Helmut KleebankSPD - Kohlendioxid-Speicherungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Gebhart, Ihre Bemerkung, die CDU denkt weiter, hat mich tatsächlich für einen Moment ein bisschen nervös gemacht. Ihre nachfolgenden Ausführungen haben mich auch nur bedingt wieder beruhigen können. Der Hinweis auf die E-Fuels ist geradezu symptomatisch; denn am Ende landet das CO2 dann ja auch wieder in der Atmosphäre. Das heißt, wir reden nicht über eine dauerhafte Einspeicherung, sondern nur über einen Zwischenschritt. Das kann nicht das Ziel sein, wenn wir über null Emissionen reden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Gebhart [CDU/CSU])
Der Klimawandel, liebe Kolleginnen und Kollegen, schreitet schneller voran. Vielleicht ein Beispiel: Der Thwaites-Gletscher in der Antarktis, der sogenannte Weltuntergangsgletscher, taut wohl schneller ab, als wir alle denken. Der Hintergrund ist: Wenn die Gletscherzunge abbricht – das scheinen neue Ergebnisse zu bestätigen –, dann rutscht die gesamte Gletschermasse ins Meer, und wir haben mit einem Anstieg des Meeresspiegels von rund 60 Zentimetern zu rechnen. So jedenfalls die Schätzungen. Dazu kommt das Grönlandeis,
(Beatrix von Storch [AfD]: Sie verbreiten Angst! Hören Sie auf, Angst zu verbreiten!)
dazu kommen die Gebirgsgletscher. Und das – würde ich mal sagen; anders als die extrem rechte Seite des Parlaments – ist eine wirklich veritable Bedrohung unserer gesamten deutschen Küstenlinie.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Sie schüren Angst!)
Natürlich ist das eine globale Bedrohung, aber auch eine Bedrohung unserer Küstenlinie. Das ist absolut ernst zu nehmen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kollege Kleebank, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Hilse?
Aus Zeitgründen: Nein, danke.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es gibt eine einzige wirksame Methode, das noch auszubremsen – Schrägstrich –, einzudämmen bzw. vielleicht zu stoppen. Diese Methode heißt, die Emissionen zu reduzieren, und zwar auf null zu reduzieren und am Ende weiteres CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen.
Es lohnt sich, hier einen Moment genauer hinzuschauen; denn das sind im Prinzip zwei verschiedene Wege, die wir hier tatsächlich differenzieren müssen. Die eine Möglichkeit ist – aus meiner Sicht ist sie viel wichtiger als das, was wir heute diskutieren –, die CO2-Entstehung zu vermeiden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn wir über Emissionsvermeidung reden, dann reden wir darüber, die CO2-Entstehung zu vermeiden. Dann brauchen wir auch nicht mehr darüber zu reden, wo wir es einlagern.
Der andere Punkt – das hat der Bundeswirtschaftsminister ausgeführt –: Es gibt Bereiche, wo uns das nicht gelingen wird. Und hier ist tatsächlich Abscheidung und Einspeicherung ein Weg. Aber ich betone: Es ist nicht der einzige. Das führen Sie in den Unterlagen ja auch aus. Die Verwendung des Rohstoffs Kohlenstoff – Dr. Gebhart hat es gesagt; das war der andere Teil, der mich dann sozusagen wieder eingesammelt hat – muss im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft gesichert sein, und zwar als Rohstoff für unsere Industrie, für viele, viele Anwendungen. Deswegen ist es wichtig, noch mal diese Unterscheidung zu machen. Es geht um die Vermeidung der Entstehung von CO2. Da reden wir – nach allgemeiner Annahme – über 90 bis 95 Prozent der derzeitigen Emissionen, die auf diesem Wege eingespart werden könnten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Reden wir ganz kurz über die unvermeidbaren Restemissionen. Das kann ich relativ kurz machen. Zement – das ist ein chemischer Prozess, ein Umwandlungsprozess, der das CO2 freisetzt; das ist klar. Bei der Abfallverbrennung würde ich ein kleines Fragezeichen setzen.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das muss diese Technologieoffenheit sein! Überall Fragezeichen!)
Denn das – wir haben ja gerade über die Kreislaufwirtschaft gesprochen –, was heute Abfall ist, eine Abfalleigenschaft hat, wird zukünftig Rohstoff sein. Selbst wenn wir da einsteigen sollten – sage ich mal vorsichtig –, würde ich ein Fragezeichen machen; denn im Prinzip ist es technologisch bereits heute vermeidbar.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Noch ein Wort zur Kohleverstromung. Der Ausstieg ist da. Auch hier wundere ich mich über die Signale aus der Union, auch darüber durchaus mal nachzudenken. Herr Grundmann, wir haben das ja schon öfter diskutiert. Aber ich sehe das überhaupt nicht. Das wäre tatsächlich eine manifeste Fehlentwicklung, ein manifester Lock-in-Effekt, der nur versuchen würde, diese Entwicklung fortzuschreiben. Das kann aus unserer Sicht überhaupt nicht sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Zu den Gaskraftwerken. Man sollte mal darüber nachdenken, ob CCS in Verbindung mit Gaskraftwerken nicht sogar geeignet wäre, Herr Bundeswirtschaftsminister, den Wasserstoffhochlauf zumindest auszubremsen; denn die sollen ja so schnell wie möglich auf Wasserstoff umgestellt werden.
(Beifall der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])
Also: Was macht das an der Stelle für einen Sinn? Wir lehnen das jedenfalls ab.
Das heißt, in diesen Bereichen kann es keine Förderung geben. Wir raten allen dringend ab, darin zu investieren; denn dieses CCS, diese Einlagerung, ist kein Allheilmittel. Es gibt zahlreiche Risiken. Ich will sie nicht überbewerten. Aber zumindest muss man auch mal darüber sprechen, dass es keine Wundertechnologie ist. Wir reden über hohe Energiebedarfe. Wir reden darüber, dass die Abscheidung immer unvollständig ist. Es bleiben auch dabei Restemissionen, die in die Atmosphäre gelangen. Wir reden bei der Speicherung im Meer über mögliche Leckagen. Wir reden über die Ökosysteme. An Land reden wir über – man höre und staune – Trinkwasserschutz. Es geht auch um unsere Trinkwasserkörper. Und wie die belastet sind, das, glaube ich, haben inzwischen alle mitbekommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das heißt im Ergebnis, bei den Bedarfen, die unsere Wirtschaft an Kohlenstoff haben wird – allein die chemische Industrie 20 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr –, gibt es mittel- bis langfristig keine Alternative zur Kreislaufwirtschaft. Die muss das Ziel sein, meine Damen und Herren. Deswegen bin ich erst mal zufrieden, dass da zumindest im Transportbereich zum Zwecke der Verwendung eine Bresche geschlagen worden ist. Ich sage an der Stelle aber auch: Wir müssen aufpassen, dass es keine Fehlentwicklung, keine Fehlanreize gibt. Wir müssen den Pfad halten, sonst werden wir den Klimaschutz nicht schaffen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Abgeordnete Hilse hat das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616010 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Kohlendioxid-Speicherungsgesetz |