Kay GottschalkAfD - Geldwäsche, Terrorismus- u. Extremismusfinanzierung
Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Zunächst muss ich sagen: Ich muss die Rede wieder umstellen. Es ist schon interessant, wie hier die Bälle hin und her geworfen worden sind. Denn wir haben die FIU – das kann der Kollege Zimmermann, glaube ich, bestätigen – und die Geldwäschebekämpfung seit 2017 auf unserer Sorgenliste.
Da hatten wir einen Finanzminister, der jetzt Kanzler und Abgeordneter ist – wahrscheinlich mit Blick auf die Zukunft. Sie alle haben hier das Thema „Geldwäschebekämpfung und Terrorismusfinanzierung“ verbeutelt und komplett versagt. Das hat ja der Kollege Herbrand gesagt: Der FATF-Bericht über Deutschland war nicht nur 2022, sondern er war 2019 schon verheerend. Und da hat die CDU mit der SPD regiert; das sollten wir an dieser Stelle nicht vergessen.
(Beifall bei der AfD)
Nun also voller Einsatz der Union wie schon bei den Themen „innere Sicherheit“, „Migration“, „Finanzierung“, „Steuern“. Das hätten Sie 16 Jahre lang tun können. Kommen wir aber zu Ihrem Gesetz an sich.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das ist auch kein Gesetz! Das ist ein Antrag!)
Es ist für die Zuhörer ein nicht sehr spannendes Gesetz. Es ist in der Sache ein sehr komplizierter Weg; das hat Herr Zimmermann ja auch gesagt. Ich darf unterstellen – auch meine Fraktion ist der Meinung –, dass hoffentlich bei allen Anwesenden Einigkeit darüber besteht, dass Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, aber auch alle anderen sonstigen Aktivitäten der Finanzkriminalität – da springen Sie beide von der Union und von der SPD zu kurz – ein wichtiges Anliegen sind.
(Zurufe von der SPD)
Es wird zum Beispiel auch bei der Union die Durchführung von Finanzermittlungen in komplexen Fällen und die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden als Thema nicht behandelt.
Herr Zimmermann, da genau liegt doch die Schwäche dessen, was Sie jetzt einbringen. Nach wie vor wird das neue Amt mit den neuen vier Unterabteilungen, die Sie dort nach dem Motto „Alter Wein in neuen Schläuchen“ schaffen, wiederum keinen Zugriff auf die LKA-Dateien, also die Dateien der Landeskriminalämter haben. Herr Buckenhöfer
(Carlos Kasper [SPD]: Buckenhofer!)
hat hier in den Anhörungen ausgeführt: Wir haben wieder eine blinde FIU mit Unterabteilungen im BBF. Das, meine Damen und Herren, können wir bei dieser Komplexität der Sachverhalte alle nicht wollen.
Da muss ich Herrn Lindner mal loben – sonst muss ich Sie ja immer kritisieren –:
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Jetzt würde ich mir Gedanken machen, Herr Minister!)
Der beste Kollege und das beste Mittel mittlerweile gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist Ihr Kollege Habeck; denn nicht mal mehr inkriminiertes Geld findet bei dieser vernichtenden Wirtschaftspolitik seinen Weg nach Deutschland. Das muss man an dieser Stelle, glaube ich, sagen. Also: Danke, Herr Habeck, für Ihren Einsatz an dieser Stelle!
(Beifall bei der AfD)
Der Kern Ihres Antrages von der Union ist allerdings, dass das Geldwäscheparadies Deutschland der Vergangenheit angehören soll; das haben Sie ja eben auch ausgeführt. Aber ich frage Sie auch da noch mal: Was ist mit Wirecard? Was ist mit Cum-ex? Was ist mit Cum-cum?
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Müssen Sie den Kanzler fragen!)
Was ist mit der Umsatzsteuerhinterziehung durch Deklarieren von Inlandsgeschäften als Export? Was ist mit den Umsatzsteuerverlusten im Internethandel? Wir haben das erst gestern wieder in Teilen behandelt und auch in der Woche davor. Ich nenne mal „Temu“ als Stichwort. Mehr als 1,5 Millionen Pakete finden falsch deklariert als unter der 150-Euro-Grenze liegend ihren Weg nach Deutschland.
Und was ist immer noch mit dem europäischen Umsatzsteuerkarussell? Wir sprechen hier über dreistellige Milliardenbeträge – dreistellige Milliardenbeträge! –, die an dieser Stelle verloren gehen. Alle Ihre Gesetzentwürfe, die Sie beschließen werden, werden diese Sachverhalte wieder nicht behandeln. Das muss ein modernes Gesetz, was in die Zukunft gerichtet ist, leisten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Wo ist denn Ihr Gesetzentwurf dazu?)
