Opferbeauftragten eingeführt. Evelyn Zupke hat es inne. Der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung, die öffentlichen Einrichtungen werden von ihr beraten. Ich frage mich natürlich, warum die Ergebnisse dieser Beratungen bzw. das, was sie empfohlen hat, nicht bei der Erarbeitung des Gesetzes genutzt worden sind und darin keinen Eingang gefunden haben. Es fehlen nämlich:
Eine Regelung zur Möglichkeit der wiederholten Antragstellung. Es ist elementar wichtig, dass wir eine solche einführen; denn die Bedingungen heute sind komplett andere als vor 15 Jahren. Der Ausgang kann doch nicht davon abhängig sein, ob man einen Antrag vor 15 Jahren gestellt hat oder heute stellt. Es muss nach den heutigen Bedingungen eine wiederholte Antragstellung möglich sein, sodass auch die Opfergruppen zu ihrem Recht kommen, die vor 15 Jahren noch abgelehnt wurden. Das ist einer der größten Punkte, die rein müssen.
Es fehlt aber auch die Aufnahme der Dopingopfer.
Die Opfer von Zersetzungsmaßnahmen außerhalb der DDR sind wieder nicht aufgenommen worden.
Und hinsichtlich der Anerkennung von Gesundheitsschäden fehlt die kriterienbasierte Vermutungsregelung. Die momentane Regelung, wie sie im neuen Sozialen Entschädigungsrecht steht, ist nicht ausreichend. Das funktioniert überhaupt nicht.
Zu der Einmalzahlung an Betroffene von Zwangsaussiedlung habe ich schon etwas gesagt.
Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, zum Schluss, bevor Sie zu laut und zu fordernd und zu selbstgefällig werden bei dem, was Sie so alles fordern, und bevor Sie sagen, wie schlimm das alles ist, erinnere ich Sie an die letzte Legislaturperiode, an die Große Koalition: 90 Prozent dessen, was Sie heute einfordern, hätten Sie gerne mit uns in der Großen Koalition schon durchsetzen können.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Sie haben das Ministerium innegehabt!)
– Ich war bei den Verhandlungen dabei. Erzählen Sie mir nichts! – Sie wollten das damals nicht.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: So war das! – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Wer wird denn gerade überheblich?)
Die geschädigten und betroffenen Menschen könnten schon fünf Jahre länger all das haben, was Sie jetzt fordern.
Frau Kollegin, auch Sie müssen zum Schluss kommen.
Das wäre sehr schön gewesen.
Frau Kollegin Budde!
Ich bedanke mich. Die Kolleginnen und Kollegen der Koalition haben viel Arbeit vor sich. Ich freue mich darauf.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Budde.
Der Kollege Dr. Volker Ullrich und die Kollegin Petra Pau haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615795 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Rehabilitierung für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR |