Carl-Julius CronenbergFDP - Abschaffung - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In ihrem Antrag zum GroKo-Lieferkettengesetz schürt die AfD Ängste vor der Deindustrialisierung Deutschlands und der unwiederbringlichen Zerstörung ganzer Geschäftsmodelle gleich mit.
(Zuruf von der AfD: Ist doch so!)
Das entspricht einem bekannten AfD-Muster: Angst schüren, um Frust und Pessimismus zu verbreiten. Ich will Ihnen etwas sagen: Wenn etwas der Wirtschaft nachhaltig Schaden zufügt, dann ist das Ihr permanentes Schlechtreden des Standorts Deutschland. Das schadet der Wirtschaft, und zwar gehörig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Meckern bringt Verunsicherung statt besserer Rahmenbedingungen.
(Uwe Schulz [AfD]: Zeitung lesen! Systempresse lesen! Reicht schon!)
So kommen keine Investitionen. Mit Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung schon, mit Bürokratieentlastung auch, mit Steuerentlastungen und Abschaffung der kalten Progression erst recht. Genau das machen wir mit der Wachstumsinitiative, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen wird die Wirtschaft im nächsten Jahr auch wieder wachsen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Hahaha!)
Globale Wertschöpfungsketten bedingen globale Verantwortung. Deutsche Unternehmen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – da, wo sie Einfluss nehmen können. Deshalb sind deutsche Unternehmen in der Welt gerngesehene Geschäftspartner und Investoren. Deshalb sorgen mehr Handel und mehr Investitionen auch für mehr Einfluss auf Arbeits- und Umweltbedingungen vor Ort, aber eben nur dort, wo die Unternehmen auch tatsächlich Einfluss nehmen können.
Klar ist: Deutsche Unternehmen können nie staatliche Verantwortung ersetzen. Schon gar nicht können sie im Ausland geltendes Recht durchsetzen. Wer das einfordert, riskiert Rückzug der Unternehmen aus den Ländern, aus ganzen Regionen. Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen kommen dann sicher nicht. Rückzug schafft keinen Wohlstand. Rückzug bedeutet weniger Jobs und weniger Einkommen in den ärmsten Ländern. Wer kann das wollen?
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Gegenteil: Mehr Handel und mehr Investitionen sind die besten Voraussetzungen für Entwicklung. Allein deshalb fordere ich die EU auf, die laufenden Verhandlungen über Freihandelsabkommen schnell zum Abschluss zu bringen, vorneweg Mercosur.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Kritik am Merkel-IV-Lieferkettengesetz ist ebenso unüberhörbar wie berechtigt. Deshalb hat die aktuelle Bundesregierung folgende Korrekturen beschlossen:
Erstens. Das BAFA setzt vorläufig die Sanktionen aus.
Zweitens. Es werden verbindliche Standards festgelegt, die das Abwälzen von Sorgfaltspflichten auf mittelständische Zulieferer unterbinden.
Drittens. Die Berichterstattung „Lieferkette“ entfällt ersatzlos und gilt mit der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung als erledigt.
Viertens. Heute sind 3 000 Unternehmen vom Gesetz betroffen. Mit der Umsetzung der Richtlinie werden es zunächst weniger als 1 000 Unternehmen sein. Zwei Drittel fallen weg – noch in dieser Legislatur.
(Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Die ganze Lieferkette!)
Schließlich fünftens. Die Anwendung der Haftungsregeln und die Ausweitung des Geltungsbereichs werden zum spätestmöglichen Zeitpunkt erfolgen.
All das ist gut und richtig und dem Einsatz der FDP zu verdanken. Mehr geht europarechtlich im Moment nicht. Deshalb lehnen wir den AfD-Antrag ab, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Alexander Bartz [SPD] und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Also: Korrekturen ja, aber der Grundfehler der Lieferkettengesetze wird damit nicht geheilt. Klar ist: Bessere Arbeitsbedingungen oder die Geltung von Menschenrechten durchsetzen,
(Bernd Rützel [SPD]: Ist das nichts?)
das wollen wir alle.
(Bernd Rützel [SPD]: Na also!)
Nur, das Instrument Lieferkettengesetz halten wir für ungeeignet. Der Grundfehler liegt darin, dass man mit unilateralen Gesetzen in bilaterale, oft multilaterale Sachverhalte eingreift. Das hat fatale Folgen. Die Partner in der Welt empfinden das als übergriffig. Die Anständigen werden mit Bürokratie belastet. Die Unanständigen drücken sich mit dokumentierter Sorgfalt vor Verantwortung. Allen wird es schwerer gemacht, mit neuen Lieferketten Risiken zu reduzieren.
Peking reibt sich die Hände, wenn VW offiziell feststellt, dass in der Uiguren-Provinz Xinjiang alles in Ordnung ist. Plattformen wie Temu entziehen sich völlig legal jeder Haftung, da sie überhaupt nicht erfasst sind. Profiteure sind die Protagonisten der Klageindustrie: Berater, NGOs und Anwälte. Wertschöpfend ist das alles nicht.
(Beifall bei der FDP)
Besser wäre es, in Freihandelsverträgen die Verbesserung von Standards mit mehr Marktöffnung zu verknüpfen. Stattdessen wird EU-Handelspolitik konterkariert. Unilaterale Eingriffe in bilaterale Sachverhalte halten wir für falsch.
Schließlich lehnen wir Freien Demokraten eine Politik ab, die Unternehmen kriminalisiert, eine Politik, die unterstellt, Unternehmen würden nur unter Androhung von Strafe mit Ausbeutung aufhören.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Was ist das für eine Misstrauenskultur! Das haben unsere Unternehmen, diejenigen im Mittelstand ganz besonders, nicht verdient. Verdient haben sie mehr Freiheitsvertrauen und mehr Freiheitsoptimismus.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner ist Maximilian Mörseburg für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616312 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Abschaffung - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz |