Kai WhittakerCDU/CSU - Rentenniveaustabilisierung und Generationenkapital
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dafür, dass man sich immer wieder plastisch vor Augen führt, was Sie konkret vorhaben. Deshalb bitte ich Sie, sich einmal vorzustellen, dass ein Zentimeter auf diesem Zollstock einer Milliarde Euro entspricht.
(Der Redner hält einen Zollstock hoch – Lachen bei der SPD)
Was haben Sie mit der Aktienrente vor? Sie wollen im nächsten Jahr 12 Milliarden Euro Schulden machen. Das sind 12 Zentimeter, das ist diese rote Fläche hier.
Herr Whittaker, Entschuldigung. Sie haben sich das gut ausgedacht. Aber wir haben mit den Fraktionen vereinbart, dass wir hier keine Symbole, keine Zollstöcke und alles Mögliche benutzen. Es tut mir leid.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)
Das ist sehr bedauerlich. Schöne Grüße an den Ex-Kollegen Lothar Binding, der Zollstöcke hier immer gern benutzt hat. Aber es geht auch so. Weil ich fast zwei Meter groß bin, passt es auch so.
(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das konnte nur einer vernünftig!)
Sie haben vor, 12 Milliarden Schulden zu machen, und das Jahr für Jahr. Dann kommen Sie auf 200 Milliarden Euro Schulden. Das sind 200 Zentimeter. Ich bin 1,88 Meter groß, stellen Sie sich noch 12 Zentimeter drauf vor, dann wissen Sie, wie viel das ist.
Warum machen Sie das Ganze? Weil Sie davon 10 Milliarden Euro als Gewinn abschöpfen wollen. Dazu kann ich Ihnen sagen: Das ist völlig irre! Versuchen Sie mal bei Ihrer privaten Hausbank einen Kredit aufzunehmen und den an der Börse anzulegen. Ihr Bankberater wird Ihnen freundlich die Tür weisen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn man sich anschaut, was Sie im Jahr 2036 für die Rente ausgeben müssen, dann stellt man fest, dass das sage und schreibe 600 Milliarden Euro sind, also 600 Zentimeter. Das bin ich quasi dreimal aufeinandergestellt. Das ist das, was Sie vorhaben.
Noch einmal: 200 Milliarden Euro Schulden, 10 Milliarden Euro Gewinn bei 600 Milliarden Euro Ausgaben. Das ist Ihre Politik. Da muss man fragen: Wie entwickelt sich das eigentlich weiter? Warum haben Sie denn diese Idee gehabt? Es ist relativ einfach: Sie wollen bei den Arbeitnehmern eine Entlastung vornehmen. Wie hoch ist diese Entlastung konkret im Durchschnitt für den Mitarbeiter? Das sind 9 Euro im Monat. Ganze 9 Euro! Davon kann man sich in meinem Wahlkreis einen halben Kasten Bier – Rothaus Tannenzäpfle – leisten. Einen halben Kasten! Jetzt würde man vermuten, dass dieser halbe Kasten Bier wenigstens Ihnen als Bürger gehört. Weit gefehlt. Dieser Kasten steht nämlich im Keller von Finanzminister Lindner. Und warum steht er da? Weil die Aktien dem Staat gehören und nicht Ihnen als Bürgerinnen und Bürger. Deshalb kann es noch „besser“ werden; denn wenn sich Lindner und Heil einig sind, dann gehen die in den Keller und saufen Ihnen den Kasten sogar noch weg. In Ihrem Gesetz steht: Wenn die Bundesregierung dieses Aktienpaket nicht mehr braucht, wenn sie es für überflüssig hält, kann sie es einfach auflösen. Das ist Ihre Politik.
Herr Whittaker, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung von Klaus Ernst aus der Gruppe BSW?
Von Herrn Ernst?
Ja.
Ja, von mir aus gern.
Herr Ernst, Sie haben das Wort.
Herr Whittaker, danke, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben hier mit Zentimetern und Ähnlichem agiert. Glauben Sie nicht, dass es bei Weitem notwendiger wäre, sich über das Rentenniveau zu unterhalten, über das, was ein Rentner kriegt?
Ich sage Ihnen, was das Problem ist. Wissen Sie, was das für ein Zettel ist, den ich in der Hand halte? Das ist der Rentenausweis, den ein Rentner zurzeit kriegt. Er steht symbolisch dafür, wie die Rentner in diesem Lande behandelt werden, meine Damen und Herren.
Ich sage Ihnen, wenn Sie nach Österreich gucken, dann wissen Sie, dass dort eine Wertschätzung gegenüber den älteren Menschen vorhanden ist, von der wir in der Bundesrepublik noch weit entfernt sind. Deshalb geht es nicht um die Frage von Zentimetern, sondern es geht um die Frage, was insgesamt für den Rentner rauskommt. Das ist zu wenig, das steht symbolisch dafür, wie die Rentner hier behandelt werden. Ich würde mich freuen, wenn Sie mal darüber reden würden und nicht mit dem Meterstab kommen würden.
(Beifall beim BSW – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten mal bei Markus Kurth aufpassen sollen!)
Herr Kollege Ernst, ich weiß nicht, wo Sie in der letzten Stunde dieser Plenarsitzung waren, aber meine Kollegen haben dazu schon alles gesagt.
Sie haben mit einem recht: Bei dieser Rentenreform kommt hinten wirklich nichts raus; da kommt nichts bei rum. Ich habe ja gerade gesagt: 9 Euro Entlastung für den durchschnittlichen Arbeitnehmer. Das passiert, wenn man den Turbokapitalismus von der FDP
(Lachen bei der FDP)
mit der Staatsgläubigkeit von Rot-Grün verbindet – fertig ist der Aktiensozialismus. Das ist die Politik, die Sie machen.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist der Unterschied zur sozialen Marktwirtschaft, die wir hier haben.
Ich wollte nur fragen: War das die Beantwortung der Frage von Herrn Ernst? Sonst müsste Herr Ernst stehen bleiben.
Letzter Satz aus meiner Sicht. Das ist der Unterschied zwischen der sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie verstehen, und Ihrem Aktiensozialismus. Wir wollen eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge für alle Menschen.
(Katja Mast [SPD]: Und wer bezahlt sie? Die Arbeitnehmer allein!)
Nur so schaffen wir es, dass die Arbeitnehmer in diesem Land auch an der Vermögensentwicklung beteiligt werden.
(Beifall des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])
Und sie muss vor allem eigentumsrechtlich geschützt sein. Dafür werden wir in den nächsten Wochen werben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Jetzt hat das Wort für die Gruppe BSW Alexander Ulrich.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615903 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Rentenniveaustabilisierung und Generationenkapital |