Lukas KöhlerFDP - Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist in einer Rezession. Das ist so; das haben die Zahlen heute bestätigt. Und das heißt: Unserem Wirtschaftsstandort geht es richtig schlecht. – Das muss man einfach mal festhalten.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Aha! Sehr gut!)
Und es ist gut, dass wir alle in diesem Haus dies als Problem erkennen. Der nächste Schritt ist, zu Lösungen zu kommen. Wir haben eine Menge Lösungen, die wir gerade anbieten. Ich bin froh und dankbar, dass die Union diese Aktuelle Stunde einberufen hat, auch weil sie sie unter den Titel „Wirtschaftswende“ stellt und damit den Begriff der FDP aus dem Frühjahr aufgreift.
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Mit Leben füllt!)
Das freut uns; denn Ideen von der FDP zu klauen, ist meist eine gute Idee. Die sind nämlich ziemlich super.
(Beifall des Abg. Friedhelm Boginski [FDP])
Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, was den Standort Deutschland anbetrifft. Es sind schon strukturelle Probleme angesprochen worden, die wir angehen müssen. Dazu gehören die Steuerbelastung, die Bürokratie, die Energiekosten, die Handelspolitik Deutschlands und der EU. Viele dieser Probleme wurden nicht von dieser Regierung verursacht. Sie sind langfristig entstanden, einige unter anderen Regierungen; an manchen waren wir beteiligt. Trotzdem können wir jetzt einiges dagegen tun. So ist es richtig, dass die Regierung im Sommer die Wachstumsinitiative beschlossen hat. Die darin aufgeführten 49 Punkte mit 118 Einzelmaßnahmen sind ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem reicht das nicht. Trotzdem muss da mehr passieren. Trotzdem müssen wir uns an vielen Stellen weiter darum kümmern, das Land voranzubringen. Der Kollege Linnemann hat eben ein paar Punkte aufgezählt. Die fand ich schon bemerkenswert.
Fangen wir mit der Handelspolitik der EU an! Sie haben gesagt, die Regierung sei sich nicht einig. Meines Wissens hat Deutschland gegen die Strafzölle gestimmt, und das war die richtige Entscheidung. Einen Handelskrieg mit China einzugehen, ist Wahnsinn. Die Franzosen erleben gerade, was Retaliation in Bezug auf Branntwein bedeutet. Das können wir nicht wollen. Das können wir auch nicht akzeptieren. Trotzdem dürfen wir nicht naiv auf China blicken.
Zum Thema Uneinigkeit würde ich übrigens mal in die eigenen Reihen schauen. Der Kollege Merz hat gesagt: „Handelszölle, Handelskriege wollen wir nicht“ und das klug erklärt. Die Kollegen im Europäischen Parlament haben das anders gesehen. Sie haben sich ganz öffentlich dafür ausgesprochen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Aber eure Leute haben doch für das Verbrennerverbot gestimmt!)
Bleiben wir kurz auf der EU-Ebene. Es gibt ja ein paar Dinge, die auf europäischer Ebene nicht richtig laufen. Wir sind zum Beispiel bei der deutlichen Haltung der EU zum Thema Verbrennerverbot sehr klar. Da ist die Union im Wahlkampf auch sehr klar gewesen. Jetzt sehen wir leider nicht mehr viel davon.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Die FDP hat dafürgestimmt!)
Die deutsche Automobilindustrie leidet gerade unter der Union. Die EU trifft immer wieder Entscheidungen, die für uns ein echtes Problem sind. Das betrifft übrigens auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Auch da war es richtig, dass wir uns klar dagegen positioniert haben. Und auch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – es stammt ja nicht von dieser Regierung, sondern wurde meines Wissens von einem CSU-Minister eingebracht – ist ein echtes Problem für dieses Land. Deswegen ist es richtig, dass wir dieses Thema jetzt mit der Wirtschaftswende angehen und die Unternehmen, den Mittelstand in diesem Land von dieser Bürokratie entlasten.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, ich glaube aber nicht, dass uns das Zurückblicken weiterbringt. Blicken wir in die Zukunft! Sprechen wir darüber, wie wir die Netzentgelte weiterentwickeln! Es überrascht mich, dass die Union sich gegen die Flexibilisierung der Netzentgelte ausspricht, dass sie dagegen ist, anzuerkennen, dass Deutschland seine Stromkosten auch im Netzbereich senken muss. Klar ist doch, dass große Unternehmen, die langfristig immer das gleiche sogenannte Lastprofil haben, die also immer gleich viel Energie verbrauchen, weiter entlastet werden müssen. Aber Deutschland – und übrigens auch der Rest Europas – muss die Realität anerkennen, dass es günstigen Strom zu unterschiedlichen Tageszeiten gibt. Darauf muss der Markt reagieren – der Markt, den Herr Linnemann und die Union eigentlich so hoch schätzen. Dass wir dessen Signale wirken lassen wollen, was dann zu günstigen Preisen führt, dürfte ich der Union eigentlich nicht erklären müssen. Das ist traurig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist traurig, dass Sie diese neuen Konzepte nicht annehmen. Gleichzeitig hoffe ich, dass in der Regierung bei dem Konzept, den Markt wirken zu lassen, noch mehr passiert.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ihre Strategie ist Hoffnung!)
Wir führen leider zu oft Diskussionen über Detailregulierungen, über Einzeleingriffe in Märkte, darüber, dass wir Unternehmen zu viel vorschreiben. Die Frage, wie wir das Wirtschaftssystem weiterentwickeln wollen, beantworten wir als Freie Demokraten sehr klar: Lasst den Markt überall da wirken, wo er es kann! Lasst uns den Unternehmen nur Rahmenbedingungen geben, aber keine Einzelvorschriften!
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der CDU/CSU)
Das Gute ist: Die Bundesregierung folgt dieser Meinung; das sehen Sie, wenn Sie sich die Wachstumsinitiative anschauen. Es ist richtig, dass wir Bürokratie abbauen. Es ist richtig, dass wir die Energiekosten senken. Es ist richtig, dass wir für mehr Fachkräfte sorgen. Es ist auch wichtig, dass Leistung wieder eine Rolle in diesem Land spielen muss.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: 1 000 Euro! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ah, eine Rolle! Leistung muss sich lohnen!)
Wir müssen dafür sorgen, dass das der wichtigste Anspruch an uns in Deutschland ist. Ich glaube, wir können – auch gemeinsam mit der Union – mehr hinkriegen. Wir werden daran arbeiten, dieses Land wieder auf Vordermann zu bringen, auch mit weiteren Maßnahmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Julia Klöckner das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616249 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende |