Maximilian MörseburgCDU/CSU - Abschaffung - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute drei Zitate von Ludwig Erhard mitgebracht, dem Mann, der die Wirtschaftsordnung in diesem Land begründet hat, die Deutschland so wohlhabend gemacht hat.
Das erste Zitat betrifft die Beziehung zwischen Politik und Wirtschaft: „Die Volkswirtschaft ist kein Patient, den man pausenlos operieren kann.“
Das zweite Zitat betrifft die Frage der Gerechtigkeit im Markt: „Je freier die Wirtschaft ist, umso sozialer ist sie auch.“ Das ständige Herumdoktern macht unsere Wirtschaft kaputt, und dass sie auch deshalb stottert, sehen wir spätestens jetzt in den Wirtschaftsprognosen. Mit jeder neuen Regel, die beschlossen wird, schaffen wir Hunderte Jobs bei Behörden oder bei Beratungsfirmen, aber gefährden ein Vielfaches an gut bezahlten Industriearbeitsplätzen im ganzen Land.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ludwig Erhard war sehr vorausschauend, und deshalb hat er sozusagen zum Lieferkettengesetz noch das dritte Zitat hinterlassen: „Wenn wir den Wohlstand geschafft haben, werden wir auch mit seinen Folgen schon fertig.“ Das ist die beste Zusammenfassung dessen, was in den ärmeren Regionen dieser Welt durch die Globalisierung passiert ist und auch noch passieren wird: Die Entwicklungsländer und die Schwellenländer schaffen Wohlstand und arbeiten dann an der Verbesserung der Menschenrechte und des Umweltschutzes, so wie auch wir es übrigens gemacht haben, nachdem unsere materiellen Bedürfnisse gedeckt und gesichert waren.
Jetzt kommen in der Situation aber wir mit unseren Ansprüchen und Vorstellungen aus unserer Lebensrealität. Wir machen unseren Handelspartnern Vorgaben; wir überhäufen unsere eigene Wirtschaft und die Unternehmen, die dort tätig sind, mit noch mehr bürokratischen Pflichten, und wir schaffen Rechtsunsicherheit im Handel mit diesen Ländern. Es gibt ein paar große Unternehmen in Europa, die sich sogar darüber freuen; denn die Markteintrittshürde für kleinere Unternehmen wird natürlich noch größer. Aber kleine und mittlere Unternehmen und vor allem alle, die wirtschaftlich in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv sind, werden überfordert.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kleinen und mittleren Unternehmen sind gar nicht betroffen! Es geht nur um große Unternehmen, gar nicht um kleinere und mittlere!)
Ich bedauere sehr, wenn wir an dieser Stelle eine emotionale und unehrliche Debatte führen. Buzzwords und Gruselgeschichten, die wir in dieser Debatte andauernd hören, ersetzen Daten und Fakten nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sehe diese Form der Regulierung – vor allem, wenn wir sie übertreiben – allgemein sehr kritisch, weil ich glaube, dass sie uns und die andere Seite in dieser Geschichte ärmer macht, aber es ist der Freihandel, der uns und die anderen wohlhabender macht. Wir schulden gute Wirtschaftspolitik nicht nur dem gewissenhaften Arbeiter in Untertürkheim, der seinen guten Job bei Daimler behalten möchte, sondern wir schulden sie auch den Ländern mit Aufstiegswillen, die sich das Ganze noch erarbeiten möchten.
Nur eine in weiten Teilen freie Wirtschaftsordnung und immer freierer Handel hätten in den letzten 30 Jahren ein derartiges Wunder für die Lebenssituation von Hunderten Millionen Menschen erreichen können.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Oh, ja! Das stimmt!)
Deshalb ist es in der Summe einfach falsch, punktuelle Rechtsverletzungen anzuprangern, ohne gleichzeitig zu erwähnen, wie viel besser es Hunderten Millionen Menschen auf dieser Welt mittlerweile geht,
(Beifall bei der CDU/CSU)
und das durch internationalen Handel, der immer mehr Barrieren abgebaut hat.
Wirtschaft ist eben kein Nullsummenspiel.
(Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt ja auch keiner!)
Arbeitsteilung und Spezialisierung haben in Summe den weltweiten Wohlstand für alle vergrößert und Gesellschaften in ihrer Entwicklung so gefördert wie keine Richtlinie, kein Lieferkettengesetz und keine Entwicklungshilfe es jemals könnten. Die Zahl der Menschen in extremer Armut ist seit 1990 um 1 Milliarde gefallen – wohlgemerkt: während die Bevölkerung der Erde gleichzeitig gestiegen ist.
(Zuruf des Abg. Dr. Malte Kaufmann [AfD])
Auch der Welthandelsbericht der WTO zeigt den Zusammenhang auf, dass Handel das Einkommen steigert, und diese Steigerung des Einkommens wiederum hat positive Effekte auf die Menschenrechtslage, vor allem für die verletzlichsten Gruppen auf dieser Welt.
(Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
Konkret geht es darum, dass es seit den 90er-Jahren gelungen ist, die Armutsquote in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommensstrukturen von 40 Prozent auf 11 Prozent zu senken. Das heißt, den ganz großen Teil der Armut weltweit gibt es einfach nicht mehr. Im selben Zeitraum ist der Anteil des globalen Exportvolumens dieser Länder, über die ich gesprochen habe, von 16 Prozent auf 32 Prozent gestiegen. Oh Wunder, wer diesen Zusammenhang nicht erkennt.
Das sind klare Zahlen, das sind klare Fakten und übrigens auch gute Aussichten für die Zukunft vor allem dieser Länder. Es gibt nichts Unsozialeres, nichts Schädlicheres, als diesen Handel auszubremsen und unsere Unternehmen sowie die Unternehmen dieser Länder mit übermäßiger Bürokratie zu überfrachten.
(Bernd Rützel [SPD]: Das ist keine Bürokratie! Das sind Menschenrechte!)
„Je freier die Wirtschaft ist, umso sozialer ist sie auch.“ Und mit den Folgen des Wohlstands weltweit werden wir dann schon klarkommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das Wort erhält Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Bernd Rützel [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616313 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Abschaffung - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz |