27.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 189 / Zusatzpunkt 8

Anja SchulzFDP - Rentenniveaustabilisierung und Generationenkapital

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon 1989 wusste man – ich zitiere –:

„Die Änderung des Altersaufbaus unserer Bevölkerung und die sich daraus ergebenden tiefgreifenden Auswirkungen stellen die Rentenversicherung mittel- und langfristig vor erhebliche Finanzierungsprobleme.“

So zu finden im Gesetzentwurf zur Rentenreform vor 35 Jahren.

Seitdem hat sich an der grundsätzlichen Situation der Rente nichts geändert. Was damals als Problem der Zukunft beschrieben wurde, ist heute bittere Realität. Da kann sich auch mal die Union fragen, was sie jemals zur Stabilisierung der Rente beigetragen hat.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein Rentensystem, das auf einem einseitigen Versprechen aufbaut, droht an der Realität einer sich verändernden Gesellschaft zu zerbrechen. Die Leidtragenden einer kurzfristigen Rentenpolitik sind diejenigen, die sich näher am Schulabschluss als am Rentenbeginn befinden. Das wollen wir nicht akzeptieren.

Unsere Antwort auf die Herausforderung einer alternden Bevölkerung lautet Kapitaldeckung. Mit der Einführung eines Generationenkapitals wollen wir ein zweites Standbein etablieren. Wenn ich Schlagzeilen lese wie „Die Ampel will die Rente verzocken“, dann muss ich sagen: Das ist nichts anderes als Stimmungsmache. Denn wer so argumentiert, setzt darauf, dass unsere Bürger das Rentensystem nicht verstehen. In Wahrheit kann da nichts verzockt werden; denn die Beiträge, die heute reinfließen, gehen auch heute direkt wieder raus.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ulrike Schielke-Ziesing [AfD])

Jetzt tun manche so, als würden wir uns auf ein Abenteuer mit einem ganz unklaren Ausgang begeben. Dabei gehen wir denselben Weg, den andere Sozialstaaten schon vor knapp 30 Jahren gegangen sind: den Weg an die Börse.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Ja, aber nicht mit Schulden, Frau Schulz!)

Während einige in Deutschland die Kapitaldeckung zerreden – „zu spät, zu wenig und zu risikoreich“ –, haben Schweden und Norwegen das Ganze bereits vor 30 Jahren begonnen, und zwar mit großem Erfolg.

(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Die hatten Geld!)

In Schweden erwartet man bei der Prämienrente, dass bereits im Jahr 2030 knapp 20 Prozent der Gesamtrente aus dieser Zusatzrente fließen.

Was schlagen wir also konkret vor? Als ersten Schritt wollen wir das Generationenkapital mit dem Rentenpaket II verabschieden. Das ist ein Paradigmenwechsel: weg davon, dass ausschließlich die Beitragszahler für die Stabilität der Rente zuständig sind.

Ich freue mich darauf, dass wir diese Maßnahme auf den Weg bringen werden. Allerdings muss uns auch klar sein: Das Rentenpaket muss ganzheitlich generationengerecht sein. Es kann nicht sein, dass wir mit dem Generationenkapital den Beitragssatz stabilisieren, im gleichen Atemzug aber durch ein dauerhaftes Rentenniveau von 48 Prozent den Beitragssatz deutlich ansteigen lassen.

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Aha!)

Das bedeutet für alle Beschäftigten wieder weniger Netto vom Brutto, und das passt weder zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort noch zu unseren Bemühungen, Fachkräfte anzuziehen. Und es passt ganz sicher auch nicht zum Aufstiegsversprechen, das wir jungen Menschen geben. Wir haben bereits die zweithöchste Abgabenquote der Welt, und wir dürfen unsere Bürger nicht noch mehr belasten.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ja, die Stabilisierung des Rentenniveaus ist richtig, aber nicht zu jedem Preis. Der Generationenvertrag ist keine Einbahnstraße. Wir sollten auf Sicht fahren und uns Handlungsspielraum für die Zukunft lassen. Ich bin mir sicher, dass wir im parlamentarischen Verfahren Lösungen dafür finden.

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Ehrlich?)

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster spricht für die CDU/CSU-Fraktion Stephan Stracke.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615896
Wahlperiode 20
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Rentenniveaustabilisierung und Generationenkapital
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