27.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 189 / Zusatzpunkt 9

Bengt BergtSPD - Automobilindustrie, Wirtschaftsstandort Deutschland

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So, zurück zum Thema. – Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Die Union gibt ja immer vor, aus dem Stand regieren zu können, hat aber gar kein Wirtschaftsprogramm, sondern einen Zwölf-Punkte-Zettel. Der hätte in der achten Klasse nicht mal ausgereicht, um versetzt zu werden.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie sind schon k. o.! Sie stehen ja gar nicht mehr! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ihr seid froh, wenn ihr 8 Prozent kriegt!)

Dieses Zwölf-Punkte-Papier haben Sie jetzt per Copy-and-paste noch mal in den Bundestag eingebracht. Und diese Vorschläge sind – wie immer – nicht durchdacht und auch nicht durchfinanziert. Noch schlimmer: Sie werden sogar von den Experten zerpflückt. Regierungsfähigkeit sieht definitiv anders aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Die Gemeinschaftsdiagnose bezieht sich auf Ihre Regierung!)

Ein Merz macht eben noch keinen Sommer und ein Zwölf-Punkte-Papier keine Wirtschaftsstrategie.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat zuletzt über Ihre Ideen geurteilt, Sie seien – Zitat – „aus der Hüfte geschossen“. Mehr noch: Sie würden der Wirtschaft schaden.

(Alexander Bartz [SPD]: Guck an!)

Laut DIW würden Ihre Pläne nichts weniger verursachen als „einen massiven und nicht wieder zu behebenden Schaden“ für die Wirtschaft und das Klima. – Super Urteil, das klappt ja richtig gut bei Ihnen.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Der lag ja immer richtig, der Herr Fratzscher!)

Das ist ein offensichtlicher Irrweg in einer Zeit, in der die halbe Welt Geld in die Hand nimmt, um ihre Wirtschaft und die Infrastruktur zu modernisieren. Als Ampelregierung investieren wir auf Rekordniveau. Ein Sechstel des Bundeshaushalts besteht zu großen Teilen aus Investitionen, um den Trümmerhaufen zu reparieren, den zwölf Jahre CSU-Verkehrsminister hinterlassen haben.

(Beifall der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das meine ich leider nicht einmal sprichwörtlich. Schauen Sie nach Dresden! Sehen Sie sich an, wie im Land der Ingenieure eine Brücke zusammengebrochen ist. Und die ist nicht in den letzten drei Jahren verrottet. Das haben Sie verbockt, und zwar ganz massiv – dank der CSU. In Bayern wäre das nicht passiert. Dort sind nämlich die Gelder gelandet.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Lange [CDU/CSU]: Befreit von Kenntnis da vorne! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die Grünen! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Andernorts gibt es auch Brücken, die saniert werden müssen und nicht saniert werden!)

Das ist nicht nur gefährlich, das ist peinlich. Sie und Ihre Sparpolitik haben uns vor der Welt blamiert. Und trotzdem reparieren wir nicht nur diesen Trümmerhaufen, sondern wir nehmen auch massiv Geld in die Hand, um das Land wieder fit für die Zukunft zu machen.

Aber schauen wir uns mal Ihre Anträge an. Der Automobilantrag ist ja schon in der Analyse falsch. Darin steht, dass die hohen Lohnkosten und die unflexiblen Arbeitszeiten das Problem seien. Unflexible Arbeitszeiten an einem getakteten Band: Das zeigt, dass Sie null Ahnung davon haben, wie Arbeit überhaupt funktioniert, weil die Hälfte von Ihnen wahrscheinlich noch nie praktisch gearbeitet hat.

(Ulrich Lange [CDU/CSU]: Also, die Ahnungslosigkeit steht gerade da vorn!)

Das nächste Thema: Was ist denn der Hauptgrund? VW hat die ganze Zeit versucht, schön in Richtung Verbrenner zu lobbyieren. Und das Management hat dabei verpeilt, und zwar richtig verpeilt, dass der Weg in Richtung Elektromobilität führt.

(Ulrich Lange [CDU/CSU]: Ja, da sitzt im Aufsichtsrat ein Stephan Weil! Da hat ein Stephan Weil beim Abgasskandal ganz schön die Klappe offen gehabt!)

