Nils SchmidSPD - Jahrestag des terroristischen Überfalls auf Israel
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Vereinbarte Debatte dient zuvorderst dem Gedenken an die Opfer des Terrorangriffs der Hamas vor einem Jahr. Sie ist auch ein Anlass zum Innehalten und Nachdenken über das, was seit einem Jahr geschehen ist.
Wir gedenken der über 1 000 Ermordeten, der vergewaltigten Frauen, der Verletzten. Wir erinnern an die Geiseln; 101 von ihnen sind immer noch in Gefangenschaft. Sie müssen sofort freigelassen werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir erinnern an die Zehntausenden Binnenvertriebenen in Israel. Sie müssen sofort heimkehren können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Heilmann [CDU/CSU])
Wir bekräftigen das Recht Israels auf Selbstverteidigung gegen das Terrornetzwerk, das der Iran in der Region aufgespannt hat, und unsere Unterstützung für die sichere Existenz des Staates Israel.
Wir halten inne und denken an die über 40 000 Toten und fast 100 000 Verletzten im Gazastreifen, einem Landstrich, der im Wesentlichen aus knapp 40 Millionen Tonnen Trümmern besteht. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass allein die Aufräumarbeiten mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen werden. Wir unterstreichen die Verantwortung der Hamas für diese Zerstörungen an Leib und Leben und für die Zerstörung der Heimat von knapp 2 Millionen Palästinensern.
Nachdem Netanjahu dem Libanon das gleiche Schicksal wie dem Gazastreifen angedroht hat und im Libanon schon etwa ein Sechstel der Bevölkerung ebenfalls vertrieben wurde, stellt sich aus meiner Sicht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des israelischen Vorgehens immer dringlicher.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Und schließlich sollte diese Debatte ein Moment des Nachdenkens sein: des Nachdenkens über die Suche nach Partnern für Frieden in Israel, Palästina und der Region – denn alle in der Region haben legitime Sicherheitsinteressen –, des Nachdenkens über die Schwäche der Palästinensischen Autonomiebehörde und darüber, wie man sie stärken kann, da sie ja immerhin immer noch an dem Friedensprozess festhält, trotz massiven Drucks, ebenfalls in den bewaffneten Kampf einzutreten, wie das so schönfärberisch genannt wird, des Nachdenkens über die Strategie der israelischen Regierung, die über den Tag danach auch ein Jahr danach nichts sagen kann oder will, und des Nachdenkens darüber – denn wir müssen einräumen: in den letzten zwölf Monaten sind wir daran gescheitert –, wie wir gemeinsam bessere Wege finden können, diese israelische Regierung von der Notwendigkeit einer politischen Lösung, eines politischen Angebots zu überzeugen.
Es bleibt die Gefahr, dass taktische, militärische Erfolge der hervorragend arbeitenden israelischen Streitkräfte in eine strategische Niederlage münden. Deshalb bleibt uns unverändert festzustellen – und das ist die Erfahrung aus dem jahrzehntelangen Nahostkonflikt –: Sicherheit in der Region, Sicherheit für den Staat Israel wird nicht durch militärische Stärke allein ermöglicht, auch wenn militärische Stärke unverzichtbar für die Existenz des Staates Israel ist.
Deswegen ist der Weg nach vorn aus meiner Sicht klar: Wir brauchen eine Waffenruhe in Gaza, um die Geiseln freizubekommen und humanitäre Hilfe dort hineinzubekommen. Wir brauchen eine Waffenruhe im Libanon zur Umsetzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates. Wir brauchen ein Sicherheitsarrangement in Gaza mithilfe der arabischen Partner. Und wir brauchen entschlossene Schritte hin zu einer Zweistaatenlösung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und des BSW)
Als Nächste hat das Wort für die Gruppe BSW Sevim Dağdelen.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616359 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Jahrestag des terroristischen Überfalls auf Israel |