Maria Klein-SchmeinkDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde: Drohender Finanzkollaps der Pfegeversicherung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Erst mal: Ich bin dankbar, dass wir über die Pflege an dieser Stelle sprechen können,
(Stephan Brandner [AfD]: Gern geschehen!)
wenn auch unter einem völlig falschen Titel. Sie titeln sehr bewusst vonseiten der AfD und reden von einem „drohenden Finanzkollaps“.
(Stephan Brandner [AfD]: So ist es doch!)
Hier ist festzustellen: Es kann keinen Kollaps geben. Es kann nicht dazu kommen,
(Stephan Brandner [AfD]: Also sind es alles Fake News, oder was?)
sondern wir können alle sicher sagen: Jeder, der einen festgestellten Pflegebedarf hat, wird ihn auch finanziert bekommen. Das ist das Grundprinzip unserer sozialen Pflegeversicherung. Es ist gesetzlich geregelt, was passiert, wenn beispielsweise die Mittel der Pflegeversicherung nicht ausreichen und die monatliche Mindestreserve nicht gewährleistet ist. Dann gibt es gesetzliche Regelungen, was passieren muss. Es ist Aufgabe des Ministers und der Bundesregierung, dann für die entsprechenden Schritte zu sorgen.
(Stephan Brandner [AfD]: Nicht erst dann, würde ich sagen! Vorher, rechtzeitig!)
An alle Pflegebedürftigen und deren Angehörige – das ist ganz, ganz wichtig –: Lassen Sie sich nicht von der rechten Seite in Angst und Panik versetzen!
(Stephan Brandner [AfD]: Es gibt nichts zu sehen! Gehen Sie weiter!)
Ihre Pflegeansprüche werden finanziert. Das ist gesetzlich verbrieft und wird auch so passieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Aber wir stehen in der Tat in der Pflege vor großen Herausforderungen.
(Stephan Brandner [AfD]: Hört! Hört!)
Diese großen Herausforderungen erwachsen daraus, dass wir einen steigenden Pflegebedarf haben. Allein bis 2030 wird es gegenüber 2019 fast eine Verdopplung der Anzahl derjenigen geben, die pflegebedürftig sind. Auf der anderen Seite betrifft der demografische Wandel auch die Pflegekräfte, sodass sehr viele bis 2030 ausscheiden werden und wir einen erhöhten Pflegekräftebedarf haben. Der Pflegebedarf auf der Seite der Bedürftigen und die Anzahl der Menschen, die den Pflegebedarf überhaupt decken können, laufen sehr weit auseinander. Das ist unsere wirklich große Herausforderung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heike Baehrens [SPD])
Das spüren ja auch viele Menschen, die ganz akut einen Pflegebedarf haben. Sie finden keinen Pflegedienst, der ihnen sofort einen Vertrag anbieten kann. Sie finden sehr häufig keine Möglichkeit, stationär versorgt zu werden, weil schlichtweg die Plätze fehlen. Und die Plätze fehlen deshalb, weil die Pflegekräfte nicht da sind.
Deshalb sind wir sehr froh, dass zumindest die Mittel bereitgestellt und die Maßnahmen ergriffen worden sind, um den Pflegeberuf insgesamt attraktiver zu machen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Das war einer der ganz großen Schritte. Wir haben so etwas wie ein Tariftreuegesetz in der Pflege. Das haben wir noch nicht lange. Das hat noch die vorherige Regierung beschlossen; aber die Finanzierung mussten wir in dieser Wahlperiode neu stemmen. Genau das schlägt sich natürlich in erhöhten Kosten nieder.
Aber ich würde auch sagen: Wir sind gut beraten, dieses Geld wirklich auszugeben,
(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
weil es hier nicht um Höchstverdienerlöhne, sondern um adäquate Bezahlung, um tarifgerechte Bezahlung geht. Allein das ist ein ganz wichtiger Schritt, den wir gegangen sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben mit dem großen Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz im letzten Jahr wichtige zusätzliche Maßnahmen zur Versorgungsverbesserung ergriffen. Auch das war dringend notwendig, insbesondere für den Bereich der pflegenden Angehörigen. 2024 gab es eine Anhebung der Pauschalen um 5 Prozent. Zum 1. Januar 2025 werden sie noch einmal um 4,5 Prozent steigen. Das sind notwendige Anpassungen. Das sind notwendige Kostensteigerungen, die wir hinnehmen müssen; denn fünf von sechs Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt.
Deshalb: Es hat Kostensteigerungen gegeben. Die müssen wir natürlich finanzieren. Es wird zu Beitragssteigerungen kommen. Aber ich sage auch: Wir hatten diesen Finanzierungsbedarf vorhergesehen. Im Koalitionsvertrag haben wir Maßnahmen festgelegt, die steuerfinanziert refinanziert werden sollen. Das ist die Ausbildungsumlage. Das sind die Rentenpunkte für pflegende Angehörige. Das sind natürlich die coronabedingten Kosten. Alles zusammen würde tatsächlich dazu führen, dass wir in der Pflegeversicherung ganz gut hinkämen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ates Gürpinar [Die Linke])
Insofern sind wir und ist die Bundesregierung gefordert, dazu konkrete Vorschläge vorzulegen. Ich warte darauf. Angekündigt sind sie durch den Kanzler, durch den Minister. Ich bin zuversichtlich, dass wir da zu vernünftigen Regelungen kommen.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Denn man muss ganz klar sagen: Tun wir das nicht, haben wir ein Problem. Deshalb sollten wir da beherzt vorangehen.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Der nächste Redner ist Jens Teutrine für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Matthias David Mieves [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616442 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Drohender Finanzkollaps der Pfegeversicherung |