Thomas JarzombekCDU/CSU - Besserstellungsverbot flexibilisieren
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist Donnerstag, 23 Uhr. Um diese Uhrzeit sitzen überall in Deutschland unzählige Forscherinnen und Forscher in ihren Laboren, arbeiten an ihren Computern, recherchieren Literatur und beschäftigen sich mit ihrer Forschung. Ermöglichen wir ihnen, diese Arbeit, der sie mit Leidenschaft nachgehen, wirklich gut zu machen.
Ich traf diese Woche einen Spitzenforscher aus dem Bereich Chemie. Er erzählte mir, dass er aufgrund kleinteiliger Regelungen keine Blumen mehr für die Examensfeier kaufen darf, dass die Mittel für ein Abendessen mit anderen Spitzenforschern falsch verbucht wurden und deshalb nur noch Wasser hätte ausgeschenkt werden können und dass die Kaffeemaschine im Gemeinschaftsraum, die nach 15 Jahren kaputtgegangen ist, nicht ersetzt werden kann, da sie mit Erstausstattungsmitteln angeschafft worden war. Meine Damen und Herren, wenn wir die Spitzenforscher in unserem Land mit solchen Problemen befassen, anstatt sie an wissenschaftlichen Projekten arbeiten zu lassen, dann machen wir etwas falsch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, wir sind insgesamt zu echten Kontrollfreaks geworden. In diesem System des Mikromanagements belasten wir unsere Forscherinnen und Forscher mit Nebensächlichkeiten. Hier braucht es einen Befreiungsschlag. Und diesen Befreiungsschlag brauchen wir hier und heute. Es geht hier um Forschungseinrichtungen, die nicht institutionell gefördert werden, sondern wo ein Großteil der Mittel von der Industrie erbracht wird und nicht vom Steuerzahler. Dafür müssen wir dankbar sein. Diese Einrichtungen stehen natürlich im Wettbewerb mit Industrieunternehmen und mit vielen anderen Forschungseinrichtungen. Und jetzt begrenzen wir die Höhe der Gehälter auf entsprechende Positionen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die vielleicht nicht jeden Tag bis 23 Uhr im Labor stehen. Glauben wir wirklich, dass das richtig ist?
Wir haben ein Einvernehmen darüber, dass sich Leistung lohnen muss, dass marktgerecht gezahlt werden kann. Aber die Lösung, die Sie gebaut haben, lieber Kollege Seiter, ist tatsächlich, wie Stephan Albani sagte, wie die Loriot’sche Nudel, die Sie im Gesicht gerade ein Stück weiter gewischt haben. Denn Sie erklären, dass Sie an einer offenkundig ungeeigneten Lösung festhalten – alle Experten in der Anhörung im Ausschuss haben gesagt, dass es so nicht funktioniert – und unseren Weg nicht mitgehen. Wir schlagen ein super einfaches Modell vor, nämlich alle gemeinwohlorientierten Forschungseinrichtungen von diesem Besserstellungsverbot auszunehmen und Personalkosten, die über vergleichbare Vergütungsgruppen im öffentlichen Dienst hinausgehen, aus privaten Mitteln erstatten zu lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mein Verdacht ist, dass Sie sich auf die Rede des SPD-Kollegen der letzten Debatte beziehen, der gesagt hat, dass die Union hier nach der Bundestagswahl etwas machen soll, und dass Sie vielleicht die Hoffnung haben, dass die relativ bald ist. Ich glaube, die Forscherinnen und Forscher in diesem Lande teilen diese Hoffnung. Wir appellieren an Ihre Vernunft: Lassen Sie uns doch heute eine vernünftige Lösung finden. Sie liegt Ihnen vor.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616589 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Besserstellungsverbot flexibilisieren |