09.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 190 / Zusatzpunkt 1

Sebastian RoloffSPD - Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende

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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es begeistert mich jede Woche, wie sich die CDU – meistens die Gewerkschaft der ehemaligen Minister/-innen der CDU – hierhinstellt und so tut, als hätte sie bei ihrer Abwahl zehn tolle, wirtschaftlich erfolgreiche Jahre an die Ampel übergeben

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Hat sie ja auch!)

und die Ampel hätte dann alles aus Missfallen und eigener Inkompetenz kaputtgemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dass wir die Regierung während der Coronapandemie übernommen haben, dass es mit einem Neustart losgegangen wäre, wenn da nicht Putins Angriffskrieg gekommen wäre, dass dieser Krieg und die berechtigten Sanktionen mit Folgen für Lieferketten, Energiepreise etc. uns viel stärker trifft als andere G-7- oder OECD-Nationen, das sollte man zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf von der AfD: Warum sind wir denn Schlusslicht bei den Industrienationen?)

Wer das nicht zur Kenntnis nimmt, macht hier Oppositionsmusik. Aber das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Wirtschaft zeichnet sich glücklicherweise durch einen höheren Industrieanteil aus, insbesondere durch energieintensive Industrie. Deswegen haben wir eine viel höhere Nachfrage nach Öl und Gas, das wir bis vor Kurzem – Herr Kellner hat es gesagt – in viel höherem Maß als vergleichbare Staaten aus Russland bezogen haben. Außerdem hatten wir ein höheres Handelsvolumen mit Russland. Teil unseres Geschäftsmodells – das muss man sich auch vergegenwärtigen – war und ist, dass wir möglichst günstige Rohstoffe und Vorprodukte importieren und daraus handwerklich hochwertige Produkte herstellen und exportieren. Deswegen ist klar, dass sich die Verwerfungen in den globalen Lieferketten und auch die schwache Konjunktur in China überproportional auswirken. Wenn wir uns wenigstens in der Analyse schon mal einig wären, wären wir einen großen Schritt weiter; aber da fehlt nach alledem, was wir hier gehört haben, leider noch ein bisschen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Auch dieses Thema diskutieren wir regelmäßig: Wir befinden uns in der Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft, und zwar nicht aus ideologischen Gründen oder weil wir das so gerne wollen, sondern weil wir uns zusammen mit 190 Staaten beim Pariser Klimaabkommen dazu verpflichtet haben, was gut und richtig ist. Deswegen hat die Koalition eine ganze Reihe von Maßnahmen angestoßen, zum Beispiel den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze in bisher ungekanntem Ausmaß, das Wachstumschancengesetz, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Bürokratieentlastungsgesetz IV. Und die Wachstumsinitiative vom Juli ist auf dem gesetzgeberischen Weg. Weitere Maßnahmen sind angekündigt und in der Überlegung. Allein mit dem Vergabetransformationspaket werden wir ein größeres Entlastungsvolumen für die Wirtschaft erzielen als mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV. Das ist alles auf dem Weg. Also reden Sie es nicht schlecht!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir brauchen darüber hinaus aber weitere Aktivitäten. Wir hegen zum Beispiel große Sympathien für ein Vorziehen der Überprüfung der Flottengrenzwerte, weil wir damit dem Problem der Planungssicherheit von Unternehmen begegnen können. Der Blick in die USA und nach China zeigt, dass uns Ihre üblichen Anträge – heute liegt keiner vor; aber wir wissen ja, was da sonst von der Union kommt, nach dem Motto „Zurück in die Vergangenheit“ – nicht weiterhelfen. Der Kampf um die Märkte der Zukunft ist bereits in vollem Gange und wird mit dem IRA und den staatlichen Vorgaben in den USA massiv unterstützt. Wenn wir hier nicht abgehängt werden wollen, brauchen wir neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze günstige Strompreise, gerade für die energieintensive Industrie. Ich bin dem Bundeskanzler sehr dankbar für seine deutliche Positionierung mit Blick auf die Netzentgelte und hoffe, dass wir da kurzfristig zur Umsetzung von Lösungen kommen. Und wir brauchen ein Maßnahmenpaket, um die Automobilindustrie beim Umstieg auf die E-Mobilität zu unterstützen. Kurzfristig wirkende Kaufprämien genauso wie Abschreibungsmöglichkeiten im Leasingbereich, ein soziales Leasingprogramm und noch mehr Geschwindigkeit beim Ausbau der Ladeinfrastruktur – so können wir die Industrie stabilisieren. Wir hätten da gerne auch mal über Ihre Vorschläge diskutiert, aber da kommt ja immer wenig, außer Anklagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Was machen Sie denn, außer das Land zu ruinieren?)

– Ich habe gerade beschrieben, was wir machen.

Die Coronapandemie hat gezeigt, dass es möglich ist, gemeinsame Kraftanstrengungen zu unternehmen, um im großen Stil zum Beispiel Investitions- und Innovationspotenziale zu heben. Genau das brauchen wir jetzt aus Verantwortung für das Land. Da wünsche ich uns allen mehr Mut. Und ganz grundsätzlich wären vielleicht ein bisschen mehr Vorschläge und ein bisschen weniger Kettensägenrhetorik hilfreich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90 Die Grünen hat Dr. Sandra Detzer das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616251
Wahlperiode 20
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende
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