10.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 191 / Tagesordnungspunkt 16

Saskia WeishauptDIE GRÜNEN - Med. Versorgung von Kindern u. Jugendlichen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Danke schön. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Stephan Brandner [AfD]: „Deutsche demokratische Altfraktionen“, heißt das!)

Bei einem Notfall im Kreißsaal muss alles sehr schnell gehen. Das benötigte Fachpersonal wird alarmiert, zeitgleich werden OP-Saal und die Patientin vorbereitet. Jeder Handgriff sitzt perfekt. Es kommt zur Notsectio. In weniger als zehn Minuten kommt es zur Entbindung. Dank geschultem Personal und entsprechender Ausstattung geht es Mutter und Kind bestens.

Gleichzeitig im Krankenhaus ist Marla. Marlas Geburt verläuft relativ unkompliziert. Aber aufgrund von Personalmangel muss eine Hebamme jetzt drei Gebärende gleichzeitig versorgen. Es ist kaum Zeit da, um Marla mal zu fragen, was sie eigentlich braucht.

In der Gesundheitspolitik wird bei der Geburtshilfe viel über Notfälle und über „Was wäre, wenn?“ gesprochen, und das ist wichtig und richtig. Wir dürfen aber in der Debatte nicht vergessen, dass es viele Gebärende gibt – das sind die allermeisten –, die sehr unkompliziert ihr Kind zur Welt bringen.

(Stephan Brandner [AfD]: Die meisten sind Frauen!)

Und sie haben ebenso eine gute Versorgung verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Frauen wie Marla brauchen keine hochspezialisierten Fachärztinnen und -ärzte und kein spezielles medizinisches Gerät, Gebärende wie Marla brauchen eine durchgehende Betreuung. Marla braucht Zeit, um mit den Hebammen und mit den Ärztinnen und Ärzten gemeinsam zu besprechen, was der individuelle Geburtsweg ist: Brauche ich eine PDA? Welche Haltung ist am besten, um durch die Wehen zu kommen? Möchte ich vielleicht in die Badewanne? Oder entscheide ich mich für den Kaiserschnitt bzw. für die Bauchgeburt? All das braucht Zeit und Personal.

Jede Frau soll selbstbestimmt und informiert über den Weg der Geburt entscheiden können. Die Entscheidungen sollen nicht für die Frauen getroffen werden, sondern mit den Frauen gemeinsam. Hier möchte ich eine Sache besonders herausstellen: Eine selbstbestimmte Geburt bedeutet nicht, dass wir ohne Interventionen auskommen, sondern eine selbstbestimmte Geburt bedeutet, gemeinsam mit der Gebärenden zu besprechen, was der individuelle Geburtsweg ist.

Ich möchte in Richtung AfD sagen: Es kann auch eine Bauchgeburt oder ein Kaiserschnitt sein, der individuell ein guter Geburtsweg ist. Es muss nicht die sogenannte natürliche Geburt, die physiologische Geburt sein. Auch eine Bauchgeburt ist wertvoll und bringt Mutter und Kind und die werdende Familie zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und seien wir ehrlich: Keine Frau und werdende Familie weiß doch, wie die Geburt letztendlich verlaufen wird. Man braucht sehr viel Zuversicht, Vertrauen und eine enge Begleitung. Und das ist im jetzigen System – das haben die Kolleginnen hier auch schon angesprochen – kaum möglich. Das jetzige System arbeitet unter wirtschaftlichem Druck, und es fehlt auch an Personal. Das ist ein Problem.

Mit der Krankenhausreform bringen wir jetzt aber einiges auf den Weg. Ich habe es vor einem Jahr schon gesagt: Die Krankenhausreform bietet eine Chance, um Missstände in der Geburtshilfe zu beseitigen. Ich möchte vier wichtige Erfolge herausstellen:

Erstens. Wir entlasten die Geburtshilfe von wirtschaftlichem Druck, indem wir die Vorhaltefinanzierung auf den Weg bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zweitens. Die wohnortnahe Versorgung wird abgesichert, weil wir die Sicherstellungszuschläge der Krankenhäuser ausfinanzieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Drittens. Wir bringen die Personalbemessung für Hebammen auf den Weg mit einer Eins-zu-eins-Betreuung als langfristigem Ziel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Und wo nehmen wir die her?)

– Sie haben ja gesagt, die Hebammen würden nicht mehr im Krankenhaus arbeiten, weil der Betreuungsschlüssel so schlecht sei. Und was machen wir jetzt? Eine Personalbemessung, wodurch die Betreuungssituation besser wird

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Damit kriegen wir mehr Hebammen?)

und die Hebammen wiederkommen. Damit schaffen wir die Eins-zu-eins-Betreuung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Viertens. Wir fördern gezielt die hebammengeleiteten Kreißsäle – das, was Sie gefordert haben –, und zwar mit zusätzlichen finanziellen Mitteln und mit einer Rechtsgrundlage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Alle Punkte, die Sie gefordert haben, setzen wir jetzt um. Ich freue mich, dass auch Sie für die selbstbestimmte Geburt sind, und bin gespannt, was Sie vielleicht in der nächsten Legislaturperiode in Bezug darauf auf den Weg bringen werden.

Danke schön.

Es gibt hier noch viel zu tun. Wir haben aber einen großen Schritt gemacht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die nächste Rednerin ist Nicole Westig für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616505
Wahlperiode 20
Sitzung 191
Tagesordnungspunkt Med. Versorgung von Kindern u. Jugendlichen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta