09.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 190 / Zusatzpunkt 1

Sandra DetzerDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende

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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt sehr viele Gründe, auf dieses Land und diesen Wirtschaftsstandort stolz zu sein. Letzte Woche erst hat der oberschwäbische Maschinenbauer Liebherr den größten Auftrag seiner Firmengeschichte bekommen – 470 große Baumaschinen sind bestellt worden: Muldenkipper, Planierraupen, Bagger, alle vollelektrisch, alle voll im Megatrend der Dekarbonisierung –, ein Umfang von 2,5 Milliarden Euro insgesamt. Das sind die Aufträge, die wir sehen wollen; das ist der Weg, den Unternehmen gehen wollen; denn diese Zukunftsmärkte sind es, die für Deutschland entscheidend sind. Digitalisierung und Dekarbonisierung, das ist die Zukunft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ja, dieses Land ist in einer Rezession, und die wirtschaftlichen Daten stellen uns nicht zufrieden. Das heißt aber umgekehrt auch, dass wir mittendrin sind in diesem Wandel, und das ist hart, weil sich viel von dem, was wir bislang kannten, verändert hat. China ist eben nicht mehr die Cashcow für unsere Autobauer, und das billige russische Gas kommt auch nicht wieder.

(Zuruf von der AfD: Das sagen Sie!)

Aber wir können diese Durststrecke durchstehen, wenn wir uns nicht mit Vergangenheitsliebe beschäftigen, sondern mit Ausdauer, Mut und Zuversicht vorangehen. Genau das tun die innovativen Unternehmen in diesem Land. Und sie verdienen Planungssicherheit; dafür machen wir grüne Wirtschaftspolitik. Das ist auch der Weg, den wir weitergehen wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Wann treten Sie eigentlich zurück?)

Was soll es bringen, wenn man die Ampel basht und Schwarzmalerei betreibt,

(Zuruf von der CDU/CSU: Dann müsste man den Kurs ändern!)

wenn man dem Verbrenner-Aus hinterherweint und dessen Rückkehr herbeisehnt, wenn man Atomkraft anhimmelt und Migration verteufelt? Das bringt verlorene Jahre, nicht mehr und nicht weniger, und es bringt nichts für die Erneuerung unseres Wohlstands. Genau das müssen Sie sich ankreiden lassen, Frau Klöckner. Das ist genau das, was Sie in Ihrer Regierungszeit versäumt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP] – Zuruf von der CDU/CSU: Sie regieren seit drei Jahren! Sie sind seit drei Jahren an der Regierung!)

Ich will es zusammenfassen: Allein in der Zeit – Frau Klöckner, diese Zahl können Sie sich aufschreiben; dann brauchen Sie das Argument an der Stelle nicht mehr zu benutzen – zwischen 2010 und 2020 sind 400 Milliarden Euro an Zinsverbilligungen nicht genutzt worden, um in die Zukunft dieses Landes zu investieren.

(Beifall des Abg. Reinhard Houben [FDP])

Herr Linnemann, wo waren die Investitionen in Bahn und Brücken? Wo waren die Investitionen in Zukunftstechnologien und Bildung? Wo waren die Investitionen in Fachkräfte und Integration? Nichts ist passiert, nada! Daher rühren die Standortprobleme, die wir gerade haben. Diese Ampel packt sie an. Wir räumen auf, was Sie hinterlassen haben. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Das Gerede von „Müssen wir nicht doch was mit dem Verbrenner machen?“, „ Müssen wir die Energiewende nicht doch zurückdrehen?“ verunsichert Unternehmen und Verbraucher. Unterlassen Sie das! Geben Sie mit uns klare Richtlinien! Dieses Land braucht Rahmenbedingungen in Richtung Dekarbonisierung, in Richtung Zukunft.

Diese Koalition, dieser Wirtschaftsminister hat genau das getan.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Drei Jahre Minister!)

Wir haben in extrem schwierigem geopolitischem Umfeld dieses Land von russischem Gas unabhängig gemacht. Die Energiepreise sind stabil und so niedrig wie vor der Krise. Die Inflation ist niedrig wie seit Jahren nicht mehr.

(Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Tausende von Migrantinnen und Migranten sind in Arbeit; denn wir wollen Chancen eröffnen und eben nicht Wege in Arbeit versperren. Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen, und da sind Sie bis heute nicht in der Realität angekommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Die Wachstumsinitiative – die Kollegen haben es beschrieben – wird weitere Investitionsanreize setzen und den Unternehmen Planungssicherheit geben. Sorgen Sie mit uns dafür, dass sie umgesetzt wird und dass sie im Bundesrat durch die unionsgeführten Länder nicht wieder kleiner gemacht wird, als wir sie planen. Das ist die Aufgabe, die Sie jetzt haben. Da sind wir auf Ihre Unterstützung gespannt.

Auch das Paket zur Unterstützung der Automobilindustrie ist angesprochen worden. Es ist in der Mache, und selbstverständlich – das ist die gute Nachricht – sind alle Hersteller und Zulieferer schon längst auf dem Weg in die Antriebswende. Es ist überhaupt völlig klar, dass die Individualverkehre von morgen durch den Elektroantrieb geprägt sein werden. Deswegen: Geben Sie endlich Ihren Widerstand gegen das E-Auto auf! Geben Sie den Unternehmen Planungssicherheit! Wir haben den europäischen Rahmen dafür, wir haben den nationalen Rahmen dafür, und bei dem müssen wir bleiben, damit es Investitionssicherheit für Unternehmen gibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Bengt Bergt [SPD] – Zurufe von der CDU/CSU)

Ich will einen Punkt ansprechen, den wir als Grüne intensiv diskutieren – wir haben uns auch auf unserem Zukunftskongress damit beschäftigt – und der ein wichtiger ist. Dieses Land ist jahrzehntelang auf Verschleiß gefahren. Gerade beim öffentlichen Vermögen ist zu viel kaputtgegangen, zu viel nicht instand gesetzt worden. Es kann nicht sein, dass wir ein innovativer Wirtschaftsstandort sein wollen, wenn in diesem Land Brücken einbrechen und die Bahn nicht fährt.

(Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Das wird nicht funktionieren. Deswegen: Lassen Sie uns gemeinsam die Schuldenbremse reformieren! Ihre Ministerpräsidenten sind schon dafür.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat denn Dresden zu verantworten?)

Hören Sie auf die Leute in Verantwortung! Dann kommen wir da weiter.

Ich komme zum Ende.

(Bernd Schattner [AfD]: Sie sind am Ende!)

Nein, Sie müssen bitte jetzt den Punkt setzen.

Dieses Land braucht eine positive Zukunftsvision. Wir haben sie. Machen Sie mit!

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Das Wort hat der Kollege Jörg Cezanne für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616252
Wahlperiode 20
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende
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