Eine neue Behörde mit dem schönen Titel „BBF“ – Sie haben es eben gesagt – soll es also richten. Für die Zuschauer, die nicht jeden Tag mit Geldwäsche zu tun haben: Das ist das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität. Wirklich, an Ideen für Scrabble mangelt es dieser Regierung tatsächlich nicht. Aber auch dieses Amt mit seinen vier Unterabteilungen wird es nicht richten; das wage ich jetzt schon zu prognostizieren. Herr Zimmermann hat der Union, in welcher Farbe auch immer sie regieren wird, eine Wette angeboten. Auch ich werde Sie damit konfrontieren, wenn wir in zwei Jahren wieder über ein untaugliches BBF und Ihre Gesetze reden, meine Kollegen von der SPD, den Grünen und der FDP.
Jetzt muss ich technisch werden: Sie von der Regierung schaffen tatsächlich 102 neue Planstellen im BBF. Da frage ich mich: Wo sollen die Spezialisten eigentlich bei dem Fachkräftemangel und Ihrer Bezahlung herkommen? Sie können also wieder nur „Doing on the job“ und „Training on the job“ an dieser Stelle machen. Auch dort wird es wieder zu Verzögerungen kommen.
Ich erinnere Sie: Noch Anfang des Jahres lagen 140 000 Verdachtsmeldungen bei der FIU vor, die händisch, meine Damen und Herren – händisch im Internetzeitalter; diese Regierung wollte ja mal in Richtung Digitalisierung 4.0 aufbrechen –, ausgewertet wurden; so viel zum Stand der Bundesrepublik Deutschland. Es sind eben nicht nur die Brücken, sondern es sind auch die Kernkompetenzen, die wir brauchen, um geordnete und sichere Verhältnisse in der Wirtschaft herzustellen. Auch daran mangelt es Ihnen.
(Beifall bei der AfD)
Und mit dieser Zahl werde ich Sie immer wieder konfrontieren.
Eine Möglichkeit – denn ich will auch Lösungsvorschläge aufzeigen; diesen präferieren ich und, ich denke, auch meine Fraktion – wäre eine Art Zollpolizei. Vom Prinzip her wäre das das gleiche Schema. Ein entscheidender Unterschied wäre aber, ich habe es eben gesagt, die Anbindung an das Finanzressort – daran würde Herr Lindner vielleicht Freude haben – wegen der Steuervergehen und der anderen Tatbestände, die ich eben genannt habe.
Kommen wir aber nun zu dem rechtlichen Novum im Antrag der Union – Sie haben es eben auch schon angedeutet, Herr Zimmermann –: Eine gesetzliche Regelung zur Durchführung von administrativen Vermögensermittlungsverfahren, eine gesetzliche Grundlage für verdeckte Ermittlungen des Zolls und eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz – das ist begrüßenswert – künstlicher Intelligenz sollen geschaffen werden. Das ist irgendwie nicht ganz falsch, aber so, wie es formuliert ist, ist es auch nicht ganz zielführend. Ich habe die Ziele, die mit einem modernen Gesetz umgesetzt werden sollten, eben benannt.
Das wahre Problem des Entwurfes ist aber, dass das Ermittlungszentrum für Vermögensverschleierung nur eine Hilfs- und Zuarbeitsstelle für Staatsanwaltschaften ist. Herr Zimmermann, hören Sie zu! Es ist aber allen Fachleuten bekannt, dass die Vermögensabschöpfungsreform 2017 nichts daran geändert hat, dass die strafrechtlichen Mittel nur als bedingt tauglich zu bewerten sind. Dies gilt es – auch das habe ich schon gesagt, und das sollten wir tun – im Entwurf der Regierung, aber auch im Entwurf der Union entsprechend zu korrigieren. Dann könnten wir endlich auch mal Zähne haben, mit denen wir zubeißen.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das steht genau auch im Entwurf drin!)
– Ja, aber nicht so, wie ich es Ihnen eben auch zu den anderen Tatbeständen dargelegt habe, Herr Hauer.
Insoweit sind wir, was den Antrag der Union angeht, bei vielen Dingen auf Linie und sagen: Damit können wir leben.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Also stimmen Sie zu?)
Aber viele Dinge, nämlich das große Ganze, dem wir uns stellen müssen, damit wir in zwei Jahren nicht wieder darüber diskutieren, werden von beiden, also sowohl von der Regierung als auch von der Union, nicht angegangen. Denn auch Glücksspiel, Geldfälschung, Schmuggel, Drogenhandel, Produktpiraterie, Urheberrechtsvergehen gehören zu diesem Sachverhalt und müssen ganzheitlich von der Regierung und der Opposition, also von uns allen, angegangen werden.
In diesem Sinne werden wir das konstruktiv begleiten. Zurzeit stehen unsere Zeichen auf Enthaltung. Aber wir werden ja sicherlich noch über das Gesetz debattieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort die Kollegin Sabine Grützmacher.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616373 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Geldwäsche, Terrorismus- u. Extremismusfinanzierung |