10.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 191 / Tagesordnungspunkt 16

Nezahat BaradariSPD - Med. Versorgung von Kindern u. Jugendlichen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Kinderärztin liegt mir das Wohl der Kleinsten in unserem Land natürlich besonders am Herzen. Deshalb kann ich dem Titel des vorliegenden Antrags nur zustimmen: Wir müssen die Geburtshilfe und die medizinische Versorgung in Deutschland dringend zukunftsfest machen.

Die Union fordert in ihrem Antrag erneut ein Vorschaltgesetz zur Stärkung der stationären Geburtshilfe und der Kinderkliniken. Das haben wir mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz für Kinder- und Jugendmedizin sowie für die Geburtshilfe längst getan.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Es kommt nur bei den Kliniken nicht an!)

Im letzten und in diesem Jahr sind jeweils 420 Millionen Euro an Sonderzahlungen in diesen Bereich geflossen – 300 Millionen Euro für die Pädiatrie und 120 Millionen Euro für die Geburtshilfe. Der besondere Bedarf in diesem Bereich ist uns also sehr wohl bewusst und wird auch im Gesetzentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes, kurz: KHVVG, hervorgehoben und anerkannt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Mit der Krankenhausreform sollen diese Mittel auch verstetigt werden. Darüber hinaus haben wir im Frühjahr mit der Entbudgetierung der Kinder- und Jugendärzte den ambulanten Bereich gestärkt.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Nicole Westig [FDP])

Es ist also keineswegs so, dass wir die Kinder- und Jugendmedizin in dieser Legislaturperiode vernachlässigt hätten. Ganz im Gegenteil, Sie sehen, sie stand absolut im Mittelpunkt unserer Bemühungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Auch im vorliegenden Antrag mischt die Union ein buntes Potpourri von Forderungen. Diese richten sich zum Teil an die falschen Adressaten, weil sie in die Zuständigkeit der Länder bzw. der Selbstverwaltung fallen. Zum Beispiel ist die Erhöhung der Zahl der Studienplätze in der Humanmedizin, die Sie eben gefordert haben, Frau Kollegin, eine hoheitliche Aufgabe der Landesregierung, ebenso die vorgeschlagene Kinderarztquote.

Andere Forderungen sind zudem schlicht überholt. Hebammengeleitete Kreißsäle, die Sie in Ihrem Antrag mehrfach erwähnen, bringen wir mit dem KHVVG bereits ein großes Stück voran.

(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)

Meine geschätzte Kollegin Heike Engelhardt wird in ihrer Rede später noch näher darauf eingehen.

Zu den Bezügen des Antrags zur Krankenhausreform erlaube ich mir noch drei Anmerkungen:

Erstens. Die Regelungen zu den Leistungsgruppen orientieren sich an denen, die das Land Nordrhein-Westfalen unter einem CDU-Gesundheitsminister im Rahmen des neuen Krankenhausplans 2022 beschlossen hat. Dies gilt auch für die Leistungsgruppe „Geburten“.

Zweitens. Die Übernahme der Leistungsgruppen aus dem Krankenhausplan NRW erfolgte ganz wesentlich deshalb, um gerade die Widerstände der CDU-geführten Länder gegen die Krankenhausreform zu überwinden. Vor diesem Hintergrund frage ich mich durchaus, warum in diesem Antrag die Frage der Leistungsgruppen wieder aufgeworfen wird. Es ist bitter notwendig, dass wir die seit über einem Jahr andauernden Verhandlungen zur Krankenhausreform endlich abschließen,

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

bevor wir uns an die weitere Ausdifferenzierung von eigentlich bereits vereinbarten Leistungsgruppen machen.

(Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Drittens. Eine weitere Verzögerung bei der Verabschiedung des Gesetzes trägt unmittelbar zur aktuellen finanziellen Schieflage auch der sonst finanziell gut ausgestatteten Klinikträger in Deutschland bei, die Sie in diesem Antrag beklagen. Ich kenne diese Situation aus meinem Wahlkreis, Sie alle wahrscheinlich auch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie bräuchten kein Vorschaltgesetz zu fordern, wenn es keine Blockadehaltung gäbe. Wir wären schon längst weiter.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb appelliere ich an alle Beteiligten: Lassen Sie uns die anstehenden Reformen endlich konstruktiv und strukturiert zu Ende führen.

(Axel Müller [CDU/CSU]: Ja, das wäre gut, wenn ihr mal konstruktiv wärt!)

Wir alle wissen, dass sie notwendig sind, und wir müssen sie Schritt für Schritt und gründlich angehen. Das mag in Teilen frustrierend sein, ist aber einfach dem enormen Reformstau der letzten Jahre geschuldet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Veränderungen brauchen Zeit und eine anschließende Evaluation, um gegebenenfalls nachjustieren zu können. Ein gutes Beispiel dafür ist die 2020 eingeführte generalistische Pflegeausbildung, die Sie in Ihrem Antrag heftig kritisieren. Deren Evaluierung und Korrektur stehen kurz bevor.

Für die Kinder- und Jugendmedizin gilt wie für so vieles in der Gesundheitspolitik: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit, und Aktionismus ist hier völlig fehl am Platz.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Seit Beginn der Legislaturperiode haben wir eine Reihe von Reformen beschlossen oder auf den Weg gebracht, die den gesamten stationären und ambulanten Bereich in Deutschland zukunftsfest machen. Als Berichterstatterin meiner Fraktion für Kinder- und Jugendgesundheit werde ich mich weiterhin mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass dies insbesondere auch für die Versorgung unserer Jüngsten gilt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Axel Müller [CDU/CSU]: Viel Zeit habt ihr nicht mehr!)

Vielen Dank. – Als Nächstes erhält das Wort Dr. Christina Baum für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616503
Wahlperiode 20
Sitzung 191
Tagesordnungspunkt Med. Versorgung von Kindern u. Jugendlichen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta