10.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 191 / Tagesordnungspunkt 9

Dirk WieseSPD - Bundesverfassungsgericht (Änderung GG und BVerfGG)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! In diesem Jahr haben wir ein Jubiläum gefeiert: 75 Jahre Grundgesetz. Wir haben viele Veranstaltungen erlebt – im politischen Berlin, in den Bundesländern, vielleicht auch in Veranstaltungen von demokratischen Initiativen vor Ort –, die deutlich gemacht haben, was für eine herausgehobene Stellung unser Grundgesetz, unsere Verfassung für diesen Staat, für die Bundesrepublik Deutschland hat. Ich glaube, das muss man eindeutig sagen: Auf diese Verfassung, die wir haben, können wir stolz sein; da können wir selbstbewusst sein. Es gibt in der Verfassungsgeschichte nichts, was eins zu eins vergleichbar wäre. Aber was die Mütter und Väter des Grundgesetzes aufgeschrieben haben, ist etwas, was erst diese Demokratie in den vergangenen Jahrzehnten so erfolgreich und stabil gemacht hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich möchte Dieter Grimm zitieren, Richter am Bundesverfassungsgericht von 1987 bis 1999, der gesagt hat:

„Man muss sich immer wieder klarmachen, dass Verfassungsgerichte besonders verletzliche Organe sind.“

Darum ist es gerade im 75. Jahr des Bestehens des Grundgesetzes und im 34. Jahr der Gültigkeit für die gesamte Bundesrepublik Deutschland angesichts der Tatsache – das ist gerade schon angeklungen –, dass es Kräfte gibt, die diese Demokratie, den demokratischen Rechtsstaat, die Verfassung, die Grundfesten unserer Republik infrage stellen, wichtig, die Frage zu stellen – und das haben wir parteiübergreifend gemacht –: Was muss man tun, um die Abwehrkräfte des Bundesverfassungsgerichts zu stärken, um es letztlich auch abwehrbereiter zu machen?

Ich bin dankbar, dass es uns in wirklich sehr intensiven Diskussionen gelungen ist, das hinzubekommen. Ja, das war nicht einfach, aber es waren sehr vertrauensvolle Gespräche. Das will ich ausdrücklich noch einmal für die SPD-Bundestagsfraktion unterstreichen und den Dank auch zurückgeben, sowohl an die Bundesregierung als auch an CDU/CSU als auch an die Kollegen der Grünen und der FDP wie auch an den Kollegen Seidler, den ich hier jetzt auch sehe. Es war wichtig, dass man hier gezeigt hat, dass man vertrauensvoll miteinander sprechen konnte, und dass man genau die Hinweise ernst genommen hat, die sich in den letzten Jahren aufgrund der Entwicklungen in Polen und Ungarn ergeben haben, die uns viele und große Sorgen bereitet haben. Das alles hat zu dem Ergebnis heute geführt, mit dem wir jetzt in den parlamentarischen Prozess einsteigen, der aus meiner Sicht essenziell und wichtig ist.

Das, was wir vorlegen – das will ich noch einmal betonen –, schützt gerade die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts. Schauen wir uns an, was diejenigen, die die Demokratie infrage stellen, die den demokratischen Rechtsstaat infrage stellen, in anderen Ländern – insbesondere in Polen und Ungarn – als Erstes machen: Sie gehen an die Statuten des Verfassungsgerichts. Das ist tatsächlich die Herausforderung, der wir begegnen wollten, der wir etwas entgegensetzen wollten. Da bin ich dankbar, dass das, was jetzt auf dem Tisch liegt, wirklich zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts beitragen wird. Wir werden das jetzt in einem parlamentarischen Prozess auch auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich auch das noch einmal betonen: Das ist auch wichtig vor dem Hintergrund, dass das Bundesverfassungsgericht bei uns im Land die Institution ist, die mit das höchste Ansehen genießt. Das Bundesverfassungsgericht genießt, wenn man in Umfragen Bürgerinnen und Bürger befragt, eine hohe Legitimität. Auch wie sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt hat, hat zur Stabilität dieses demokratischen Rechtsstaates beigetragen. Dass wir auch parteiübergreifend – das will ich unterstreichen – immer wieder unserer Verantwortung gerecht geworden sind bei der Entscheidung, wen wir als Richter zum Bundesverfassungsgericht schicken, ist auch etwas, das diese Bundesrepublik Deutschland auszeichnet.

Ich will auch einmal sagen, wenn wir über Vergleiche mit anderen Ländern reden, gerade auch im Hinblick auf die Amtszeit von Richterinnen und Richtern: Es ist gut, dass wir festschreiben, dass die Amtszeit der Richterinnen und Richter auf zwölf Jahre begrenzt ist. Das ist ein Vorteil für uns in der Bundesrepublik Deutschland. Ich glaube, dass andersgeartete Diskussionen nicht der richtige Weg sind; und auch das hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, dass das Bundesverfassungsgericht dieses hohe Ansehen hat.

Das, was wir auf den Weg bringen, wird die Abwehrkräfte des Bundesverfassungsgerichtes stärken. Es wird deutlich machen, dass die Institution auch in stürmischen Zeiten, wenn Feinde der Demokratie auf sie ein Auge werfen, sozusagen sturmerprobt und wetterfest wird. Ich halte das für richtig. Gerade wenn wir uns noch mal vor Augen führen, was kürzlich in Thüringen passiert ist, dann sieht man: Antidemokraten greifen das System nicht von außen an, sondern sie gehen als Erstes im Inneren an die Institutionen und versuchen, diese zu schwächen.

(Zurufe von der AfD)

Das ist auch im Hinblick auf das Verfassungsgericht in Polen und in Ungarn deutlich geworden. Ich bin dankbar, dass es uns parteiübergreifend gelungen ist, heute einen solchen Entwurf vorzulegen. Er ist gut für dieses Land und gut für unsere Verfassung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Fabian Jacobi.

(Beifall bei der AfD sowie der Abg. Matthias Helferich [fraktionslos] und Thomas Seitz [fraktionslos])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616392
Wahlperiode 20
Sitzung 191
Tagesordnungspunkt Bundesverfassungsgericht (Änderung GG und BVerfGG)
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