10.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 191 / Zusatzpunkt 7

Tino SorgeCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Drohender Finanzkollaps der Pfegeversicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es ja gut, dass wir eine Debatte über die finanzielle Situation der Pflegeversicherung führen.

(Stephan Brandner [AfD]: Keine Ursache! Gerne!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, ich finde es ein bisschen traurig, dass Sie wieder nur über Dinge reden, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben.

(Beifall der Abg. Heike Baehrens [SPD] und Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir sind uns hier ja alle einig, dass wir bei der Beantwortung der Frage „Wie kann man Personal, wie kann man Pflegefachkräfte in die Pflege bekommen?“ viel besser werden müssen. Aber das jetzt mit der finanziellen Strukturreform zu verbinden, geht völlig an der Sache vorbei, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich will etwas dazu sagen, was die Kollegin Baehrens hier gerade ausgeführt hat. Ich stimme in vielem mit dem überein, was Sie hier gesagt haben. Aber ich finde es mal wieder bezeichnend, dass wir eine Situation haben, die maßgeblich durch das aktuelle Regierungshandeln verursacht worden ist.

(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Es kann doch nicht sein, dass wir seit drei Jahren in diesem Hohen Haus auf konkrete Konzepte, auf Initiativen, auf Gesetzentwürfe warten, wie die Pflegeversicherung strukturell verbessert werden kann. Fehlanzeige! Nichts ist gekommen, und das ist der eigentliche Skandal hier, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Jens Teutrine [FDP]: Was haben Sie denn dafür gemacht? Was hat Jens Spahn gemacht dafür? – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allen Dingen: Was für Vorschläge haben Sie denn? – Gegenruf des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Hören Sie doch auf! Es geht ums Jetzt!)

– Sehr guter Einwand: Was hat denn Jens Spahn gemacht?

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Kosten!)

Ich kann Ihnen sagen, was Jens Spahn gemacht hat. Jens Spahn hat gemeinsam mit uns als Unionsfraktion und zusammen mit der SPD-Fraktion, mit Karl Lauterbach als führendem Gesundheitspolitiker im Bereich der Pflege, vieles verbessert. Wir haben Pflegestärkungsgesetze verabschiedet.

(Jens Teutrine [FDP]: Und die Finanzierung? – Gegenruf des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Ja, war es nicht finanziert, oder wie? Reden Sie doch keinen Unsinn! Sie reden einen Blödsinn daher, das ist nicht mehr zum Aushalten!)

Wir haben die Situation in der Pflege verbessert, weil es gesellschaftlich gewollt war. Und wir haben es auch finanziert.

(Beifall des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])

Lieber Herr Kollege Teutrine, das will ich Ihnen ins Stammbuch schreiben: Sie erzählen hier immer, das sei nicht gegenfinanziert. Wir reden in der Pflege über demografische Aspekte.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht gegenfinanziert, oder was?)

Wir haben immer weniger junge Menschen, die für immer mehr Pflegebedürftige die Kosten tragen sollen. Wir als Union wollen natürlich, dass die Pflege auch zukünftig bezahlbar ist. Aber dann müssen wir doch darüber reden, wie wir diese Finanzierung sichern können.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, eben!)

Dazu kommen aus Ihrer Ecke überhaupt keine Vorschläge.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was schlägt denn die Union vor?)

Ich will Ihnen ganz klar sagen: Wir haben momentan die Problematik, dass für versicherungsfremde Leistungen Mittel aus der Pflegeversicherung herausgenommen worden sind;

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir nicht getan! Das haben wir die ganze Zeit schon! Das haben Sie entwickelt!)

da hat die Kollegin Baehrens völlig recht. Wir reden über 6 Milliarden Euro,

(Jens Teutrine [FDP]: Wieso haben Sie keinen Antrag im Haushaltsausschuss gestellt? – Gegenruf des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Sie reden so einen Unsinn daher! Das ist ja Wahnsinn, was Sie sagen! Hören Sie sich selber?)

die allein durch Coronaaufwendungen aus dem Pflegeversicherungstopf herausgenommen worden sind. Wir reden über 3 Milliarden Euro, die allein für die Rentenbeiträge der pflegenden Angehörigen aus dem Topf herausgenommen wurden. Wir reden über fast 10 Milliarden Euro. Und was macht Ihr Finanzminister? Der stellt sich hin und sagt: Ist mir egal. – Da tut mir der Bundesgesundheitsminister schon fast leid,

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Und haben Sie Anträge vorgelegt, ja?)

dass er sich da nicht durchsetzen kann, wenn immer wieder gesagt wird, es sei kein Geld da. Aber die Wahrheit ist: Sie entnehmen dem System Geld, und das ist das Problem an der Situation, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt will ich Ihnen mal ganz konkret sagen, was wir als Union besser machen würden.

