09.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 190 / Tagesordnungspunkt 5

Tino SorgeCDU/CSU - Reform der Notfallversorgung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass die Notfallreform kommen muss.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habt ihr nicht hingekriegt!)

Ich will im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion betonen, dass wir natürlich nicht über das Ob der Reform sprechen. Wir reden eher über das Wie. Ich finde es ein bisschen schade, dass wir so lange gebraucht haben. Sie haben es angesprochen: Seit über zehn Jahren sprechen wir darüber, dass eine Notfallreform überfällig ist.

(Zurufe von der SPD und der FDP)

In der letzten Legislatur haben wir – damals unter dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – eine Reform auf den Weg gebracht. Diese ist dann leider versandet, teilweise weil man sich mit den Ländern nicht einigen konnte. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass wir in dieser Legislatur nicht anderthalb Jahre diskutieren. Seit anderthalb Jahren liegen die Entwürfe der Regierungskommission vor. Auch wir als Unionsfraktion haben schon vor anderthalb Jahren einen entsprechenden Antrag eingebracht. Wir hätten das Gesetz in diesem Hohen Hause schon viel früher beschließen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ihr zehn Jahre nicht geschafft habt, haben wir in drei Jahren geschafft!)

Der Reformentwurf enthält viele gute Punkte, insbesondere in Bezug auf die Patientensteuerung. Wir sind uns alle einig, dass wir die Ressourcen viel besser nutzen müssen. Wir alle kennen die Zahlen: Zwei Drittel derjenigen, die Notaufnahmen in Anspruch nehmen, sind keine Notfälle. Deshalb geht es darum, Parallelstrukturen zusammenzuführen.

(Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Der Kollege Ullmann hat, glaube ich, Redebedarf.

Ja, gern. Ich wollte Sie nicht unterbrechen. – Bitte schön.

Ich lasse die Frage des Kollegen gerne zu. Das trägt bei ihm immer zur Erkenntnisfindung bei.

Lieber Herr Kollege Sorge, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben ja gerade gesagt, dass wir zu lange gebraucht haben, eine Notfallreformgesetzgebung auf den Weg zu bringen. Ich erinnere mich noch relativ klar, dass Jens Spahn in der letzten Wahlperiode ein Gesetz auf den Weg bringen wollte und offensichtlich ausgebremst worden ist. Können Sie bitte erklären, warum die Union nicht den Mut hatte, eine solche Reform anzugehen?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Andrew Ullmann, ich könnte jetzt sagen: Auf rhetorische Fragen muss man nicht antworten.

(Heike Baehrens [SPD]: Ich bin auf den Erkenntnisgewinn gespannt!)

Aber dass derjenige, der – auch auf Länderebene – zu den Bremsern gehört hat, sich jetzt hierhinstellt und fragt, warum das nicht funktioniert hat, finde ich schon ein bisschen skurril. – Erster Punkt.

(Zuruf des Abg. Manuel Höferlin [FDP])

Zweiter Punkt. Ich habe ganz bewusst gesagt: Wir haben damals schon einen Notfallreformentwurf auf den Weg gebracht. Wir haben damals mit den Kolleginnen und Kollegen der SPD und insbesondere mit Karl Lauterbach als federführendem Gesundheitspolitiker der letzten acht Jahre zusammengearbeitet. Es gab dann Abstimmungsbedarf mit den Ländern. Das hat nicht funktioniert. Deshalb sage ich auch ganz offen: Wir müssen bei einer solchen Reform auch diejenigen, die es betrifft, mitnehmen. Wir haben heute Morgen im Gesundheitsausschuss über die Krankenhausreform gesprochen. Für diese wurde gestern um 13 Uhr – parallel zur Obleuterunde – eine angebliche Einigung verkündet. Und dann wundert man sich, wenn alle anderen, die es betrifft, sagen: Wir sind gar nicht einbezogen worden. – Das funktioniert nicht. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es ist schon ein bisschen schade, dass hier seitens der Ampel solche Schaufensterfragen gestellt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Man muss ja wohl über Erkenntnisse berichten können! – Gabriele Katzmarek [SPD]: Das war die Erkenntnis!)

Es ist richtig, im Rahmen der Reform die Patientensteuerung auf den Weg zu bringen. Es geht darum, die unterschiedlichen Systeme – also die 112 als Notfallnummer und die 116117 – zusammenzuführen. Wir sollten aber – und das ist der dringende Hinweis und der Appell an Sie, Herr Bundesgesundheitsminister – die Notfallreform nicht singulär betrachten. Wir müssen sie besser mit der Krankenhausreform verzahnen. Wir müssen auch die Rettungsdienste besser berücksichtigen. Und wir müssen vor allen Dingen darauf achten, dass wir nicht zusätzliche Bürokratie schaffen. Um das zu beherzigen, müssen Sie nicht unbedingt uns als Opposition glauben. Aber glauben Sie den Akteuren! Glauben Sie denjenigen, die sagen: Es ergibt keinen Sinn, parallel einen Notfalldienst 24/7 auf den Weg zu bringen.

Bei den Integrierten Notfallzentren muss man darauf achten, dass die Länder entscheiden können, wo ein Notfallzentrum hinkommen soll. Aber wie sollen sie das entscheiden, wenn es keine Verzahnung mit der Krankenhausreform gibt?

(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Man weiß noch gar nicht, welches Krankenhaus erhalten bleibt, und will jetzt schon Standorte für Integrierte Notfallzentren festlegen. Das ist im Grunde der zweite Schritt vor dem ersten. Das sollten Sie noch mal überdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Das ist falsch! Eben haben Sie kritisiert, dass der erste Schritt jetzt kommt!)

Es hört sich immer gut an und ist gut gemeint, eine Notfallversorgung 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche zu fordern. – Ja, das wollen wir auch. Aber es ergibt angesichts der vorhandenen Ressourcen an Pflegekräften und Medizinern überhaupt keinen Sinn, den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, die Notaufnahmen und die Rettungsdienste parallel laufen zu lassen. Deshalb: Nehmen Sie die Hinweise ernst, Notfallreform und Krankenhausreform besser miteinander zu verzahnen! Sprechen Sie vor allen Dingen auch mit den Ländern! Sprechen Sie mit den Kommunen, die ja teilweise schon viele sehr gute Notfallversorgungsmechanismen vor Ort etabliert haben. Schütten Sie nicht das Kind mit dem Bade aus, indem Sie jetzt formal etwas umsetzen, aber nicht auf die Argumente derjenigen hören, die Verbesserungsbedarf sehen.

(Heike Baehrens [SPD]: Was ist denn das für ein Unsinn? Das ist die erste Lesung, und wir diskutieren miteinander!)

– Frau Baehrens, ich gebe Ihnen doch recht.

(Heike Baehrens [SPD]: Einfach mal zur Sache!)

Natürlich, das ist die erste Lesung.

(Heike Baehrens [SPD]: Genau!)

– Sie hören zu, wie ich sehe.

Wir als Opposition werden in den Beratungen hoffentlich noch viele Dinge mit Ihnen gemeinsam verbessern können. Sie sollten aber nicht – wie bei der Krankenhausreform; ich sagte es anfangs – mit dem Kopf durch die Wand gehen. Ansonsten brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass es nicht funktioniert.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Ja, aber da muss man erst mal konstruktiv werden!)

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort erhält Dr. Janosch Dahmen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616295
Wahlperiode 20
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Reform der Notfallversorgung
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