Gerrit HuyAfD - Aktuelle Stunde: Drohender Finanzkollaps der Pfegeversicherung
Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Zuschauer! Die Schieflage in der Sozialversicherung ist seit Langem bekannt. Schuld daran ist neben der Einwanderung in die Sozialsysteme
(Lachen der Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU] und Michael Sacher [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Maximilian Mordhorst [FDP]: Einwanderung stabilisiert die Sozialsysteme! Einwanderung! – Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Ein Wahnsinn!)
der ungenierte Griff der Regierung in die Sozialkassen – immer dann, wenn es im eigenen Haushalt knapp wird. So haben sich CDU-Gesundheitsminister Spahn und SPD-Nachfolger Lauterbach wie selbstverständlich Mittel aus der chronisch unterfinanzierten Pflegekasse gegriffen, um daraus ihre Coronamaßnahmen zu finanzieren; Maßnahmen also, die überhaupt nichts mit dem Versicherungszweck zu tun haben. Jeder versteht, dass das eigentlich nicht sein darf.
Selbst die Ampelkoalition hatte das verstanden und deshalb im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Gelder zurückgezahlt werden – hat sie aber nicht getan. Sie hatte auch vereinbart, dass endlich die Krankenversicherung für die Bürgergeldempfänger vollständig aus dem Bundeshaushalt bezahlt wird – hat sie ebenfalls nicht getan. Bis heute wird nur ein Drittel der Kosten für die Bürgergeldempfänger von der Regierung übernommen; den Rest zahlt der Beitragszahler.
Auch dieses Jahr haben die beiden SPD-Ministerien Arbeit und Gesundheit wieder beherzt zugegriffen: Insgesamt wurden aus den vier Sozialversicherungskassen weit über 60 Milliarden Euro zweckentfremdet, rund 1 800 Euro pro Beitragszahler. Aus unserer Sicht ist das Diebstahl an den Beitragszahlern und Diebstahl an unseren Rentnern.
(Beifall bei der AfD)
Aber ehe Frau Schulze auf die Stabilisierung des südafrikanischen Stromnetzes verzichtet oder Herr Habeck auf die Abfederung seiner Deindustrialisierungspolitik mittels Subventionen – bevor also die Ampel an die eigenen Kassen geht –, greifen sie lieber in die Sozialversicherung, wohl in der Hoffnung, dass der Beitragszahler es schon nicht merken wird.
Der merkt es aber doch,
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist ja auch nicht blöd!)
spätestens dann, wenn die Beiträge wieder steigen. Nächstes Jahr werden für Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung Beiträge in Höhe von rund 20 Prozent des Bruttoeinkommens fällig und damit doppelt so viel wie in der Schweiz oder in Österreich.
Einen großen Teil des Unterschieds machen versicherungsfremde Leistungen aus, die die Regierung natürlich beschließen kann, aber dann auch bezahlen muss.
(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])
Sicherstellen soll das die Selbstverwaltung der Sozialversicherung, die Otto von Bismarck einst zusammen mit den Versicherungen eingeführt hatte, um auf diesem Weg die Sozialdemokraten herauszuhalten. Das hat nicht funktioniert:
(Stephan Brandner [AfD]: Leider!)
Die Sozialversicherungen werden heute von den Gewerkschaften beherrscht.
Wir haben zwar alle sechs Jahre Sozialwahlen zur Besetzung der Selbstverwaltungsgremien – da könnte eigentlich eine breitere Auswahl entstehen –; doch kaum ein Arbeitnehmer kennt die Sozialwahlen, und noch weniger wissen, wozu sie gut sind. Also, die meisten Wahlzettel landen im Papierkorb. Die diesjährige Beteiligung lag bei gerade einmal 22 Prozent. Man muss sich fragen, ob diese Art von Sozialwahlen noch zeitgemäß ist.
Die Versicherungsverbände haben längst reagiert und führen in aller Regel nur noch sogenannte Friedenswahlen durch.
(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])
Das heißt, sie legen Listen auf, auf denen exakt genauso viele Kandidaten stehen, wie Mandate zu vergeben sind, und dann muss gesetzlich abgesichert nicht mehr gewählt werden.
(Stephan Brandner [AfD]: Gelebte Demokratie!)
Von den insgesamt 3 238 Mandaten, die zu vergeben sind, werden tatsächlich nur noch 134 gewählt, also 4 Prozent.
(Heike Baehrens [SPD]: Pflege! Was gibt’s zur Pflege zu sagen?)
Das ist ein Witz, ein besonders teurer Witz. Er hat nämlich 85 Millionen Euro oder 634 000 Euro pro Mandatsträger gekostet. Die anderen Kandidaten werden auf Versicherungsseite von den Gewerkschaften festgelegt; die Arbeitgeber setzen ihre Führungskräfte ein. Auf beiden Seiten sind so Interessenskonflikte vorprogrammiert, und im Ergebnis entsteht der Eindruck, dass nichts in den Sozialversicherungen geschieht, was der Regierung nicht behagt.
(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos] – Gabriele Katzmarek [SPD]: Das ist aber jetzt ein Blödsinn!)
Eine wirkungsvolle Kontrolle findet nicht statt.
Dabei haben die Spitzenverbände der Sozialversicherung durchaus markante Erklärungen abgegeben, wie Anfang des Jahres die gesetzlichen Krankenkassen. „ Die Subventionierung des Bundeshaushaltes durch die Beitragszahlenden muss endlich ein Ende haben“, haben sie gesagt.
(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])
Bewirkt hat das nichts. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit ist deshalb jetzt zur Selbsthilfe geschritten und hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das kommt im Fall der Pflegeversicherung zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Zweckentfremdung der Beitragsgelder verfassungswidrig war.
(Enrico Komning [AfD]: Ist doch gut!)
Die DAK will jetzt auf Rückzahlung der Gelder klagen und kann dann, falls nötig, bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Ich kann nur hoffen, dass sich diese Sicht auch vor Gericht durchsetzt, dass sich auch Träger der anderen Sozialversicherungszweige diesem Vorgehen der DAK anschließen und dass dies alles so viel Öffentlichkeit erzeugt, dass es endlich zu einer Aufarbeitung in den Ministerien und Parlamenten kommt, damit sich zukünftig keine Regierung mehr traut, die Sozialkassen für ihre politischen Utopien zu missbrauchen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])
Die nächste Rednerin ist Claudia Moll für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Drohender Finanzkollaps der Pfegeversicherung |