Christina-Johanne SchröderDIE GRÜNEN - Stärkung der integrierten Stadtentwicklung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gästinnen und Gäste!
(Norbert Kleinwächter [AfD]: „Gästinnen“? – Hannes Gnauck [AfD]: Leute, Leute!)
Herr Ferlemann hat recht: Es gehört zum guten Ton, die Opposition sprechen zu lassen, wenn man eine Änderung des Baugesetzbuchs verhandelt. Und das werden wir als Ampel natürlich auch machen.
Warum machen wir eine Baugesetzbuchnovelle? Neulich hat mir Erika in einer Bürgersprechstunde von ihrer Situation erzählt. Sie wohnt seit 45 Jahren in ihrem kleinen Einfamilienhaus. Eigentlich möchte sie es ihrer Enkelin und ihrem Freund übergeben. Gerne würde sie in der Siedlung bleiben; denn sie liebt die Cafés und den kleinen Park, in dem sich mit ihren Freundinnen trifft. Erika ist Witwe. Sie bräuchte also eine kleinere Wohnung. Genau solche kleinen Wohnungen gibt es dort einfach nicht. Es ist ein Riesenproblem in Deutschland, sie zu bauen. Deswegen braucht es unbedingt eine Novelle zum Städtebaurecht.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Mechthild Heil [CDU/CSU]: Das ist vollkommener Blödsinn!)
In Deutschland wurde in den letzten Jahren sehr viel neu gebaut, zumeist am Stadtrand und nicht der Wohnraum, den wir unbedingt brauchen, nämlich sozialen und bezahlbaren Wohnraum. So gibt es in Deutschland eine Gleichzeitigkeit von Problemen: Millionen von Wohnungen in Deutschland stehen leer, und gleichzeitig mangelt es in vielen Bereichen an denselben. Natürlich ist es richtig, dass Städte und Gemeinden schneller und unkomplizierter planen, umnutzen, sanieren und neu bauen können. Das ist wichtig. Genau diese Regelungen findet man zum Beispiel in § 31 und § 34.
Was wir als Bündnis 90/Die Grünen feststellen und erschreckend finden, ist, dass die Maßnahmen, die schnell gegen die gravierende Wohn- und Mietenkrise helfen würden, in dieser Novelle fehlen. Es fehlt das Vorkaufsrecht für Kommunen in Milieuschutzgebieten.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Die Städteplanung hat mit dem Mieterschutz gar nichts zu tun! Das verstehe ich nicht!)
Wir hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die Regelung, die eine wahllose Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verhindert, zu entfristen. Auch dieser soziale Paragraf wird nicht umgesetzt.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Weil es ein eigentumsfeindlicher Paragraf ist!)
In den letzten drei Jahren haben wir der strauchelnden Immobilienbranche dreimal durch massive Steuererleichterungen geholfen.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Den Menschen haben Sie geholfen! Aber nicht der Branche! Das ist doch Quatsch!)
Das ist auch richtig. Aber das hilft nicht den kommunalen Wohnungsbauunternehmen. Das hilft den Akteuren, die sowieso Geld haben.
Das Schlimmste ist: Statt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, Mieterinnen und Mieter zu schützen, fördern Kanzler Scholz und Bauministerin Geywitz mit dem Spekulationsturbo in § 264e das unsoziale Bauen.
(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sagen Sie mal: Reden Sie noch für die Koalition?)
Dieser Paragraf macht Mieten teurer und Eigentum unerschwinglich. Warum das so ist, können Sie alle in einem gemeinsamen Appell von 23 Verbänden wie Deutscher Mieterbund, NABU, Deutsche Umwelthilfe, Bundesarchitektenkammer, Sozialverband und Deutscher Gewerkschaftsbund lesen. Lesen Sie das nach!
Was wir bisher gemacht haben, ist, den Kuchen nur auf einer Seite zu verteilen. Als Koalition haben wir vereinbart: Wir machen ihn größer. Die TA Lärm wird angepasst. Es soll weniger Normen für die Privatwirtschaft geben. Schnelleres Planen, schnelleres Bauen, aber auch ein klares, konsequentes Miet- und Baurecht sind notwendig. Diese Gerechtigkeitsreform fehlt, liebe Freundinnen und Freunde.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
42 Millionen Mieter in diesem Land verlassen sich auf uns. Sie verlassen sich darauf, was im Koalitionsvertrag steht. Deswegen ist für uns Grüne vollkommen klar: Wir werden so lange keinem Spekulationsturbo zustimmen, bis die Mietrechtsreform kommt, wie wir sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir brauchen sie sehr dringend für die Menschen in unserem Land. Darauf können sich die Mietenden verlassen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das war ja ein Kündigungsschreiben! – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ein Kündigungsschreiben an die Koalition!)
Die nächste Rednerin ist Carolin Bachmann für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616459 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der integrierten Stadtentwicklung |