Nicole WestigFDP - Med. Versorgung von Kindern u. Jugendlichen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Geburtshilfe und medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zukunftsfest machen“ – einen vielversprechenden Titel haben Sie da gewählt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union. Denn wer wollte das nicht? Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Das, was Sie hier fordern, ist ein Sammelsurium an Maßnahmen, die zum Teil bereits vorhanden sind, zum Teil gar nicht Aufgabe des Gesetzgebers sind und zu einem weiteren Teil sogar mehr Bürokratie bedeuten.
Und eines ist klar: Es war in weiten Teilen die Politik der unionsgeführten Bundesregierung, die zu der hier beschriebenen schwierigen Situation geführt hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Pädiatrie hat hohe Vorhaltekosten: Vom frühgeborenen Säugling bis zum übergewichtigen Jugendlichen muss sie alle Kinder mitdenken. Diese Regierung hat das erkannt, und so haben wir mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz bereits für eine bessere Refinanzierung von Pädiatrie und Geburtshilfe gesorgt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es stimmt, dass Pflegeschulen nicht den Spezialabschluss Kinderkrankenpflege anbieten können – die Kapazitäten in der stationären Pflege sind dafür zu gering. Im Rahmen der Generalistik gibt es aber Vertiefungseinsätze im Pädiatriebereich. So kann die Anforderung aus der Richtlinie des G-BA erfüllt werden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie fordern eine bundesweite Erhebung zu diesen Vertiefungskapazitäten an den Pflegeschulen. Ja, es liegt auf der Hand, dass das zu wenige sind. Aber seien wir doch mal kreativ: Wir sollten gezielte Anschlussqualifikationen nach der Generalistik anbieten. Für die Hightech-Bereiche gibt es bereits seit Langem die Fachweiterbildung Pädiatrische Intensivpflege. Setzen wir dort an! Unsere Nachbarn in Österreich gehen da mit einem guten Beispiel voran.
Sie fordern eine bundesweite Weiterbildungsrahmenordnung. Aber ist das wirklich Sache des Gesetzgebers? Die Pflegekammern in Rheinland-Pfalz und NRW haben so etwas bereits vorgelegt, und ich möchte behaupten: Die können das besser als der Gesetzgeber.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eine gesetzliche Regelung braucht es auch nicht für eine Neustrukturierung der Perinatalzentrensystematik; denn die Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene gibt es seit Jahren, und sie funktioniert. Das ist Aufgabe der Selbstverwaltung. Dafür gibt es den G-BA.
Auch das Case- und Care-Management gibt es schon. Unter dem Namen „Bunter Kreis“ ist bereits ein System zur Vernetzung mit umfangreichen Qualitätssicherungselementen inklusive Patientenbefragungen etabliert und anerkannt. Hier noch etwas Zusätzliches aufzubauen, würde in erster Linie mehr Bürokratie bedeuten. Wollen Sie das wirklich, liebe Union?
(Kristine Lütke [FDP]: Anscheinend!)
Doch kommen wir zur Geburtshilfe. Sie fordern die hebammengeleiteten Kreißsäle. Diese können helfen, den massiven Druck in diesem Bereich zu lindern. Unter Eins-zu-eins-Betreuung ermöglichen sie die physiologische Geburt ohne Arzt, der jedoch bei Komplikationen sofort hinzugezogen werden kann. Dabei schöpfen Hebammen ihr professionelles Potenzial aus. Ärztinnen können sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Das Konzept schafft eine hohe Zufriedenheit der Gebärenden und ihrer Familien. Und es kann helfen, die Anzahl der natürlichen Geburten in unserem Land wieder zu erhöhen; denn derzeit gibt es bei uns noch immer überdurchschnittlich viele Frauen, die per Kaiserschnitt entbinden.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Na, woran das wohl liegt?)
Das ist nicht immer das Beste für Mutter und Kind, zudem kostenintensiv und oft einfach überflüssig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Und was tun Sie dagegen?)
– Dazu komme ich jetzt, Frau Borchardt.
Deswegen, liebe Union, haben Sie vollkommen recht mit Ihrer Forderung. Und das Beste ist: Wir setzen sie gerade um.
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Super, danke!)
Die Hebammenkreißsäle sind ein Bestandteil der Krankenhausreform.
(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)
Und diese befindet sich nicht „in der Starre“, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben – jedenfalls nicht wegen unserer Regierung –,
(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)
sondern das ist mittlerweile von unserer Seite aus ausverhandelt. Damit ist eines klar: Wenn die Union der Regierung auf die Sprünge helfen will, muss sie früher aufstehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort erhält Simone Borchardt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616506 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Med. Versorgung von Kindern u. Jugendlichen |