Gabriela HeinrichSPD - Jahrestag des terroristischen Überfalls auf Israel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden heute darüber, dass der barbarische Terrorüberfall der Hamas auf Israel ein Jahr her ist. Dabei wurden 1 200 Menschen brutal ermordet, und es wurden viele vergewaltigt, gefoltert, verletzt und verschleppt. Es liegt seitdem ein schweres Trauma über Israel, dem sich in dem Land niemand entziehen kann.
Mir ist es unerklärlich, wie man kein Mitgefühl haben kann mit den Angehörigen der Opfer und der Geiseln sowie mit den Zehntausenden Israelis, die wegen anhaltenden Raketenbeschusses nicht in ihre Häuser zurückkehren können. Mir ist es aber auch nicht erklärlich, wie wir heute daraus eine innenpolitische Debatte machen können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Seit einem Jahr gibt es Krieg im Nahen Osten. Israel wird nach wie vor mit Raketen beschossen – aus dem Libanon,
(Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])
aus Gaza, aus dem Jemen und aus Iran. Lange wurde vor dieser Eskalation gewarnt, jetzt ist sie da. Es ist nicht mehr nur irgendein Geplänkel, wenn Iran auf den jüdischen Staat Raketen abfeuert und mit einer Reaktion rechnen muss.
Seit einem Jahr wird die Lage nicht einfacher, sondern jeden Tag komplizierter. Es gibt Widersprüche und Ziele, die nicht oder kaum miteinander vereinbar sind.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Alle auf den Straßen! Importierte Konflikte! Importierter Islamismus! Darum geht es!)
Die israelische Regierung hatte das Kriegsziel ausgegeben, die Hamas vollständig zu zerstören. Die Menschen in Israel gehen zu Hunderttausenden auf die Straße und verlangen als oberste Priorität die Befreiung der Geiseln. Sie hoffen weiterhin auf einen Deal, auf ein Abkommen, das die letzten hundert Geiseln nach Hause bringt. Die Pläne dazu gab und gibt es
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Die Islamisierung Deutschlands ist in vollem Gange!)
und damit immer wieder die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung. Voraussetzung dafür ist, dass der Beschuss auf allen Seiten mit einem Waffenstillstand endet.
Handeln Hamas und Hisbollah nicht zynisch? Sie geben vor, für die Sache der Palästinenser zu kämpfen, missbrauchen aber die Menschen als menschliche Schutzschilde. Die Folgen: unermessliches Leid, tote und unterernährte Kinder, Fluchtbewegungen, Terror. Beide Organisationen wollen Israel vernichten – als Proxys von Iran.
Seit einem Jahr verteidigt sich Israel; es muss sich verteidigen und hat alles Recht dazu. Gerade wir als Freunde Israels sind gezwungen, uns permanent Fragen zu stellen. Wir sagen, Israel muss sich verteidigen – aber mit verhältnismäßigen Mitteln, unter Einhaltung des Völkerrechts und bei humanitärer Versorgung der Zivilbevölkerung. Aber was ist verhältnismäßig, wenn die Tunnel unter Schulen und Krankenhäusern zu finden sind, wenn sich Hamaskämpfer unter die Zivilbevölkerung mischen und sich immer wieder neu formieren, wenn der Beschuss aus Gaza weiterhin möglich ist?
Und trotzdem: Die Bilder aus Gaza zeigen die Zerstörung, den unendlichen Schmerz der Familien, die Toten und Verschütteten, die Kinder mit abgetrennten Gliedmaßen. Ist es möglich, hiervon nicht berührt zu sein? Kann man wirklich verlangen, dass Deutschland die humanitäre Hilfe und Unterstützung für den Gazastreifen einstellen soll? Braucht es nicht endlich eine Idee, wie es mit dem Gazastreifen weitergehen kann, auch vonseiten Israels?
Vor einem Jahr wurden die Menschen in Israel nahe dem Gazastreifen überfallen, mit einer ungeheuren Wucht. Ich habe mir die Aufnahmen angeschaut, die die Terroristen von ihrem Massaker selbst gefilmt hatten. Diese Bilder waren zu grausam für die „Tagesschau“.
Bei vielen in Deutschland und in Europa hat Israel letztlich die Deutungshoheit über den Konflikt verloren. An deutschen Universitäten und in Neuköllner Straßen gibt es Blockaden und Demonstrationen mit antisemitischen Transparenten. In der U-Bahn tragen junge Menschen „Free Palestine“-Stofftaschen mit einer Art Landkarte darauf; die Umrisse zeigen keine Staatsgrenze Israels mehr. Wir sind erschrocken über die nie dagewesenen Zahlen antisemitischer Straftaten. Jüdinnen und Juden in Deutschland leben wieder in Angst, und sie fragen sich, ob dies noch ihr Land ist. Ich halte dies für unerträglich. Wir müssen alles tun, damit sie sich diese Frage nicht stellen müssen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute hat die Weltgemeinschaft große Sorgen, dass sich der Krieg im Nahen Osten noch weiter ausweitet. Fakt ist: Das Leid ist so unermesslich, dass es jetzt gestoppt werden muss. Auch wenn es die kriegerischen Parteien im Moment nicht wahrhaben wollen: Nach diesem Krieg kann nur eine Zweistaatenlösung einen nachhaltigen Frieden bringen. Das mag in weiter Ferne liegen, ist aber deshalb nicht naiv. Die Zweistaatenlösung ist die einzige Chance für Israel und für die Palästinenser und Palästinenserinnen. Wer sich für den Staat Israel einsetzt, wer ihn unterstützt und wer möchte, dass die Menschen im Nahen Osten langfristig in Frieden miteinander leben können, der weiß: Diese Lösung ist kein Widerspruch, sie ist die einzige Lösung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Bernd Baumann.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616344 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Jahrestag des terroristischen Überfalls auf Israel |