09.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 190 / Zusatzpunkt 1

Esra LimbacherSPD - Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind stürmische Zeiten, und wir alle spüren: Es geht um viel.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Dass Sie das zum Lachen finden, sagt schon einiges aus. – Wir sollten uns aber durch all die unnötige Parteipolitik, die wir gerade wieder in diesem Haus gehört haben,

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Oah, ist das billig! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das waren Fakten! Sollen wir Sie loben?)

nicht davon ablenken lassen, worum es wirklich geht. Es geht um viel. Es geht um das, was unser Land stark gemacht hat, nämlich um unseren Industriestandort Deutschland.

Eines stimmt – das hat ein ehemaliger Ministerpräsident aus dem Saarland schon einmal gesagt –: Deutschland war früher mal Wald und Wiese, dann kamen Kohle und Stahl, die Automobilindustrie, und es kamen vor allen Dingen Wohlstand und sozialer Aufstieg für viele, viele Menschen in unserem Land. Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt müssen wir aufpassen, dass wir nicht wieder Wald und Wiese werden und dahin zurückfallen.

(Zuruf von der AfD: Genau das machen Sie ja!)

Darum geht es. Es geht nicht um Friedrich Merz. Es geht nicht um die Ampel. Es geht um unseren Wirtschaftsstandort, um unseren Industriestandort, um nichts anderes.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Die Wortwahl, Herr Linnemann, die Rhetorik, die in letzter Zeit auch von Ihnen verwendet wird – ich glaube, sie ist nicht zielführend.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das war eine ganz ruhige Rede!)

Das verunsichert die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, das verunsichert Unternehmen,

(Stephan Brandner [AfD]: Die Bürger haben Anspruch auf die Wahrheit, nicht auf Ihr Gesülze!)

von denen doch eigentlich viele investieren wollen und auch können, die aber jetzt abwarten, weil sie nicht wissen, wo die Reise hingeht.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja!)

Und ja, wir stehen vor enormen industriepolitischen Herausforderungen; darüber müssen wir in diesem Haus diskutieren. Aber die Wahrheit ist doch auch – Sie haben das gerade in Ihrer Rede am Anfang der von Ihnen selbst beantragten Aktuellen Stunde noch mal bewiesen –: Die Herausforderungen sind enorm. Aber von der CDU/CSU, von Friedrich Merz hören wir zum Industriestandort selbst kein Wort,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich! Sie lesen offensichtlich keine Zeitung! – Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Von Ihnen kommt nichts!)

kein Konzept, keine Ideen, wie wir diesen Industriestandort stärken wollen. Es kommt nichts von Ihnen außer Vorwürfe. Nur, das nutzt hier niemandem, schon gar nicht der deutschen Industrie.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Es ist doch verräterisch, über welche Topthemen die CDU und Friedrich Merz in diesen Tagen wirklich reden, und das angesichts einer Lage, in der viele Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz, um ihre Jobs in diesem Land haben.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Nee, die haben Angst vor der Regierung!)

In dieser Zeit redet Friedrich Merz über mehr Respekt, über mehr Fleiß. Bei Respekt bin ich hellhörig geworden; Respekt finde ich gut. Vorschläge, wie man eine gespaltene Gesellschaft einen könnte, sind doch gerade jetzt willkommen, bei uns Sozialdemokraten sowieso immer.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Also, dass Sie da nicht lachen müssen! – Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)

Aber Friedrich Merz will nicht den Respekt für alle in unserer Gesellschaft, sondern Friedrich Merz will nur den Respekt für eine bestimmte Gruppe,

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie müssen doch selber lachen jetzt!)

die es besonders schwer zu haben scheint in unserer Gesellschaft, nämlich die Reichsten in unserer Gesellschaft.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja, klar! Wahlkampf!)

Für die fordern Sie Respekt ein, aber nicht für diejenigen, die ihn wirklich brauchen in unserer Gesellschaft. Ich finde, das lässt tief blicken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sepp Müller [CDU/CSU]: 300 000 Industriearbeitsplätze sind mit euch vernichtet worden! Das ist bedauerlich! Ihr seid doch nicht mehr die Partei der Arbeiter! – Gegenruf des Abg. Stephan Brandner [AfD]: Genau! Die AfD ist das inzwischen! Der Arbeiter wählt blau!)

Friedrich Merz, der bodenständige Privatjetliebhaber, kämpft als Mittelstandsheld aufopferungsvoll darum, dass Deutschland noch mehr Millionäre und Milliardäre hat.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Um es ganz offen zu sagen, Herr Merz: Ich kann Ihre Verunsicherung verstehen.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Falsche Veranstaltung hier! – Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Aber der Grund, warum viele Menschen in unserem Land ein Störgefühl haben, wenn es um Sie als Kanzlerkandidaten geht, ist: Sie verwechseln Geld mit Fleiß. Man kann in diesem Land stinkefaul sein, aber trotzdem durch Erbschaft oder Sonstiges zu Geld kommen.

(Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Und andere, die fleißig sind in diesem Land, die erleben Monat für Monat, dass das Geld knapp ist.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Was tun Sie denn, dass das Geld für die Menschen nicht mehr knapp ist?)

Das ist doch die Realität, über die wir reden müssen, und das tun Sie nicht, lieber Friedrich Merz. Sie verwechseln Geld mit Fleiß. Das ist schlicht unanständig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn es interessant ist: Ich will nicht über Sie reden; es geht um mehr. Die deutsche Wirtschaft befindet sich aktuell in einer historischen Umbruchsphase.

(Stephan Brandner [AfD]: Abbruchsphase!)

Es ist unsere dringende Aufgabe, die Rahmenbedingungen so auf Zukunft zu stellen, dass Deutschland eine starke Industrienation bleibt, dass hier Arbeitsplätze gesichert werden und entstehen.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: 300 000 vernichtete Industriearbeitsplätze in drei Jahren!)

Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative eine Grundlage dafür gelegt. Aber das reicht natürlich nicht; wir müssen mehr liefern. Die SPD-Fraktion hat dafür Vorschläge gemacht: Wir wollen den Industriestrompreis, den Transformationsstrompreis. Es ist völlig egal, wie er heißt; die Energiepreise müssen runter.

(Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Einigen Sie sich mal in der Koalition! – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Wir brauchen Freiheit statt Staat!)

Der Bundeskanzler hat zuletzt eigene Vorschläge in dieser Woche gemacht, was die Netzentgelte betrifft. Wir müssen handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie haben sie doch verdoppelt! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Das ist nämlich die Einstellung, die wir brauchen. Wir haben heute keinen einzigen Vorschlag der Unionsfraktion in der von ihr beantragten Aktuellen Stunde gehört – keinen einzigen!

(Stephan Brandner [AfD]: Sie machen aber auch keinen! Von Ihnen habe ich auch noch nichts gehört außer heiße Luft!)

Wir müssen handeln. Der Bundeskanzler hat gute Vorschläge gemacht. Das ist die Einstellung, die wir in Krisenzeiten brauchen. Nicht motzen und meckern, sondern machen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Eben!)

Glück auf und vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Bernd Schattner.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616246
Wahlperiode 20
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende
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