27.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 35

Helge LindhSPD - Afghanistan- und Syrienpolitik

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine schreiende, brüllende Leere im Antrag, nein, in der Antragskaskade der AfD betrifft diejenigen, die in Syrien und in Afghanistan Opfer sind, also die besonders gefährdeten Personen. Gerade aber um dieser Personen willen, wie Kollege Müller völlig zu Recht gesagt hat, sind wir gefordert, Perspektiven für ein Aufnahmeprogramm zu schaffen und zu bewahren, und auch um des Nachweises der sicherheitspolitischen wie auch humanitären Sinnhaftigkeit solcher Aufnahmeprogramme willen. Mit der größten Oppositionspartei hatten wir zumindest einstmals eine umfassende Gemeinsamkeit in Bezug auf solche Programme und Kontingente.

Statt aber auf diese wirklich gefährdeten Personen und Opfer zu blicken, übt sich die AfD in dreifacher Paradoxie, ja, geradezu in der Meisterschaft des Selbstwiderspruchs. Das ist einfach darzulegen; deshalb werde ich das auch tun.

Erstens. Sie skandalisieren vermeintliche Zahlungen an die Taliban. Wie sich dann herausstellt, geht es um Finanzierung von UN-Einrichtungen, die Schutzes bedürfen. Andererseits stellen Sie aber einen Antrag, deutsche Einrichtungen in Afghanistan zu schaffen, für die ja auch investiert, Geld ausgegeben und Schutz organisiert werden muss. Das heißt, Sie wollen das, was Sie in Bezug auf Deutschland fordern, in Bezug auf die UN nicht. Sie merken: Das ist rein instrumentell, das ist völlig durchschaubar, und das ist nicht mal logisch. Sie haben es nicht mal geschafft, den Widerspruch in Ihren eigenen Anträgen zu sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Ich war ich völlig überrascht, fast schon berührt, wie Sie in Bezug auf Syrien von Wiederaufbau und Befriedung sprechen. Gleichzeitig aber verkünden Sie in jeder Haushaltsdebatte, dass Entwicklungshilfe abgeschafft gehört und dass das Entwicklungshilfeministerium abgeschafft werden muss. Auch das wieder eine Meisterschaft im Widerspruch! Wie wollen Sie denn sinnvoll Befriedung und Wiederaufbau ohne ein solches Ministerium und seine Institutionen schaffen?

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Durchs Außenministerium! – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Dann kommen wir zum Dritten, zur Königsdisziplin des Selbstwiderspruchs. Sie sprachen vom Urlaub in Syrien und in Afghanistan. Ihre Truppe hat 2018 einen wirklich bemerkenswerten Urlaub mit abschließender Bundespressekonferenz gemacht, bei dem Sie das Assad-Regime besucht haben, von ihm hofiert, luxuriös ausgestattet und empfangen wurden, um ihm quasi einen Leumund als überhaupt nicht problematisches Regime zu geben.

Also, Sie fraternisieren und kuscheln mit dem Assad-Regime. Andererseits fordern Sie uns auf, massenhaft nach Afghanistan abzuschieben, und merken dabei gar nicht – oder merken es sehr wohl –, dass Sie sich doch mit den Fluchtverursachern einlassen. Die AfD ist eine Fluchtursachenpartei.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Die Menschen sind doch nicht aus Spaß oder aus Freude hierhergekommen. Sie sind übrigens auch nicht, wie Frau Dağdelen den Eindruck erweckte, gekommen, weil wir zu wenig diplomatische Beziehungen mit Syrien haben. Verdammt noch mal, die Menschen sind millionenfach gekommen, weil sie in Gefahr waren, weil sie abgeschlachtet wurden, weil das ein mörderisches Regime ist.

(Zurufe von der AfD)

Wenn wir jemandem vertrauen, der, wie Sie, behauptet, dass er die Ursachen von Flucht bekämpft, –

Sie kommen zum Ende, bitte, Herr Lindh.

– und vorgibt, Migration stoppen zu können, aber das Gegenteil tut, –

Herr Lindh, Sie kommen bitte zum Ende.

– machen wir in dieser Frage den Bock zum Gärtner.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Peter Heidt [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615970
Wahlperiode 20
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Afghanistan- und Syrienpolitik
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