(Jens Teutrine [FDP]: Jetzt mal ganz konkret! – Daniel Föst [FDP]: Ja, jetzt wird es spannend!)

– Ja, jetzt hören Sie genau zu. – Was wir als Union besser machen würden, wüssten Sie, wenn Sie nicht nur genauer zugehört hätten, sondern auch unsere Anträge und Papiere gelesen hätten,

(Jens Teutrine [FDP]: Die waren alle ohne Gegenfinanzierung!)

zum Beispiel unser Papier zum Thema „Finanzielle Situation der Pflege verbessern“. Das hat heute Jubiläum und wird ein Jahr alt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das aufgeschrieben, was wir schon im Koalitionsvertrag stehen haben!)

Am 10. Oktober 2023 haben wir dieses Papier in dieses Haus eingebracht, das ein eigenes Konzept beinhaltet, wie man die Pflegeversicherung finanziell nachhaltig auf andere Füße stellen kann.

(Daniel Föst [FDP]: Wie bei den Linken! Das Geld wächst am Baum, ne?)

Was ist seitdem passiert? Nichts. Sie haben das Papier abgelehnt, und jetzt ist das Jammern hier groß, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Jens Teutrine [FDP]: Das war aber sehr unkonkret, Kollege!)

Ich will Ihnen mal sagen: Wir brauchen in der Pflegeversicherung ein breiteres Fundament. Es wird nicht mehr funktionieren, dass wir rein umlagefinanziert – immer die folgende Generation – mit immer weniger Beitragszahlern immer komplexere Pflegeangebote, die wir ja auch wollen, und immer mehr Pflegebedürftige finanzieren.

Was tun Sie? Sie drehen an der Beitragsschraube. Sie belasten diejenigen, die das System jetzt sowieso schon tragen, immer mehr und wundern sich, wenn immer mehr Menschen sagen: Die Belastung ist für mich viel zu hoch.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wen wollen Sie denn belasten?)

Das ist der falsche Weg.

Deshalb schlagen wir Folgendes vor:

Erster Punkt. Wir brauchen eine Pflegeversicherung mit mehreren Säulen. Wir brauchen eine steuerliche, öffentliche Komponente. Da müssen wir auch darüber sprechen, dass nicht nur die Leistungen ins System kommen, die da reingehören, sondern dass wir auch kurzfristig Geld ins System geben müssen.

Zweiter Punkt. Wir brauchen mehr betriebliche Pflegevorsorge. Da geht es darum, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeber zum Teil jetzt schon machen – liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, hören Sie sich da mal um –: Sie schließen Vereinbarungen. Beispielsweise sagt die IGBCE mit über einer halben Million Arbeitnehmern: Der Arbeitgeber gibt einen Zuschuss zu einer betrieblichen Pflegevorsorgeversicherung, sodass man das Risiko zusätzlich abdeckt.

Der dritte Punkt, den wir vorschlagen, betrifft die Eigenverantwortung. Da geht es darum, dass man gerade die jüngeren Menschen animiert und ihnen sagt: Pflegebedürftigkeit ist kein abstraktes Thema. Es kann jeden treffen. Deshalb sorgt so früh wie möglich über eine private Pflegezusatzversicherung als ein Baustein für die Zukunft vor.

Das sind Vorschläge, die hier auf dem Tisch liegen. Die könnten wir sofort umsetzen. Sie wollen das nicht. Das ist wirklich extrem schade für diejenigen, die es betrifft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich noch einen Punkt sagen bezüglich der Prioritätensetzung innerhalb des Bundeshaushalts. Wir reden hier über Lücken in der Pflegeversicherung, –

Herr Sorge, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

– die für Verunsicherung sorgen. Deshalb gehen Sie auch an das Bürgergeld ran!

(Heike Baehrens [SPD]: Was hat denn das jetzt damit zu tun?)

Animieren Sie diejenigen, zu arbeiten, die arbeiten können,

(Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])

und geben Sie denen keine Bonizahlungen.

Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen!

Nehmen Sie das Geld, das ins System gehört, in das System rein.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unfassbar!)

Dann ist schon vielen Menschen in der Pflege geholfen.

(Heike Baehrens [SPD]: Das war kein Beitrag zur Zukunft der Pflege!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Das ist nur hetzerisch! – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Ärmsten gegeneinander ausspielen!)

Das Wort erhält die Abgeordnete Maria Klein-Schmeink für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616441
Wahlperiode 20
Sitzung 191
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Drohender Finanzkollaps der Pfegeversicherung
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