VW hat den Anschluss verloren. Dann hat sich VW noch hacken lassen und hat dann zudem über das Management beschlossen, die Kunden zu bescheißen. 35 Milliarden Euro muss VW jetzt Strafe zahlen. Da liegt das Problem.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Kollege Bergt, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, vielen Dank.

(Ulrich Lange [CDU/CSU]: Angst vor Wahrheit! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Dann schauen wir mal weiter. In Ihrem Wirtschaftsantrag steht, Sie wollen den Landwirten das Wirtschaften erleichtern. Ernsthaft: Sie waren es doch, die mit CSU-Landwirtschaftsministern die Landwirte 16 Jahre lang in die Subventionsabhängigkeit getrieben haben. Und die EVP dreht auf europäischer Ebene immer schön weiter an der Schraube. Sie sind keine Hilfe für die Bauern, Sie sind eine Belastung.

Dann wollen Sie im Sozialhaushalt Geld kürzen, sagen aber nicht, wie das gegenfinanziert werden soll. Der größte Posten ist übrigens die Rente. Dann reden Sie auch Klartext, und sagen Sie den Rentnerinnen und Rentnern, dass Sie ihnen ans Leder wollen. Sie wollen auch noch das Renteneintrittsalter nach hinten legen. Das ist eine glatte Rentenkürzung. Das machen wir nicht mit. Nicht mit uns! Das ist eine Frechheit gegenüber dem Bürger.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann wollen Sie Arbeitszeiterfassung flexibel gestalten und Konten für die Wochenarbeitszeit einführen. Wissen Sie, wie viele Überstunden die Deutschen im letzten Jahre gemacht haben? 1,3 Milliarden Stunden, und die Dunkelziffer ist circa doppelt so hoch, weil viele statistisch gar nicht erfasst werden. Sie wollen also, dass die Menschen mehr arbeiten und dem Arbeitgeber noch weniger Arbeit in Rechnung stellen. Wissen Sie, wie ich das nenne? Das ist Lohndumping, was Sie verlangen. Das ist eine Frechheit gegenüber dem Bürger. Das machen wir auch nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Das ist wieder die altbekannte Leier, die wir ja schon kennen: Die Beschäftigten würden zu wenig arbeiten. Das Entscheidende aber ist: Die Menschen arbeiten schon weit mehr, als sie bezahlt werden. Das zeigt, dass Sie wieder mal keine Ahnung von den Arbeiterinnen und Arbeitern in diesem Land haben.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ein Hoch aufs Bürgergeld!)

Wie wäre es, wenn Sie stattdessen an unserer Seite stehen und dafür kämpfen, dass wir faire Tariflöhne bekommen? Leistung soll sich doch lohnen, sagen Sie immer. Kämpfen Sie mit uns zusammen, dass es auch so kommt!

Dann fordern Sie tatsächlich noch eine Vergaberechtsnovelle, die „wirtschafsfreundlich“ ausgestaltet ist. Das heißt: Sie wollen, dass die Anforderungen gesenkt, aber die Schwellenwerte heraufgesetzt werden.

(Sebastian Roloff [SPD]: Die wird super!)

Das ist ein Importprogramm für chinesische Waren. Sie haben offensichtlich nicht verstanden, dass wir ein Lieferkettenproblem haben, dass wir die deutsche Wertschöpfung schützen müssen. Da müssen wir jetzt wirklich mal inhaltlich rangehen und nicht mit so einem Quatsch, den Sie hier vorschlagen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Jetzt geht ihr wirklich mal inhaltlich ran! Das beruhigt uns!)

Und nun zur Krönung: Sie fordern tatsächlich ein Belastungsmoratorium. Sie wollen, dass wir bis Ende 2025 keine Gesetze mehr machen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Macht ihr doch eh nicht mehr!)

Sie fordern also allen Ernstes, dass die Regierung und das Parlament die Arbeit bis nach der nächsten Bundestagswahl einstellen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ihr kriegt doch eh nichts mehr hin!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Das nenne ich Arbeitsverweigerung. Wenn Sie keinen Bock auf eine konstruktive Oppositionsarbeit haben,

(Lachen bei der CDU/CSU)

was dieser Antrag beweist, dann ist das Ihr Problem, aber nicht unseres.

Herr Bergt, bitte. Letzter Satz.

Wir machen weiter und werden Deutschland weiter nach vorne bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Und zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort Tilman Kuban.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615930
Wahlperiode 20
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Automobilindustrie, Wirtschaftsstandort Deutschland
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